Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
Vom Netzwerk:
ungestrichenen Sperrholzplatten bestehenden Schreibstube der Bravo-Kompanie hackte ein Marine auf einer Schreibmaschine herum. Er hatte sein Hemd ausgezogen, und Schweiß glänzte auf seinem breiten Rücken, der außerdem die Narbe der Austrittswunde einer Kugel trug. Über ihm hing ein vergrößertes Foto, das die gesamte Rückwand bedeckte und eine Dessous-Reklame mit einem wunderschönen Mannequin zeigte. Das Mannequin hatte in ordentlicher runder Schrift eine Widmung auf das Poster geschrieben. »Für die Männer der Bravo-Kompanie, 1 . Bataillon, 24 . Marines. Ihr macht einen prima Job. Alles Liebe, Cindy.« Die Widmung war mit dem Datum Februar 1967 versehen – das war erst zwei Jahre her, in mancher Hinsicht aber eine längst vergangene Ära.
    Der Marine sagte Mellas, dass Fitch am Nachmittag nach Okinawa abfliegen werde, und setzte ihn über den Handgranatenanschlag mit dem Blindgänger, die um die Granate gewickelte Mitteilung und die Entwaffnung der Kompanie durch Simpson ins Bild. Er erzählte außerdem, Cassidy sei in die Etappe gekommen, angeblich, um sich von Fitch zu verabschieden, wohl eher aber, um sich bis zur Bewusstlosigkeit zu besaufen, nachdem er die Waffen hatte einsammeln müssen. Dann sagte er, die Kompanie werde am nächsten Tag auf den Eiger geflogen, und Hawke habe das Kommando bekommen. Was man so höre, habe Mulvaney höchstpersönlich Hawke den Job gegeben. Mellas sagte, das freue ihn. Dann ging er zum Nachschub, um sich eine neue Ausrüstung für den Busch zu holen. Dort erfuhr er, dass er per Unterschrift einem Soldabzug zustimmen musste, um sein altes Gewehr zu bezahlen, ehe man ein neues an ihn ausgeben würde.
    »Die Scheißnavy hat das blöde Ding.«
    »Tut mir leid, Lieutenant, aber ich bezahle das Scheißding nicht. Falls Sie je nach Hause wollen, dann sehen Sie lieber zu, dass alle Ihre Rechnungen bezahlt sind. Wenn sie nicht bezahlt sind, bestätigen wir Ihren Marschbefehl nicht. Von mir aus können Sie für den Rest Ihres Lebens hierbleiben.«
    Mellas bezahlte hundertsiebenundzwanzig Dollar.
    Mit seinem neuen Gewehr trottete er zu einem anderen Versorgungszelt hinüber, um nach seinem Seesack zu suchen. Als er ihn gefunden hatte, ging er den Inhalt durch, um zu sehen, was er in den Busch mitnehmen wollte. Er musste lächeln, als er mehrere von den grünen T-Shirts und Boxer-Shorts in Händen hielt, die seine Mutter gefärbt hatte, und ihm fiel wieder ein, wie er Goodwin gefragt hatte, ob man im Busch Unterwäsche tragen sollte oder nicht. Er warf die Unterwäsche in eine Mülltonne und machte sich auf den Weg zum Stabs-Casino, um zu vergessen, wo er in vierundzwanzig Stunden sein würde.
    Das Casino hatte sich herausgemacht, seit Mellas und Goodwin das letzte Mal da gewesen waren und ihre Angst ersäuft hatten. Auf dem Tresen stand jetzt ein schickes Akai-Tapedeck. Der Tresen selbst war ebenfalls neu, mit glänzenden Intarsien, und auf mehreren neuen Bierreklameschildern sprudelte und leuchtete himmelblaues Wasser aus der Düsternis. Oben an der Wand hinter dem Tresen hing – frisch angebracht – Vancouvers abgesägtes Maschinengewehr. Flankiert wurde es von zwei erbeuteten russischen Maschinengewehren.
    Staff Sergeant Cassidy saß allein an einem Tisch, eine Flasche Jack Daniel’s Black Label vor sich. Sonst war niemand im Klub. Gunny Klump, der Betreiber des Ladens, erledigte irgendwelche Besorgungen und hatte Cassidy beauftragt, so lange aufzupassen. Mellas sagte, er könne ein Bier vertragen, und Cassidy verschwand hinterm Tresen. Er tauchte mit einem Armvoll kalter, beschlagener Dosen wieder auf, die er mit großem Zeremoniell vor Mellas auf dem Tisch aufbaute. »Hat ja keinen Sinn, ständig aufzustehen, außer zum Pissen«, sagte er. Er hatte auf seiner Mystery-Tour schon ein ganzes Stück zurückgelegt.
    Mellas griff nach einer der Dosen, stanzte zwei Löcher hinein und kippte das Bier hinunter. Dann öffnete er eine weitere Dose und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Er bemerkte, dass offenbar gerade eine Klimaanlage in die Sperrholzwand eingebaut wurde. »Klimaanlage«, sinnierte er. »Nicht schlecht.«
    »Ja«, murmelte Cassidy. »Klump hat sich ausgerechnet, dass auch Leute von den anderen Bataillonen kommen, sobald die Frühjahrshitze einsetzt. Steigert die Einnahmen.«
    »Auf die Einnahmen«, sagte Mellas und hob seine Dose. Er kippte sie hinunter und dachte dabei sowohl an Hamilton als auch an die hundertsiebenundzwanzig Dollar.
    »Das mit dem Skipper haben

Weitere Kostenlose Bücher