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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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alles vier guten Freunden: Grundstück und Haus samt Inhalt und Zubehör dem Bestatter Heinrich Genenger, das Vermögen in Geld, Anlagen, Papieren etc. zu gleichen Teilen Daniela Dingeldein, Felix Yü und Markus Pauly. Testamentsvollstrecker solle sein –
    »Ich«, sagte Schmitz, offenbar ehrlich erstaunt. »Da schau her … Weiter. ›Sollte einer der Erben bei meinem Tod nicht mehr leben …‹«
    Genenger, sichtlich fassungslos und bleich, sagte mit heiserer Stimme: »Die leben alle noch.«
    »Aha. Tja, dann wär’s das schon gewesen.«
    Matzbach grinste Jorinde an. »Na prima. Wann wollt ihr heiraten?«
    »Häh?«
    »Du hast doch gesagt, den, der so ein Haus mit Bibliothek und allem hat, würdest du hemmungslos heiraten.«
    Dittmer stöhnte und verbarg sein Gesicht in den Händen. Schmitz legte das Testament beiseite und hielt den Brief an die Erben hoch.
    »Ihre persönlichen Pläne in allen Ehren, aber was machen wir damit?«
    Genenger streckte seine schlappe Hand aus. »Wenn’s keine legalistischen Bedenken gibt …«
    Schmitz wackelte mit dem Kopf. »Ach, ich wüßte nicht wieso. Steht ja drauf – diskret und nicht amtlich.«

13. Kapitel
    Der Jurist verabschiedete sich mit der Versicherung, er werde sich um alles weitere kümmern, sehe aber keine Probleme hinsichtlich der Gültigkeit. Dittmer blieb, um noch ein paar unfreundliche Reden mit Schmitz zu wechseln. Die drei anderen fuhren mehr oder minder schweigend durch die Abenddämmerung; Bekundungen fanden einzig statt in Form unregelmäßiger Gähnstafetten und knackender Kiefergelenke sowie gelegentlicher Ächz-, Rülps- und Knurrlaute.
    Im Dorf steuerte Genenger den Parkplatz hinter seiner Vorzugskneipe an. »Ein Häppchen mampfen, ein Schlückchen saufen, ein Ründchen pofen?«
    »Für mich bitte alles ohnechen«, sagte Matzbach. »Und das nächste Mal fahre ich wieder auf der Ladefläche. Nichts gegen innige Nähe, Jorinde, aber für uns zwei ist der Beifahrersitz ein bißchen eng.«
    Jorinde war mit den Gedanken woanders. »Dittmer ist fein ausgebremst worden. Aber was steckt dahinter?«
    »Wir können ja deinen Wagen nehmen, nächstes Mal«, sagte Genenger, als sie den hinteren Schankraum betraten. »Da ist mehr Platz. Und was Dittmer vorhat, weiß ich auch nicht.«
    Matzbach überflog mit verhangenen Augen die Tische und steuerte einen in der rechten Ecke an, der über eine fläzige Bank verfügte. »Hunger, Durst, Müdigkeit, lauter vorübergehend heilbare Ewigkeiten. Das mit dem Ausbremsen hat mir gefallen, jedenfalls viel besser als weitere Überlegungen darüber, was Polizei und Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz in den nächsten Tagen anstellen könnten. Vor allem, warum sie was anstellen wollen dürfen könnten. Bloß –Wagen, sagst du? Das ist ein Fortbewegungsmittel; der letzte richtige Wagen, den ich hatte, wurde vor Jahren auf dem Eis bei Sankt Peter-Ording vernichtet.«
    »Drei Steaks mit Folienkartoffeln und drei Flaschen von deinem trockenen Hausburgunder«, sagte Genenger nach kurzer Konferenz; der Wirt zog die Nase hoch und watschelte von dannen.
    »Drei Flaschen, gleichzeitig?« Jorinde hob eine Braue. »Na ja. Ob's da einen Zusammenhang mit den anderen seltsam hastig verscharrten Leichen der letzten Jahre gibt? Willst du dir nicht ein Spezialauto bauen lassen? Und habt ihr ernstlich vor, euch mit den Staatsorganen anzulegen?«
    Matzbach zählte die Antworten an den Fingern ab. »Ja; vielleicht; nein; und ob. Letzteres weniger aus Vergnügen am Hauen und Stechen sondern aus reiner Neugier. Und, wie gesagt, weil ein Mensch mit einer so feinen Bibliothek sorgfältige Nachbehandlung verdient, postum. Übrigens herzlichen Glühwurm zur Erbschaft, Henri.«
    Genenger legte die Pranken auf den Tisch und betrachtete die abgespreizten Finger, einzelweise sowie samt und sonders. »Danke, Euer Liebden. Hat mich aber ziemlich erschlagen; ich hatte keine Ahnung.«
    »Hat er nie was gesagt?«
    »Nee. Wir waren ganz gut befreundet, wenn man das so nennen kann. Nicht viel geredet, wißt ihr, aber einfach so … Hier, zum Beispiel, in diesem Lokal sitzen, trinken und Schach spielen.«
    »Eine jener britischen Freundschaften, die mit der Vermeidung aller Vertraulichkeit beginnen und bald das Stadium erreichen, in dem das Zwiegespräch dauerhaft entfällt?«
    Genenger lächelte schwach. »So ähnlich.«
    »Was machst du denn mit deinem Erbe?«
    Der Bestatter zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Willst du mir das Haus abkaufen?«
    Matzbach

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