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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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um. Das Kommando über dieses alte Schiff und der Dienstrang eines Commodore war alles, was der Mann in seinem ganzen Leben erreicht hatte. Bolitho versuchte, sein Mitleid zu verbergen, und fuhr fort: »Ich habe neue Befehle an das Geschwader geschickt. Einige Schiffe muß ich abziehen und nach England in Marsch setzen.« Schimmerte da Hoffnung in Warrens Augen auf? Er mußte ihn enttäuschen. »Leider nur Fregatten, nicht dieses Schiff, Sir. Wir brauchen eine neue Strategie, um Kapstadt zu erobern und danach auch zu halten, ohne daß wir uns auf eine lange Belagerung einlassen, die nur die Holländer gewinnen würden.«
    Warren antwortete heiser: »Die Armee wird das nicht mögen, Sir Richard. Sir David Baird ist ein Eisenfresser.«
    Bolitho dachte an den Brief, der in seinem Safe auf der
Truculent
eingeschlossen lag. Dieser Brief war nicht wie andere von einem Sekretär oder einem Lord der Admiralität unterzeichnet, sondern trug Unterschrift und Siegel des Königs. Obwohl es hieß, daß der König vieles unterschreibe, wovon er nichts verstand, gab dieser Brief Bolitho doch die oberste Befehlsgewalt in Südafrika und würde ihm hier alle Türen öffnen. Deshalb reagierte er gelassen.
    »Damit werde ich fertig, wenn’s soweit ist. Inzwischen würde ich gern auf dieses Schiff hier umziehen.« Er hob die Hand, als Warren protestieren wollte. »Ihre Flagge wird weiter darüber wehen. Aber ich brauche etwas mehr Platz.«
    Warren unterdrückte wieder einen Hustenanfall. »Was habe ich zu tun? Ich bin Ihr ergebener Diener, Sir Richard. Wenn Kapitän Varian Ihnen gemeldet haben sollte …«
    Bolitho unterbrach ihn. »Ich gehöre seit meinem zwölften Lebensjahr der Marine an und habe seither gelernt, mir eine eigene Meinung zu bilden.« Er stand auf, trat ans Fenster und blickte über die Kanonenattrappe hinweg zum nächsten Schiff, einer Fregatte.
    »Ich werde nicht ein einziges Leben mehr aufs Spiel setzen, Commodore Warren, als nötig ist, damit wir beide hier unser Bestes geben können. Überall in der Marine sind loyale Männer und Offiziere enttäuscht, daß der Sieg von Trafalger nicht vollständig war. Aber es wird noch Jahre dauern, bis der Tyrann Napoleon besiegt ist.«
    Warren und der Diener starrten ihn an, denn er hatte sehr laut gesprochen. Nun lächelte er. »Vergeben Sie mir meinen Übereifer. Aber ich habe zu viele gute Schiffe untergehen, zu viele tapfere Männer fallen gesehen, weil ihre Vorgesetzten Fehler begingen. Wer die harten Gesetze des Krieges lieber vergessen möchte, wird es unter meinem Kommando schwer haben.« Er nahm seinen Hut.
    »Augenblick noch, Sir Richard.« Warren nahm seinen eigenen Hut aus der Hand des Dieners und folgte ihm an Deck bis zur Seitenpforte. Seine Stimme klang viel fester. »Den Krieg kennen meine Männer und ich bisher nicht. Aber ich werde mein Bestes tun, genau wie meine Leute.«
    Jenour sah Bolithos ernstes Lächeln und wußte, daß Wichtiges vor ihnen lag.
    Commodore Warren blickte sich suchend nach Maguire um. Für die alte
Themis
war offensichtlich kein Flaggoffizier eingeplant worden.
    Bolitho nahm Jenour beiseite. »Wir werden später hierher umziehen, Stephen, wenigstens für die nächste Zeit. Bereiten Sie die anderen auf der
Truculent
darauf vor. Mr. Yovell allerdings wird die ganze Nacht für mich zu schreiben haben. Und dann finden Sie mir hier an Bord einen guten Signalmeister, es tut nie gut, dafür einen Fremden mitzubringen. Ferner möchte ich um acht Glasen morgen alle Kommandanten hier an Bord sehen, also warnen Sie sie vor.
    Schicken Sie dazu das Wachboot rum, wenn Sie wollen.«
    Jenour verschlug dieses Tempo den Atem. Ihm war, als habe sich Bolitho aus einem Gefängnis befreit.
    »Der Feind weiß, daß wir hier sind«, fuhr Bolitho fort. »Er kann uns beobachten. Ich möchte mir jenseits des Kaps den zweiten Ankergrund ansehen, vielleicht erspart uns das einen HundertMeilen-Marsch. Mein Befehl an den General lautete deshalb, den Angriff zu verschieben.«
    Jenour sah Bolithos Augen, sie waren grau wie der Ozean, über den er blickte. »Aber Sie rechnen mit dem Widerstand des Generals, nicht wahr?«
    Bolitho klopfte Jenour auf den Arm. »Wir handeln unabhängig voneinander. Da wir heute schon öfter an Nelson gedacht haben, sollten wir uns auch an seine Worte erinnern: Die kühnsten Maßnahmen sind fast immer die sichersten.«
    In dieser Nacht saß Bolitho am Heckfenster seiner Kajüte auf der
Themis
und beobachtete die Schiffe, ohne Schlaf zu

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