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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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dass wir auf Berg 1609 , genau unterhalb von Tiger’s Tooth, eine neue Feuerunterstützungsbasis anlegen. Wir werden die beiden Kompanien aus dem Gebiet vom Matterhorn zurückholen und dann eine davon so nahe ranschicken müssen, dass sie 1609 anlegen kann.«
    »Aber, Sir.« Simpson stand auf, erregt, weil er die Zahlen, die er für seinen Bericht »geschätzt« hatte, bereits glaubte. »Wir finden gerade erst in Ansätzen heraus, was da oben wirklich los ist.« Er drehte sich Unterstützung suchend zu Blakely um.
    Blakely verpasste sein Stichwort nicht. »Ich bin mir sicher, dass sich der Regimentskommandeur darüber im Klaren ist«, begann er, »dass angesichts der jüngsten Erkenntnisse der Bravo-Kompanie in Verbindung mit den nachrichtendienstlichen Schätzungen der Division eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die NVA im äußersten Nordwesten größere Aktivitäten entfaltet. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn man nicht nachfassen würde, nachdem man der Division entsprechend Bericht erstattet hat.«
    Mulvaney ging fast an die Decke. Das Letzte, was ihm auf den Nägeln brannte, waren irgendwelche dämlichen Nachfassoperationen zu irgendeinem Scheißbericht, den er der Division erstattet hatte. Dann fiel ihm seine Frau ein. Er zählte bis fünf. Dann zählte er noch einmal bis fünf.
    Er dachte zurück an jenen Abend in Camp Lejeune – das musste 1954 oder ’ 55 gewesen sein; er war jedenfalls noch Captain; er hatte die Alpha-Kompanie, Zweite Marines. Maizy war vom Bridge mit Neitzels Frau Dorothy und einigen ihrer Freundinnen zurückgekommen. Neitzel war schon Major und stand kurz vor dem Eintritt in die Schule für Amphibische Kriegsführung und einem wichtigen Stabsposten. Er, Mulvaney, war gerade dabei, das Wohnzimmer zu streichen; Klein James hing in einem Tragetuch, einem zweckentfremdeten Badetuch, das er im Nacken verknotet hatte.
    »Mein Gott, Mike«, sagte Maizy. »Du bekleckerst ihn ja ganz mit Farbe – und die Dämpfe. Das Zimmer der Mädchen muss voll davon sein.« Sie schüttelte lächelnd den Kopf, streifte sich gleichzeitig die makellosen weißen Handschuhe ab und legte sie an ihren angestammten Platz in der Kristallschale ihrer Großmutter, dem einzigen Gegenstand, den sie je geerbt hatte. Sie griff sich die Schürze, die immer an dem Haken an der Küchentür hing, und warf sie sich über die Schulter, um ihr einziges Kostüm zu schützen. Dann nahm sie ihm das Baby ab. »Wollte er nicht wieder einschlafen?«
    »Ja.«
    »Sind die Mädchen rechtzeitig zu Bett gegangen?«
    »Ja.«
    »Legst du mal die Rolle hin?«
    »Oha. Jetzt kommt’s.« Er legte die Rolle in die Plastikschale und sah ihr dabei zu, wie sie Klein James im Auge behielt, damit sie ihm nicht in die Augen sehen musste. Er wusste, sie hatte nie die Absicht, ihn zu verletzen, aber er wusste auch, dass sie nicht davor zurückscheute, schlechte Nachrichten zu überbringen, wenn das ein besseres Leben für ihre Kinder bedeutete. Aus dem gleichen Antrieb heraus hatte sie die Ansageregeln auswendig gelernt und sich von ihm beim Bügeln aus einem Buch abfragen lassen, um sich »vor den anderen Frauen nicht komplett zu blamieren«. Und ebendiese Angst hatte auch dafür gesorgt, dass sie sich um Weihnachten herum, als sie zum ersten Mal zum Bridge eingeladen worden war, mit ihrer Schwester den Kopf darüber zermartert hatte, was für ein Kostüm sie sich kaufen sollte, als ob ihre Schwester mehr von Kostümen verstünde als sie selbst, bloß weil sie in einem richtigen Büro arbeitete.
    »Dorothy Neitzel tut uns damit einen Gefallen, deshalb möchte ich nicht, dass du es in den falschen Hals kriegst. Sie versucht wirklich nur zu helfen.«
    Er sah, wie sie kurz aufblickte und dann rasch wieder den Kopf senkte. »Inwiefern helfen?« Sie konnte es genauso gut gleich hinter sich bringen.
    »Du kennst doch – wie nennt ihr das? – die Buschtrommel?«
    »Klatsch.«
    Sie lachte. »So nennen wir das.« Dann sah sie ihn mit ernstem Gesicht an. »O Mikey«, sagte sie mit flehendem Blick. »Dorothy sagt, du wärst für First Sergeant Hanford eingetreten, diesen schrecklichen Alkoholiker, der dabei erwischt worden ist, dass er Wasser des Stützpunkts für so eine Art … eine Art Schwimmteich abgezweigt hat, den er mit einem Bulldozer ausgehoben hatte, den er vom Pionierbataillon – wie heißt das doch gleich? – requiriert hat, ohne zu fragen. Wir nennen das Diebstahl.«
    »In diesen Gruppenunterkünften wird es verdammt heiß, und die

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