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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Granate.
    »Chi-Comm!«, schrie Jacobs. Er und Jackson packten Mellas an den Beinen und zerrten ihn mit dem Gesicht nach unten, so schnell sie konnten, den Hang hinunter. Während sie den Berg hinunterhasteten, folgte ihnen, von der Schwerkraft gezogen, unbarmherzig die Granate, als wäre sie mit ihnen verbunden. Jackson bekam es schließlich mit und schrie: »Stopp!« Er und Jacobs stemmten die Fersen in den Boden. Sie schmiegten sich an den reglosen Mellas, und der tödliche Behälter hüpfte an ihnen vorbei. Er explodierte etwa eine halbe Sekunde später knapp unterhalb von ihnen. Keiner von ihnen bekam etwas ab.
    Jacobs drehte Mellas auf den Rücken. Er riss die beiden Schutzwesten auf, die Mellas trug, und hielt das Ohr an seine Brust. »Ich kann überhaupt nichts hören. Verdammt noch mal.« Dann nahm er ihm den Helm ab, holte seine Feldflasche hervor und goss ihm Kool-Aid mit Traubengeschmack übers Gesicht, was den gröbsten Dreck wegspülte. Er schüttelte die Feldflasche mehrmals und goss die restlichen Tropfen auf Mellas’ Augen, die von Schwarzpulver, Lötmetall, Blut und Matsch fest verschlossen waren.
    Wieder wurde die Welt für Mellas schwarz. Er spürte die kühle Klebrigkeit und roch den süßen Traubenduft des Kool-Aid. Dann hörte er überall um sich herum im Dunkel den Gefechtslärm und das Schreien. Er spürte eher, als dass er hörte, wie jemand etwas rief und an seinen Schutzwesten und seinem Helm zerrte. Er versuchte, sich zu bewegen. Er konnte nicht. Er versuchte, die Augen zu öffnen, und bekam schließlich eines auf. Er sah graues Licht. Der Albtraum ging weiter. Er konnte nicht aufwachen. Er wollte ins Vergessen zurückkehren. Da waren Geräusche von rufenden Stimmen, die er wie unter Wasser hörte. Wieder kam er in das graue Licht zurück. Er wusste, er hatte irgendetwas mit diesen Stimmen zu tun. Er wurde sich bewusst, dass Jackson auf ihm lag und ihn vor Beschuss schützte. Ihm wurde klar, dass die Granate fehlerhaft gewesen und an der Lötnaht entzweigerissen anstatt in tödliche Stücke zersplittert war. Er wurde sich bewusst, dass Jacobs, der neben ihm und Jackson auf dem Rücken lag und in den Himmel starrte, in den Handapparat des Funkgeräts brüllte und wahrscheinlich mit Fitch sprach. »Ah, Sch-Scheiße, Skipper, ich glaub, er ist Coors. G-Granate. G-genau ins Gesicht. Kein S-Sanitäter. W-was mach ich jetzt? Over.«
    »Gehen Sie gefälligst von mir runter«, sagte Mellas leise zu Jackson. »Ich kann mich nicht rühren, Scheiße noch mal.«
    Jackson wälzte sich von ihm herunter, wobei sich das Kabel des Handapparats um Mellas Hals wickelte, sodass Jake beinahe der Apparat aus der Hand gerissen wurde. Das zwang diesen, Mellas anzusehen.
    Er sah, wie Mellas ein Auge öffnete. »H-heilige Scheiße, Lieutenant«, sagte er erleichtert. »Ich h-hab schon gedacht, ich m-müsste den Zug übernehmen.«
    »Danke«, sagte Mellas. »Schön zu hören, dass ich Ihnen fehlen würde.« Sein Gesicht fühlte sich wund an, als wäre es nicht von Haut bedeckt. Er konnte sein rechtes Auge nicht öffnen. Er nahm an, dass er es verloren hatte.
    Er bemerkte die blaurote Flüssigkeit an seiner Hand, als er versuchte, sich die Augen sauber zu wischen. »Scheiße, ich hab Ihnen doch gesagt, ich hasse Traubengeschmack«, sagte er.
    Jackson blickte hangaufwärts. Seine Augen öffneten sich weit. »Ach du Scheiße«, flüsterte er. »Chi-Comm!« Eine dritte Granate kam den Hang heruntergehüpft. Jackson und Jacobs stolperten beinahe übereinander, als sie Mellas mit sich zogen. Sie warfen sich zu Boden, während die Granate explodierte. Ein plötzlicher Stoß traf sie. Ihm folgte eine Wolke schmutziger Rauch und dann der Geruch.
    Sie begannen, sich in Richtung des Schützenlochs zurückzuarbeiten. Jackson zog eine Granate hervor und warf sie im Schleuderwurf, sodass sie im Bogen über den Rand aus aufgeworfener Erde vor dem Schützenloch flog. Sie explodierte.
    Sie warteten einen Moment. Mellas’ Kopf wurde endlich klar.
    Wieder kam zur Antwort ein tödlicher schwarzer Behälter über die aufgeworfene Erde gesegelt, und die drei suchten sich rasch in Sicherheit zu bringen. Jacobs setzte sich parallel zu den Höhenlinien in Bewegung, rutschte jedoch aus. Er krallte nach dem steilen Hang, um seinen Abwärtsschwung zu bremsen. Die Granate glitt mit ihm den Hügel hinunter. In panischem Entsetzen schrie er auf. Seine Finger gruben sich in die morastige Erde; seine Stiefel wühlten sich gegen die Böschung.

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