Mattuschkes Versuchung
einen Anruf erhalten, sie verspäte sich, das Treffen sei um eine Stunde verschoben. So warteten beide umsonst, Louise zur vereinbarten, Alex zur späteren Zeit. Danach sah sie ihn kaum mehr, er erfand Ausreden, wie sie glaubte, um sie nicht mehr treffen zu müssen und wich ihr im Seminar aus. Es schmerzte, ähnlich wie bei Karsten, plötzlich abserviert oder vergessen zu werden. Sie sprach mit Heinz darüber.
»So unzuverlässig sah der Junge gar nicht aus, eigentlich ganz nett, aber solches Handeln ist Folge der Übersättigung, man ist nicht mehr dankbar für das, was man hat, strebt nach Abwechslung und lässt das Alte fallen, zu feige, einen anständigen Schlussstrich zu ziehen. Darin waren frühere Generationen anders, obwohl ich weit davon entfernt bin, sie zu idealisieren.«
»Daran tust du auch gut, wenn ich nur an meine Mutter denke.«
»Sie ist besorgt um dich und übertreibt es damit, ansonsten ist sie doch eine Perle und sehr nett«, sagte er diplomatisch und setzte sein unschuldigstes Lächeln auf.
Louise wurde für einen Augenblick warm ums Herz, sie sandte ihm einen dankbaren Blick. Das war der Unterschied zwischen ihm und Rick. Gerade war ihr wieder eingefallen, wie abfällig er sich damals über ihre Mutter geäußert hatte.
Das Abstellen der Hausklingel bei Alexs Gegenbesuch, zerstochene Reifen, gezielte Falschinformationen und nachdrückliche Drohungen hatten ausgereicht, um ihm Louise aus dem Kopf zu schlagen und Stillschweigen über die Vorfälle zu bewahren. Alex war kein Heldentyp, er wagte es nicht, sich dagegen zu stemmen.
Als Vera aus Dubrovnik zurückkehrte, hatte sie am nächsten Abend eine Vorstellung vor ausverkauftem Haus, die Hauptrolle des Straßenmädchens in Marguerite Monnots Musical Irma la Douce. Die Aufführung war ein Riesenerfolg, das Publikum spendete stehend Applaus. Überglücklich in ihrer Garderobe angekommen, wartete Besuch. Amina hatte sich die Vorstellung angesehen und war begeistert.
»Ich habe dich zum ersten Mal auf der Bühne erlebt, gigantisch. Sie umarmte sie, leicht glitt ihre Hand den Rücken entlang. »Wenn du nichts anderes vorhast, würde ich dich gerne auf ein Glas Champagner einladen nach dem großen Erfolg.«
Vera war einverstanden, so selig und aufgeputscht wie sie war, hätte sie ohnehin nicht einschlafen können. Sie hatte Amina einige Male bei Heinz oder Einladungen getroffen, fand sie nett und ausgesprochen attraktiv. Dunkelblond mit graugrünen Augen, vollen sinnlichen Lippen, gepflegt, mit zierlicher Figur, dennoch sehr weiblichen Formen und dreiunddreißig Jahre alt. Was sie genau arbeitete, war ihr nicht bekannt, nur dass sie früher auch bei einem Begleitservice war, vielleicht hatte sie sich inzwischen selbstständig gemacht. Sie genossen das belebende Elixier, Vera erzählte von den Proben und Tücken des Stücks, prosteten wieder und wieder einander zu, fanden sich später in Aminas luxuriöser Wohnung wieder, wo sie eine unvergessliche Nacht verbrachten. Lange hatte Vera nicht mehr solche Erfüllung erlebt, Amina war unendlich einfühlsam und zärtlich, schien genau zu spüren, was sie sich wünschte, überschwemmte sie mit Leidenschaft und ließ sie eigene Lust und den Erfolg ihrer Berührungen spüren. Schon lange war Vera ohne Partnerin und ihr Zärtlichkeitsbedürfnis entsprechend angestaut.
Mattuschke hatte sie während des Urlaubs regelrecht unter Druck gesetzt, Louise mit neuen Versuchen zu verführen. Sie fand es widerlich, wie er Louise für seine Zwecke missbrauchte und sie dabei zu seinem Handlanger machte. Solange es nur um ihn selbst ging, hatte sie ihm den Gefallen getan, Wünsche zu erfüllen, zumal sie hierin eine Möglichkeit sah, sich für seine Unterstützung zu revanchieren, aber hinter Louises Rücken war es etwas anderes, zumal sie sie sehr mochte. Ihr Verhältnis war in den Tagen am Meer noch inniger geworden. Sie gefiel ihr, es hätte sie schon gereizt, ihren vollendeten Körper zu berühren, als er neben ihr auf dem Stein lag und Mattuschke mit dem Fernglas in der Hand auf ein Liebesspiel der beiden wartete, aber Louise war dafür nicht ansprechbar und selbst wenn, dann hätte sie dabei keinen Zuschauer haben mögen. Vera wusste, dass er auch Aminas Dienste hin und wieder in Anspruch genommen hatte, nur war ihr nicht klar in welcher Weise. Jetzt konnte sie es sich denken, nachdem sie die Bilder von ihr und Karsten gesehen hatte. Dass Louise sie nicht wiedererkannte, wunderte sie, denn Aminas Gesicht war auf
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