Mattuschkes Versuchung
wurde bewusst, dass er eher halbherzig geboten und des Spielens wegen mitgemacht hatte.
»Ich habe gerade gedacht, solch persönliche Wünsche kann ich nicht mit dem Kauf verbinden, wenn der Versteigerer wieder zu Kräften kommt, steige ich aus, sie können es dann zum letztgebotenen Preis bekommen.«
Der Konkurrent konnte zunächst vor Überraschung nichts sagen, offensichtlich hatte er seine Chancen bereits aufgegeben und wollte nur abwarten, zu welcher Summe es endgültig den Zuschlag erhält.
»Das würden Sie tatsächlich tun? Sie glauben gar nicht, welche Freude sie uns und meiner Tochter damit bereiten. Darf ich mich Ihnen vorstellen, Marquard, ich bin seit einem Jahr der neue Intendant hier, wenn ich Ihnen irgendwann einmal behilflich sein kann, von Herzen gerne.«
Wenige Wochen später traf er bei einer Einladung wieder mit Marquard zusammen. Der stellte ihn seiner Frau als Retter ihres Familienglücks vor. Als sich im Laufe des Abends die Gelegenheit bot, sprach er ihn auf Vera an. Er könne eine tüchtige Soubrette mit den Talenten, Tanz und Musical sehr gut gebrauchen, beschied er. So kam Vera nach Ulm, zu einem Engagement mit häufigeren Einsätzen und interessanteren Rollen und in seine Nähe.
An einem dieser Abende lernte er später auch Louises Professor Weidenfels kennen, einen Mann, der sich ebenso wie er, für die exquisite Seite des Lebens interessierte: alte Karten, Stiche von Stadtansichten und Raritätenweine. Sie kamen miteinander ins Gespräch. Mattuschke konnte ihm einige Sammlerstücke anbieten, nach denen er schon lange suchte, außergewöhnliche Exemplare, unter anderem einen Lafite Rothschild Bordeaux aus dem ehemaligem Besitz des amerikanischen Präsidenten Jefferson mit seinen eingeritzten Initialen T.J. der dem sensationellen Fund von Hardy Rodenstock entstammen sollte. Als Weidenfels das hörte, veränderte sich seine Atmung augenblicklich, er zeigte typische Symptome und den unverkennbaren Augenglanz derjenigen, die auf eine Goldmine gestoßen und vom Schürffieber gepackt sind. Seine Stimme zitterte, als er scheinbar beiläufig nach den Preisvorstellungen fragte. »Ich glaube, wir können uns mit einem interessanten Kompensationsgeschäft einander nähern«, Mattuschke zog ihn zur Seite.
»Was halten Sie von Louise Leblanc? Wäre sie nicht eine großartige Bereicherung für Ihr Institut? Übrigens haben mein Freund Rudinsky und ich einen interessanten Forschungsauftrag für die Universität, der zielt zwar in den Bereich der Ingenieurwissenschaften, aber auch Ihr Institut könnte profitieren, die Drittmittel für eine Anstellung wären damit vorerst gesichert. Und was den Wein anbelangt«, er flüsterte Weidenfels etwas ins Ohr, worauf diesem Flügel zu wachsen schienen, die ihn für den Rest des Abends über das Parkett schweben ließen. Sein Gesicht trug den glücklichen Glanz eines Erleuchteten.
Mattuschke hatte die Entwicklung des jungen Rick Messer in den letzten Jahren verfolgt, nicht auffällig, aber regelmäßig. So war ihm nicht entgangen, dass seine Eltern nur noch in der Vergangenheit lebten und ihren zweiten Sohn so gut wie nicht mehr wahrnahmen.
Bei einem Schaden, den Rick verursachte, zahlte er die Summe, die der Junge nicht hätte aufbringen können, anonym, um weitere Unannehmlichkeiten aus der Welt zu schaffen. In gewisser Weise fühlte er Verantwortung für ihn. Als er die Schule verließ und Mattuschke von der Absicht einer KFZ-Ausbildung hörte, machte er sich beim Chef des renommierten Autohauses Jäger für ihn stark, das den querköpfigen Jungen andernfalls kaum genommen hätte.
Von alledem wusste Rick nichts. Fachlich waren seine Leistungen sehr gut, mit Art und Dickkopf eckte er an.
Es war dem eigenwilligen Sorgeverhältnis, das er zu ihm unterhielt und vor allem Louise zu verdanken, dass er den beiden seine Wohnung anbot. Es erleichterte sein Gewissen, und er wusste Louise in seiner Nähe, diese junge Frau, die eine außergewöhnliche Anziehung auf ihn ausübte. Wie Rick es fertigbrachte, sie an sich zu binden, blieb ihm ein Rätsel. Obwohl sie ihr nicht wie ein Ebenbild glich, erinnerte sie ihn in vielem an Sina, die Haare, obwohl nicht ganz so lang, aber mit ähnlicher Struktur und gleichem Glanz, die Figur, der schwingende, elegante Gang, die intensive Ausstrahlung. Natürlich war sie als Mensch anders, nicht so versonnen und introvertiert, sondern schwung- und temperamentvoll, manchmal noch unbekümmert oder ungezügelt. Er begehrte sie vom
Weitere Kostenlose Bücher