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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Kompliment, ich weiß es zu relativieren und im übrigen brauche ich keinen, der es wagt, mir sein Geleit anzutragen.«
    Er strahlte und fuhr sich mit der Hand durch die üppige weiße Mähne.
    »Ich sehe, Sie kennen sich aus in der Literatur, es war mir eine Freude, mich mit Ihnen zu unterhalten. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Wenn ich Frau Lanek treffe, werde ich sie zu ihrer charmanten Freundin beglückwünschen.«
    Wenn er von Veras heimlichen Ambitionen wüsste, dachte Louise; sie plant, wie sie ihr in Dubrovnik anvertraute, sich mit einem eigenen Theater, eher Kabarett, selbstständig zu machen. Amüseum soll es heißen, vielleicht in zwei Jahren, es gab schon sehr konkrete Vorstellungen.
    Gleich am nächsten Tag erhielt Louise Hasenköttels Anruf, er habe die ganze Nacht nicht geschlafen und nur ihren Anblick vor Augen gehabt. Wann er sie denn wiedersehen könne.
    »Wenn Sie Armer endlich ausgeruht haben, lesen Sie in der gestrigen Ausgabe der Südwest Presse. Da finden Sie auf Seite 10 einen Bericht über unser Institut mit Foto von mir«, sagte sie kühl, »und nun, gesunden Schlaf Herr Hasenköttel.«
    Rick und Sophie heirateten tatsächlich, Louise und die Clique waren eingeladen, Mattuschke ließ es sich nicht nehmen, den beiden ein großzügiges Geschenk zu machen. »Der Alte hat irgendwie den Narren an mir gefressen«, meinte Rick. Sophie war keine strahlende Braut, sie sah eher wie eine Wühlmaus in Weiß aus, nur ihre außergewöhnlichen Augen strahlten. Jetzt, wo die beiden zusammenwohnten, konnte er endlich die Fische abholen, an die sich Louise inzwischen gewöhnt hatte. Auch sie wurde morgens von den schwimmenden Untermietern freundlich begrüßt, wenn sie den Futterstreuer in die Hand nahm. Ging sie früher als üblich zu Bett, bot der indirekte Schein der Aquariumsbeleuchtung Mattuschke noch die Möglichkeit, ihre Silhouette im spärlichen Hell zu betrachten, bis die Zeituhr auch für die Fische Nacht verkündete. Dieser Chance war er nun beraubt. Kurzzeitig spielte er mit dem Ge danken, ihr ein neues zu kaufen, zögerte dann aber, als er sich an gelegentliche Klagen wegen des Säuberns der Anlage erinnerte.

Einige Monate waren seit dem herbstlichen Urlaub vergangen, der Winter kündigte langsam seinen Rückzug an und Louise freute sich auf das baldige Frühjahr mit sonnigen Tagen. Sie hatte sich in ihrem neuen Arbeitsbereich gut eingelebt, Professor Weidenfels war ein Mann, der engagierte Arbeit forderte und wenig Verständnis für den abendlichen Blick auf die Uhr hatte. Dafür war er aber in der Lage, ein angenehmes Betriebsklima und gute Kollegialität zu schaffen. Selbst die kontaktscheue Alice Mühsam verstand er so in das Team zu integrieren, dass sie nicht als Fremdkörper wirkte und mit Freude an den Projekten arbeitete. Wenn es spät wurde und sie den Bus verpasste, was bei Weidenfels strammem Arbeitsprogramm häufiger vorkam, fuhr Louise sie mit dem roten Flitzer nach Hause.
    »Da hast du aber eisern gespart, um dir den kaufen zu können«, meinte sie voller Bewunderung.
    »Er gehört nicht mir, sondern einem guten Freund, der ihn mir überlässt.«
    Alice bekam große Augen, Freunde, vor allem männliche, waren ein Fremdwort für sie und dann noch solche, die einem Autos quasi schenkten. Louise war überzeugt, dass sie in den vierzig Jahren ihres Lebens noch nie einen Kuss erhalten hatte, von anderem gar nicht zu reden.
    Mit Paul Ganthner hatte sie jetzt häufiger Kontakt, sie ergänzten sich ideal, die Zusammenarbeit machte Freude, menschlich harmonierten sie. Paul war überaus korrekt, höflich, nie kam ein hartes Wort oder ein Vorwurf über seine Lippen. Musste er jemanden auf Fehler hinweisen, geschah es eher wie eine freundliche Empfehlung, aber eindringlich, was deshalb umso besser haften blieb. Mit seiner ruhigen, ausgleichenden Art und der Gabe, geduldig erklären zu können, bildete er mit dem impulsiven, energiegeladenen Weidenfels ein gutes Gespann. War sie in seiner Nähe und nahm den Geruch des Parfüms wahr, das sich auf seiner Haut vorteilhaft entfaltete, überkam sie jedes Mal ein Gefühl spontaner Schwäche, verbunden mit dem dringenden Bedürfnis, sich in seine Arme zu schmiegen. Entgegen anderer Kollegen, unternahm er nichts, um zu gefallen oder ihre Gunst zu erlangen. Keinerlei männliches Balzverhalten. Ihr gegenüber war er ebenso freundlich wie zu allen anderen, machte keine Komplimente, außer sachlichem Lob, verfolgte sie nicht mit träumerischen

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