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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Menschen und vor allem das Grelle, Schrille bei Frauen. Bei Alice Mühsams gepresster Automatenstimme würde er am liebsten Reißaus nehmen. Krampfhaft versuchte er, sich sein Interesse an Louise nicht anmerken zu lassen.
    Nach dem Essen – man hatte den jungen Rudinsky neben sie platziert – kam sie ungezwungen zu ihm.
    »Das ist aber eine Überraschung, dich hier anzutreffen, wenn ich mit allem gerechnet hätte …«
    »Ja, so geht’s mir auch. Herr Rudinsky hat den Kollegen von der Technik einen Auftrag gegeben, die haben mich dann wegen Rentabilitätsüberlegungen eingeschaltet.«
    »Ach so, ich wunderte mich schon darüber, nichts von dem Projekt erfahren zu haben. Mein Vermieter ist mit Rudinskys befreundet, daher kenne ich sie«
    Sie bemerkte, dass Rudinsky junior sie im Auge hatte und nur auf den Moment wartete, in dem sie das Gespräch beendete, um wieder Kontakt aufzunehmen. Vielleicht ging die Verkupplungsinitiative auch von ihm aus?
    »Wenn es dir nichts ausmacht, wäre ich dankbar, wenn wir unser Gespräch noch eine Weile fortsetzen könnten, da liegt nämlich jemand auf der Lauer.«
    »Nichts lieber als das«, sagte Ganthner etwas zu schnell, schließlich wollte er penibel die Form wahren.
    Louise hörte den freudigen Unterton gerne, der ihrem Herzen ein paar Extraschläge bescherte.
    »Bist du denn jetzt mit deinem Freund oder dem Vermieter hier?«, fragte er irritiert.
    »Mit meinem Vermieter, aber er ist so nett zu mir, dass ich ihn schon als Freund bezeichnen möchte, natürlich nicht im Sinne eines, na du weißt schon, eines Partners.«
    Jetzt war er es, der die Extrasystolen registrierte und vorsichtig Luft holte. Da stand sie, nur Zentimeter neben ihm, lachend, frisch wie der Morgen, mit ihren hellen Augen, die so offen und fröhlich schauten, dass sein Wunsch, sie zu umarmen, übermenschlich stark wurde. Er konnte den Blick nicht von ihr wenden, und zu allem Unglück fiel ihm nichts Gescheites ein, was er hätte sagen können.
    »Der rote Flitzer passt so gut zu dir, als sei er für dich angefertigt, ist er, äh …?«. Louise musste lachen, so ungelenk und verlegen kannte sie ihn gar nicht, und der Blick, den sie eben registrierte, war keineswegs neutral wie sonst.
    »Den Flitzer, wie du ihn nennst, wobei ich gar nicht so genau weiß, ob es positiv oder negativ gemeint ist, hat mir Mattuschke, mein Vermieter geliehen. Er hat einen Autohandel. Oder glaubst du, ich hätte ihn mir schon von dem großzügigen Uni-Gehalt leisten können?«
    Er lachte: »Natürlich nicht, wäre ich allein darauf angewiesen, würde ich heute noch mit dem Rad fahren.«
    Langsam kam das Gespräch in Schwung, Paul erzählte, dass er als Kind alles was mit Fisch zusammenhing hasste, jetzt aber sehr gerne Krustentiere mochte, sprach von seiner Studienzeit und privaten Dingen, die er bisher immer unter Verschluss gehalten hatte. Sie stellten sich an einen der Stehtische, Mattuschke gesellte sich dazu. Ihm war die angeregte Unterhaltung nicht entgangen. Louise stellte die Herren einander vor, sie tauschten Visitenkarten aus, wobei Mattuschke unglücklich stolperte und sich hilflos an Paul klammern musste, um nicht zu Boden zu stürzen. Louise musste sich das Lachen verkneifen, es sah zu komisch aus. Er entschuldigte sich: »Ich hatte nur ein einziges Glas Sekt, mein Ehrenwort.« Jetzt hatte auch der junge Rudinsky, der die Szene verfolgte, den Mut dazuzustoßen. Der Abend klang aus und man verabschiedete sich. Ganthner vergaß, durch Louises Anblick verklärt, seine silberne Schnupftabakdose auf dem Tisch, von einer Serviette halb verdeckt. Mattuschke steckte sie unbemerkt ein. Draußen verabschiedete man sich erneut, die beiden schüttelten die Hände, die Dose behielt er in der Tasche.
    »Wie findest du meinen Kollegen?«, fragte sie während der Rückfahrt.
    »Sehr angenehm, der Mann hat Auftreten und Überzeugungskraft, ist er denn nett im täglichen Umgang?«
    »Ja, absolut, sehr freundlich, hilfsbereit und ausgeglichen.«
    Er blickte zu ihr hinüber und bemerkte das leichte Strahlen ihrer Augen. Da war mehr als bloße Kollegialität und Sympathie. Mit diesem Mann würde es schwieriger werden, als mit den Wackelkandidaten der Vergangenheit, schossen ihm besorgte Gedanken durch den Kopf. Sie frühstückten jetzt täglich miteinander, besprachen die Besonderheiten des Tages, wussten alles aktuelle voneinander, fast alles.
    Als sie nach der Begegnung bei Rudinskys wieder in ihr Büro kam, spürte sie eine Veränderung

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