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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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    In diese Kajüte hatte sich einst ein Gouverneur geflüchtet – vor der Pest, die in seiner Kolonie ausgebrochen war.
    Die Luft hing schwer und feucht im Raum. Draußen patrouillierte das Wachboot langsam zwischen den ankernden Schiffen. Bolitho dachte an Cornwall und an den scharfen Wind seiner Heimat. Jetzt lag er im Schatten Afrikas, weil andere es so gewollt hatten. Brauchte man sein Können hier so dringend? Oder war ihnen ein toter Held wie Nelson lieber als ein lebender, dessen Anwesenheit sie ständig an ihre Fehler erinnerte?
    Das Deck zitterte, als eine Strömung das Schiff an der Ankerkette bewegte. Vom Wechsel auf die
Themis
hatte Allday nicht viel gehalten. Die Mannschaft war zu lange an Bord, viele waren von Handelsschiffen in der Karibik gepreßt worden, manche hatten Schiffsuntergänge überlebt, und viele waren aus den Gefängnissen Jamaikas geholt worden. Wie Warren war auch dieses Schiff ausgelaugt, erledigt. Bolitho hatte am Seitendeck die Halterungen für die Drehbassen gesehen. Die zeigten nicht auf den Feind, sondern binnenbords auf die eigenen Leute, noch aus der Zeit, als das Schiff Sträflinge und Kriegsgefangene transportiert hatte.
    Auch Ozzard schlief nicht, Bolitho hörte ihn in der neuen Speisekammer rumoren. Ozzard, der ein Geheimnis mit sich herumtrug, wie Bolitho aufgefallen war. Er gähnte und rieb sich das verletzte Auge. Warum war Ozzard damals nicht an Deck gewesen, als Überlebende und Verwundete die sinkende
Hyperion
verließen? Darüber fiel ihm sein Flaggkapitän und Freund Valentine Keen ein, den der Verlust des alten Schiffes genauso geschmerzt hatte.
    Und dann schlief Bolitho doch ein.
     
     
     

Wer ist die
Albacora
?
    Der kleine Toppsegelschoner
Miranda
erinnerte an eine riesige, flatternde Motte. Möwen umkreisten ihn schreiend, als er gischtumhüllt wendete. Seine Spieren gingen über, dann fingen die Segel den Wind von der anderen Seite ein.
    Die
Miranda
krängte so weit nach Lee, daß die See durch ihre Speigatten rauschte, sogar über die Reling einstieg und die Vierpfünder an Deck umspülte, als seien es Felsen im Meer. Das Donnern der Brecher und das Knallen der Leinwand umgaben das Schiff. Kommandos waren kaum nötig, denn jeder an Bord wußte, was er zu tun hatte und wo Gefahren drohten. Die See konnte einem Mann an Deck die Knochen brechen, der Wind ihn fauchend über Bord fegen. Ein so kleines, quirliges Schiff brauchte aufmerksame und erfahrene Männer.
    Achtern am Kompaß hielt sich ihr Kommandant, Leutnant James Tyacke, an einer Pardune fest. Wie seine ganze Besatzung war er naß bis auf die Haut. Mit geröteten Augen starrte er durch die Gischt hoch zum brettharten Großsegel und seiner Flagge, während das Schiff mit südlichem Kurs durch die Seen pflügte.
    Sie hatten die ganze Nacht und ein Gutteil des Tages dazu gebraucht, um sich aus der Saldanhabucht freizusegeln, weg von den ankernden Kriegsschiffen, Versorgern, Bombarden, Truppentransportern und kleineren Einheiten. Leutnant Tyacke war lange nach Westen abgelaufen, um genügend Raum für eine schnelle Reise hinunter zu Commander Warrens kleiner Flottille zu haben. Noch aus einem anderen Grund war er weit auf See hinaus gesegelt, und den ahnte allenfalls der zweite Mann an Bord. Tyacke wollte so viel Raum wie möglich zwischen sich und die Flotte legen, damit ihn nicht wieder ein Befehl zum Flaggschiff zurückrief.
    Er hatte seinen Auftrag ausgeführt, hatte Bolithos Depeschen dem General und dem dortigen Commodore übergeben und war nun froh, wieder unterwegs zu sein.
    Tyacke war dreißig Jahre alt und seit drei Jahren Kommandant der
Miranda.
Verglichen mit ihr war das Flaggschiff wie eine Stadt gewesen, in der es mehr Rotröcke gab als Seeleute. Natürlich kannte er solch große Schiffe. Vor acht Jahren war er Leutnant auf der
Majestic
gewesen, einem Zweidecker in Nelsons Mittelmeerflotte. Er hatte im unteren Batteriedeck gekämpft, als Nelson die Franzosen in der Bucht von Abukir vernichtete. Aber sie waren zu furchtbar, diese Bilder seiner Erinnerung. Im Lauf der Zeit verwischten sie sich wie Szenen aus einem Albtraum. Später zählte man ihn zu den Glücklichen – nicht wegen des Sieges, für den sich nur Leute rühmen konnten, die nicht dabeigewesen waren. Aber er hatte überlebt, wo so viele gefallen waren oder sich unter der Säge und dem Messer des Schiffsarztes zu Tode geschrieen hatten. Und er war auch nicht als mitleidheischender Krüppel daraus hervorgegangen, an dessen

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