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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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die Bravo- und die Delta-Kompanie wie einen Schutzschild aus Rauch umschloss, tranken die Männer Kool-Aid und Pillsbury Funny Faces, aßen C-Rationen und bewarfen sich ab und zu ausgelassen mit Erdklumpen. Was sie anbelangte, war die Sache vorbei.
    Für General Neitzel war sie das jedoch noch nicht, und die Zeit wurde knapp. Über Funk rief er Colonel Mulvaney in der VCB und drängte ihn, noch schneller vorzugehen.
    Mulvaney jedoch wusste, dass die Gelegenheit rasch verstrich. Der Führungsstab der NVA musste mittlerweile erkannt haben, wie verwundbar man war, und das Gook-Regiment bewegte sich wahrscheinlich mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Laos. Neitzels Gebete, das Wetter möge schlecht bleiben und ihm noch einen zusätzlichen Tag verschaffen, waren nicht erhört worden. Der Nebel hatte sich zu bald verzogen. Zu viele von den verdammten Jungs der Bravo-Kompanie hatten gegen Neitzel gebetet, dachte er stolz. Nein, die NVA würde erkennen, dass ihr Vorteil dahin war, und sich zerstreuen, um sich in Laos neu zu gruppieren, wie immer. Die NVA konnte jahrelang warten, wenn es sein musste. Die Sache war schon die ganze Zeit riskant gewesen. »Risiko« hatte der General gesagt, in der Hoffnung, die Bravo-Kompanie würde ihnen so viel Zeit verschaffen, dass das gesamte Vierundzwanzigste Regiment ins Gefecht geworfen werden konnte. Es wäre eine heftige Schlacht geworden. Aber da die Hubschrauber einem Startverbot unterlagen, konnten sich die Marines einfach nicht schnell genug bewegen.
    Die NVA postierte eine Nachhut auf dem Matterhorn, um während des Rückzugs das hoch gelegene Gelände zu halten, ansonsten aber war der nördliche Teil der Operation vorbei. Auch die beiden Einheiten, die sich durch das Da-Krong- und das An-Shau-Tal südwärts bewegten, würde man nun, da ihre Nordflanke entblößt war, zurückrufen. Kein Grund zur Eile, wenn man die Zeit auf seiner Seite hatte, sinnierte Mulvaney. Die NVA hatte ewig Zeit. Die Amerikaner nur bis zu den nächsten Wahlen. Trotzdem, es hatte nur eine halbe Kompanie Marines gekostet, einen größeren Vorstoß zu vereiteln. Da die gesamte Division einbezogen war, würde man sämtliche Verwundeten und Toten der Bravo-Kompanie zu einer vollen Division in Beziehung setzen, und in der täglichen Lagebesprechung würde schlicht von »leichten Verlusten« die Rede sein. Das Gefecht würde es nicht einmal in die Zeitungen schaffen. Die Vereitelung einer größeren feindlichen Offensive, bevor sie überhaupt in Gang kam, war schlicht und einfach keine Nachricht. Reporter waren auf große Storys und Pulitzerpreise aus, und Schlachten mit nur geringen Verlusten brachten weder das eine noch das andere ein. Schwere Verluste ergaben große Storys und unterstützten eine antimilitaristische Politik. Mit der Zeit entmutigen schlechte Nachrichten jede Zivilbevölkerung, und die Amerikaner hatten, was schlechte Nachrichten anging, absolut null Toleranz. Mulvaney grunzte. Eins muss man den Gooks lassen: Sie halten uns ganz schön auf Trab, dachte er.
    Er ging in der Gewissheit zum Abendessen, dass es am Morgen ein großes Zurückrudern geben würde. Neitzel hatte seinen Schwanz über die gesamte Provinz Quang Tri raushängen lassen, und er hatte nicht das Geringste dafür vorzuweisen. Mulvaney schmunzelte erneut. Er würde wahrscheinlich selbst ziemlich schnell zurückrudern müssen.
    Im Zelt von Lieutenant Colonel Simpson war niemandem nach Schmunzeln zumute. Sowohl Simpson als auch Blakely spürten, dass die Gelegenheit verrann, wie einem Sand durch die Finger rinnt. »Hawke hatte recht«, knurrte Simpson. »Wir gehören in den Busch, Scheiße noch mal, anstatt hier auf unserem Arsch zu sitzen und Artillerie durch die Gegend zu bewegen. Hawke hatte recht damit, dass er da raufgegangen ist.«
    »Ich finde, er gehört gerügt, wegen eigenmächtigen Verlassens seines Dienstpostens. Im Grunde müsste er vor ein Kriegsgericht gestellt werden«, sagte Blakely ruhig, aber bestimmt.
    »Sie sind ein altes Waschweib, Blakely«, sagte Simpson. Er goss sich noch einen Bourbon ein und kippte ihn rasch hinunter. »Ich sage, wir verlegen den Befehlsstand auf den Helicopter Hill. Leiten die Operation genau von der Mitte aus.«
    Blakely überlegte sofort, wie das für ein Gremium aussehen würde, das über die Verleihung von Auszeichnungen zu befinden hatte. Er tat die Idee als schwachsinnig ab, dann dachte er noch einmal darüber nach. Auch wenn der Alte es nicht wahrhaben wollte, er, Blakely,

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