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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Genenger und Jorinde mehrere bedeutsame Blicke zu; dann wandte er sich an Schmitz.
    »Eher eine halbwegs rhetorische Frage, Monsieur. Wie Heinrich bereits gesagt hat, ist der eminente Heimatdichter Osiris, dessen richtigen Namen ich irgendwann zu erfahren hoffe, in der vergangenen Nacht unter Abgabe des Löffels ins große Nichts gegangen. Über die Art des Hinscheidens und die näheren Umstände gibt es noch Meinungsverschiedenheiten. Ich nehme aber an, daß wir Ihnen etwas Bestimmtes gar nicht erst erzählen sollten.«
    Schmitz hob die Brauen. »Und zwar?«
    »Ein Nachbar wurde angerufen, weil Osiris nicht ans Telefon ging. Der Nachbar ist losgegangen und hat ihn tot aufgefunden. Er hat, weil da ein entsprechender Zettel herumlag, Heinrich angerufen, außerdem einen Arzt alarmiert. Heinrich hat uns mitten in der Nacht als Geleitschutz zum Leichentransport requiriert.«
    Schmitz betrachtete die eigenen Finger. »Doch, das können Sie mir ruhig erzählen.«
    »Das hab ich mir gedacht; ich war aber noch nicht fertig. Das, was wir Ihnen verschweigen sollten, ist folgendes. Wir haben den Toten – der Totenschein lag schon vor – kosmetisch und hygienisch behandelt; dann haben wir seine wesentlichen Papiere zusammengesucht, Versicherungen,Testament, sonstige Aufzeichnungen. Die Versicherungen et cetera haben wir notiert, aber auf dem Schreibtisch des Poeten belassen. Die sonstigen Papiere haben wir an seinem Leibe verborgen, als wir ihn in den Zinksarg legten.«
    »Warum?«
    »Nennen wir es eine nebulöse Intuition. Als wir ihn aus dem Haus gebracht haben, erschienen – alarmiert von wem auch immer – Vertreter von Gemeinde, Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz. Offenbar auf der Suche nach Papieren, möglicherweise denen, die wir gefunden und verborgen hatten. Das haben wir den Vertretern unserer löblichen Staatsorgane aber nicht verraten. Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie das nicht wissen wollen?«
    Der Jurist schloß die Augen. »Da haben Sie richtig angenommen, Herr Matzbach. Das ist eine Geschichte, die mich, sagen wir, irritieren und möglicherweise kompromittieren könnte; deshalb danke ich Ihnen herzlich dafür, daß Sie sie mir verschwiegen haben.«
    Es klingelte. In Ermangelung anwesenden Personals wollte Schmitz aufstehen, aber Genenger hatte sich schon erhoben, winkte ab und ging hinaus. Sekunden später erschien er wieder, gefolgt von Flavius Dittmer.
    »Ah, Dittmer«, sagte Schmitz. »
Sie
sind das. Wie geht’s denn?«
    Dittmer schüttelte ihm die Hand und murmelte etwas, dann betrachtete er sichtlich mißmutig Matzbach und versuchte ein halbes Lächeln in Richtung Jorinde.
    »Sie schon wieder? Womit habe ich das verdient?«
    »Flavio«, sagte Matzbach mit breitem Grinsen, »ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Feindschaft.«
    Dittmer runzelte die Stirn, nahm den letzten freien Sessel, neben Matzbach, trug und zerrte ihn ans andere Ende der Gruppe, ließ sich links von Genenger nieder und schnaubte.
    »Trinken Sie was?«
    Dittmer nickte hektisch; Schmitz zählte mehrere Getränkesorten auf; Dittmer entschied sich für einen Cognac.
    »So«, sagte er nach einem vorsichtigen Schluck. »Also, was soll das alles?«
    Schmitz deutete auf den Bestatter; Genenger lehnte sich weit zurück und faltete die Hände vor dem Bauch.
    »Ich wollte dich dabei haben, Flavio. Inoffiziell, als technischen Berater gewissermaßen. Deshalb hab ich den Termin so spät ansetzen lassen – jetzt bist du außer Dienst.«
    »Ich bin nie außer Dienst«, knurrte Dittmer.
    »Und wer bezahlt deine Überstunden? So früh schon raus in die feindliche Natur, heut früh, und jetzt noch immer im Einsatz?«
    »Wacker, wacker«, sagte Matzbach. »Vorzügliche Hochachtung allerseits. Können wir jetzt anfangen?«
    Schmitz rieb sich das Gesicht. »Ich wäre, öh, nicht undankbar, wenn ich heute irgendwann noch Feierabend machen dürfte.«
    Jorinde schlug die Beine übereinander; Matzbach leckte sich unübersehbar die Lippen.
    »Hör auf mit deinen sexistischen Kundgebungen. Ich habe ein gewisses Verständnis für Sie, Herr Schmitz. Mir geht’s ähnlich. Irgendwie möchte ich mal wieder ins Bett.«
    »Wer macht hier sexistische Kundgebungen?«
    »Schlafen, mein ich, Matzbach. Also, können wir?«
    Genenger setzte sich ächzend auf. Aus der Innentasche seines Cordjacketts rupfte er einen großen eingerollten Umschlag und reichte ihn Schmitz.
    »Was ist das?« Dittmer kniff die Augen zusammen.
    Schmitz hielt den

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