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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Lebens tragen musste. Aber er rannte. Im Zickzack. Schlug Haken. Sein Atem kam in schmerzhaften Stößen. Knapp oberhalb des Bunkers und etwas rechts davon sah er eine flache Kuhle. Er betete. Er stellte sich vor, wie er sich darauf zukämpfte, sah sich selbst von oben, klein und kümmerlich auf dem riesigen, schrecklichen Hang, mit heftig wühlenden Beinen. Die Kuhle trat groß in sein Gesichtsfeld. Er warf sich hinein, rollte ab und sah aus dem Augenwinkel flüchtig eine Bewegung. Er fuhr herum, brachte zugleich sein M 16 in Anschlag, war kurz davor, den Abzug zu betätigen, und wusste, dass er verloren war. Dann verfestigte sich die Bewegung zu einem Menschen mit einem blutigen Kopfverband. Es war Cortell – mit drei Neuen. Sie waren ihm gefolgt.
    Mellas rappelte sich auf und zog den Sicherungssplint der Granate, die er in der Hand hielt. Er stürzte auf den Eingang des Bunkers zu und betete dabei, dass Jacobs so viel Verstand haben würde, das Feuer einzustellen, während er, Mellas, sich dem Eingang näherte. Er erreichte den Eingang und warf, während er daran vorbeirannte, die Granate hinein. Er rollte nach rechts ab, während Cortell ihm nachgerannt kam und selbst eine Granate hineinwarf. Die beiden Granaten gingen beinahe gleichzeitig los.
    Mellas rappelte sich auf. Er blickte hinter sich, zunächst verwirrt – dann voller Freude. Jackson kam auf ihn zugerannt. Hinter Jackson kam ein weiterer Trupp. Rechts von ihnen griff eine weitere Gruppe den MG -Bunker an, der noch immer unter dem disziplinierten Feuer des neuen Richtschützen lag. Der ganze Zug schwärmte hinter ihm den Berg hinauf. Weit weg, auf der rechten Flanke des Angriffs, sah Mellas den Zweiten Zug, der sich bemühte, Schritt zu halten, vorneweg Goodwin, der die Männer vorwärtswinkte.
    Mellas kam aus dem Staunen nicht heraus.
    Inzwischen flogen Kugeln von den Marines hangaufwärts und von der NVA hangabwärts. Ihr Hagel war so dicht, dass Mellas einmal zwei Kugeln zusammenprallen und dann mit singendem Summen als Querschläger parallel zum Kreuzfeuer davonsausen hörte. Die Luft war von Dröhnen und Schreien erfüllt. Dann sah Mellas weiter unten am Hang diejenigen, die nicht überlebt hatten oder nicht überleben würden. Weggeworfene Lumpenpuppen. Einige zuckten krampfhaft. Zwei krochen auf die verdeckte Stellung zu. Die anderen lagen in ungelenken Haltungen still.
    Seit dem ersten Schuss waren drei Minuten vergangen.
    Vom Helicopter Hill aus sah das Ganze nach einem schulmäßigen Angriff aus. Das war es tatsächlich auch. Blakely ging erregt auf und ab. Simpson, die Augen gegen seinen Feldstecher gedrückt, presste so fest die Kiefer zusammen, das die Muskeln an seinem Hals wie Stahlseile hervortraten.
    Mellas rannte mit aller Kraft nach rechts und versuchte, seinen Zug dabei durch lautes Rufen dazu zu bringen, sich auf den von Goodwin zuzubewegen. Das Gefecht hatte sich in die verrückten Aktionen Einzelner aufgelöst. Lärm, Qualm, Verwirrung und Angst nahmen überhand. Mellas umrundete einen kleinen Höcker und sah etwa hundert Meter entfernt Goodwin, der mit dem Hörer des Funkgeräts in der Hand parallel zu den Höhenlinien rannte, gefolgt von seinem Funker, der sich bemühte, das Kabel lose zu halten.
    Jackson gab Mellas den Handapparat. »Es ist Scar, Sir.«
    Wegen des Lärms und Goodwins heftigem Keuchen konnte Mellas kaum verstehen, was der andere sagte. »Da ist ein MG – Rand der LZ – heizt uns ganz schön ein, Jack.« Man hörte Maschinengewehrfeuer. Mellas sah Goodwin zu Boden gehen und wieder aufstehen. »Muss den Motherfucker kriegen – mit Granaten«, rief Goodwin. »Bewegt euch nicht darauf zu.«
    Noch während Goodwin sprach, sah Mellas, wie Robertson aus einem Granattrichter aufsprang und über den Rand der LZ verschwand. Dass Robertson so weit oberhalb von allen anderen war, verblüffte ihn. Goodwin bewegte sich mit fünf anderen, von denen jeder zwei Granaten in der Hand hatte, unterhalb des Randes der LZ nach oben. Sie konnten Robertson nicht sehen; sie hatten keine Ahnung, dass er dort war. Mellas griff nach dem Hörer. Als er gerade: »Verdammt noch mal, Scar, ich hab einen Mann da oben«, brüllte, sprintete Goodwin vorwärts, weg von seinem Funkgerät. Die fünf Marines folgten im Laufschritt.
    Robertson sprang auf und rannte über die LZ auf denselben Bunker zu, hinter dem Goodwins Gruppe her war, von allen außer dieser deutlich zu sehen. Gerade als er das obere Ende des Bunkers erreichte, kamen zwölf

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