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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Gestalten in weißen Mänteln standen hinter ihm, Laduner trat beiseite.
    »Wachtmeister Studer, der den Detektiv in unserer Ausbruchskomödie spielen wird. – Dr. Blumenstein, vierter Arzt, weitläufig verwandt mit unserem vermißten Direktor… Sehr erfreut – gleichfalls. Ihr könnt beide schweigen, ich spreche für alle…« Dr. Laduner war sichtlich aufgeregt. Blumenstein hieß also der Schwager des Herrn Direktor. Studer sah ihn an: mindestens zwei Meter hoch, ein rosiges Babygesicht und Hände! Das waren keine Hände mehr, das waren kleinere Tennisrackets! Verheiratet war der Blumenstein, soso… Sah nicht danach aus. Ähnelte ein wenig jenen Riesenkindern, die man auf Jahrmärkten sehen kann.
    »Einen Moment!« sagte Dr. Laduner. »Stellt euch einander selbst vor, oder Blumenstein, besorgen Sie das…«
    Und fort war Dr. Laduner, die Treppe hinauf…
    ›Er muß mit dem Herbert Caplaun sprechen, mit dem Angstneurotiker, wie er sagt, wenn man nur zuhören könnte, was die beiden zu verhandeln haben…‹ dachte Studer und horchte nur zerstreut auf die Namen, die ihm genannt wurden. Der zweite Weißkittel war offenbar ein Welscher, denn er sagte »Enchanté, inspecteur!«, und dann, die zwei andern in weißen Mänteln, das waren ja, my Gotts tüüri, Frauenzimmer! Studer wurde förmlich und kalt. Er hatte eine ausgesprochene Antipathie gegen berufstätige Frauen. Die beiden waren auch nicht weiter interessant. Eher farblos. Trugen grobe Halbschuhe mit Gummisohlen und Baumwollstrümpfe über ziemlich dürren Waden.
    Man stand herum und wartete. Man hatte jemanden außer acht gelassen, und dieser Jemand stellte sich jetzt selber vor. Es war der Besitzer der Stimme, die vom »Lumbalpunktionsgrät« gesprochen hatte.
    »Ah, das isch also dr Herr Wachtmeistr Studer, freut mi sehr, i bi dr Oberpflägr Weyrauch…«
    Er hatte ein rotes Gesicht, und lustige Äderchen platzten auf seinen Wangen. Er trug eine Hornbrille, und hinter ihren Gläsern versteckte er kleine, kluge Schweinsäuglein; eine weiße Kutte stand über einem ebenfalls weißen Schurz offen, und der Bauch wölbte sich, wölbte sich so majestätisch, daß er den Schurz straff spannte, und die Uhrkette, die die Weste zieren mußte, zeichnete sich durch den Stoff als Relief ab.
    Studer holte mit todernster Miene sein Notizbuch hervor, schrieb mit seiner winziger Schrift…
    »Eh, was schrybet dr jitz, Herr Wachtmeischter?«
    »Euere Name…«
    »So chumm i einisch do no in die Annalen vo dr Polizei…« sagte der Oberpfleger Weyrauch und lachte lange. Dann mußte er husten.
    »Kostbar ist unsere Oberpfleger, unsere Weyrauch…« sagte der Welsche. Er hatte einen sehr weißen Scheitel, der seine schwarzen Haare in der Mitte teilte, und darunter ein kleines, bleiches Gesicht. Er erinnerte an ein Wiesel…
    »Schrybet dr Herr Dokter Neuville au grad uuf…« sagte Weyrauch. Und Studer folgte dem Ratschlag.
    ›Oberpfleger Weyrauch. Blumenstein, IV. Arzt, Schwager des Direktors.
    Neuville, Assistent… ‹
    Wenn das so weiter ging, mußte er ein neues Büchlein kaufen. Für die beiden Ärztinnen interessierte er sich nicht. Die eine war groß, die andere klein. Was lag schon an ihren Namen?
    Da kam Dr. Laduner zurück. Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Niemand schien daran Anstoß zu nehmen, daß Studer sich anschloß. Mit weit ausholenden Schritten ging Dr. Laduner voran, die Zipfel seines Arztkittels flatterten hoch, wenn die Kniee gegen sie stießen. Neben ihm rollte der Oberpfleger Weyrauch. Er steckte jetzt den Schlüssel in die Holztür, die den Mittelbau rechts abschloß:
    »Weit-r so guet sy?« sagte er. Und die Gruppe defilierte an ihm vorbei.
    Studer ging als letzter. Er hatte sein verbissenstes Gesicht aufgesetzt. Er kam sich überflüssig vor, richtig wie das fünfte Rad am Wagen. Vor ihm gingen die beiden Damen. Sie schritten sehr steif, sie pendelten nicht mit den Hüften. Ihre Haare waren kurzgeschnitten und ihr Nacken ausrasiert. Sie wirkten sehr neutral.
    Ein langer Gang. In den Geruch von Apotheke, Bodenwichse und Staub mischte sich ein viertes Element: Rauch von schlechtem Tabak… Links eine Reihe hoher Fenster. Aber sie waren sonderbar gebaut, diese Fenster: in winzige Scheiben eingeteilt, und die Einfassungen der Scheiben waren eiserne Gitterstäbe. Studer prüfte sie verstohlen. Er warf einen Blick hinaus: der Hof. Der Wachtmeister stand gerade dem Ebereschenbaum gegenüber mit seinen roten Beeren und seinen leuchtend-gelben

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