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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ziemlich gerade. Und alle für den Verkehr gesperrt. Anlieger und landwirtschaftlicher Verkehr ausgenommen. Apropos Verkehr.«
    »Hach. Nicht schon wieder. Weiter.«
    »Wie’s beliebt. Die meisten dieser geraden Wege sind, wie du bemerkst, auf unserer feinen Autokarte nicht verzeichnet. Fällt dir was auf?«
    »
Was
ist mit
Marienberg
, Mann?«
    Matzbach pochte auf die aufgeschlagene Seite des Atlas, dann auf die Karte aus dem Nachlaß von Osiris. »Da ist Marienberg, Liebste. Nicht weit vom Autobahnkreuz Meckenheim, dem Behelfsflugplatz für den Ernstfall. Und nicht weit von Bonn, dem Sitz der Bonzen.«
    »Was ist mit Marienberg?!«
    »Da liegt, für Normalsterbliche unerreichbar, mit allen nötigen medizinischen, technischen, militärischen und sonstigen Gerätschaften ausgestattet, der große Regierungsbunker. Für den bösen Ernstfall.«

12. Kapitel
    Die Sozietät von Anwälten und Notaren residierte in einer von intensiv trauernden Weiden umstandenen Villa mit Blick auf das Kurgelände von Bad Neuenahr. Kurz nach sechs Uhr abends wurden Heinrich, Jorinde und Matzbach von einem Juristen behandelt, der den originellen Namen Schmitz und zu einem originellen dunklen Maßanzug mit Weste eine dunkle Krawatte trug. Genenger hatte sich in Schale – einen bräunlichen Cordanzug mit Lederflicken an den Ellenbogen – geschmissen und den beiden anderen unterwegs die Vorzüge der Sozietät oder Kanzlei gepriesen, die bei allfälligem Zwist mit aufgrund abstruser Bestattungswünsche eines Verblichenen unwirschen Erben seine Interessen und die des jeweils nach heidnischen, blasphemischen oder surrealen Riten zu Vergrabenden vertrat. Jorinde trug ein mahagonifarbenes Seidengewand und flache Sandalen, dazu weder Schmuck noch Strümpfe; Matzbach hatte sich in eine saubere helle Leinenhose und ein rotzgrünes, knopfloses Schlupfhemd gehüllt und fläzte sich so in einem schräggestellten Plüschsessel, daß er, wenn ihn Schreibtisch und Antlitz des Juristen langweilten, eine unverbaubare Nahsicht auf Jorindes Beine genießen konnte.
    Schmitz betrachtete beinahe versonnen die Kaffeetassen und Schnapsgläser, mit denen endlich alle versorgt waren; dann wandte er sich an Genenger.
    »So, dann schießen Sie mal los.«
    Heinrich nippte an seinem Chivas, schluckte und schüttelte den Kopf. »Wir sind noch nicht ganz vollzählig. Die fehlende Person hab ich mit Absicht auf halb sieben bestellt.«
    Der Jurist warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Und was machen wir in der verbleibenden Viertelstunde? Warumeigentlich dieser späte Termin? Sie hätten doch früher kommen können; es war noch etwas frei.«
    Jorinde – wie Matzbach von Genenger mit Namen und der Bezeichnung »Geleitschutz« vorgestellt – lächelte ein wenig spöttisch. »Wahrscheinlich, damit wir alle hinterher schön müde sind; sozusagen als Höhepunkt eines langen Tages nach schlafloser Nacht.«
    Schmitz räusperte sich. »Darf ich denn wenigstens schon mal fragen, worum es geht?«
    Genenger kratzte die Kerbe seines wuchtigen Kinns. »Ach, es geht um ein Testament.«
    »Wollen Sie eines aufsetzen? Beziehungsweise ein neues. Wir haben doch erst …«
    »Nein, nein; das eines Freundes, der letzte Nacht den Absprung ins Jenseits geschafft hat.«
    »Kenne, öh, kannte ich ihn?«
    »Er hat mir damals Ihren Verein sehr empfohlen. Osiris.«
    Schmitz faltete die Hände auf der Schreibtischplatte und blickte überzeugend betroffen. »Ach! Ganz plötzlich?«
    »Ziemlich jäh.«
    »Testament, sagen Sie? Moment.« Er stand auf, ging nach nebenan und kam mit einem dünnen Ordner zurück. »Die Damen sind schon nach Hause gegangen«, sagte er, als müsse er sich dafür entschuldigen. Er parkte sich wieder in seinem Chefsessel und blätterte in den Unterlagen. »Hmmm … Wenn das hier vollständig ist, habe ich, daran erinnere ich mich auch dunkel, ihn vor zwei Jahren ganz allgemein beraten, was die Abfassung eines Testaments angeht. Woran man denken sollte, wie man bestimmte Dinge formuliert, derlei; ein Testament für ihn aufgesetzt haben wir aber nicht.«
    Matzbach hüstelte dezent. »Auf wen warten wir eigentlich, Charon?«
    Genenger grinste. »Laß dich überraschen.«
    »Ich werde schrecklich überrascht sein und verkneife mir Mutmaßungen jedweder Art.«
    Der Jurist lächelte mild. »Sind Sie immer so zurückhaltend?«
    Matzbach seufzte. »Kleine Kerlchen wie ich sollten sich nie zu weit vorwagen. Ich habe eine unwesentliche Frage.«
    »Fragen Sie.«
    Matzbach warf

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