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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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verschränkt. »Würden Sie bitte nach nebenan kommen? Sir Richard Bolitho wünscht Sie zu sprechen.«
    Man hatte dem Leutnant wenigstens eine Erfrischung angeboten, wahrscheinlich ein Glas von diesem schrecklichen Rotwein. »Tut mir leid, wir wußten nicht, daß Sie noch an Bord sind.« Entsetzt starrte Jenour in das zerstörte Gesicht Tyackes. Wie konnte er damit nur leben?
    »Und wer sind Sie?« fragte Tyacke scharf. Dann sah er das Gold auf Jenours Schulterstück. »Flaggleutnant, ach so.«
    Wieder mußte sich Jenour entschuldigen. »Ich wußte nicht, daß Sie …«
    Tyacke rückte seinen Säbel gerade und drehte sich weg. »Ich bin solche Blicke gewöhnt, Sir. Aber Freude machen sie mir nicht.« Er ließ sich seinen Ärger anmerken. Was waren das für Kameraden, die ihn so anstarrten?
    Er bückte sich, trat in die große Kajüte und blieb überrascht stehen. Den Commodore hatte er schon einmal gesehen, also mußte der bebrillte Mann in einfacher blauer Uniformjacke der berühmte Bolitho sein. Nicht gerade eine Heldenfigur. Aber die meisten Flaggoffiziere, die Tyacke bisher getroffen hatte, sahen nicht aus wie Bühnenhelden.
    »Bitte entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit, Mr. Tyacke.« Bolitho kam aus dem Schatten, und Yovell zog sich zurück. »Ich wußte nicht, daß Sie noch an Bord sind. Bitte nehmen Sie Platz.«
    Tyacke setzte sich unsicher. War er zu lange auf See gewesen, daß er sich so täuschen konnte? Der Mann im weißen Hemd, der ihn so freundlich begrüßte, sollte ein Admiral sein? Er schien kaum älter als er selbst zu sein, obwohl er näher an Fünfzig als an Vierzig sein mußte. Nur die scharfen Linien um seinen Mund und eine weiße Haarsträhne über der Stirn verrieten, daß er kein Jüngling mehr war. Dazu offene graue Augen … Tyacke fühlte sich plötzlich wie ein Midshipman, so stumm und verlegen.
    »Ihr Fund auf dem Sklavenschiff war für uns wichtiger, als Sie ahnen.« Bolitho lächelte und sah dadurch noch jünger aus. »Ich lote gerade aus, was in ihm steckt.«
    Die Tür öffnete sich, und ein kleiner Steward kam über den gewürfelten Teppich auf Tyacke zu. »Ein Glas Rheinwein, Sir?« Er beobachtete den Leutnant und fügte hinzu: »Er ist schön kühl, Sir.« Offenbar war das etwas Besseres, als sonst auf dem Flaggschiff angeboten wurde.
    Tyacke trank. Der Steward hatte genau wie der Admiral beim Anblick seines Gesichts mit keiner Wimper gezuckt und ihn auch nicht neugierig oder entsetzt angestarrt. Bolitho beobachtete den Leutnant. Ein gezeichneter Mann, Überlebender einer furchtbaren Seeschlacht. »Wo ist die
Albacora
jetzt?«
    Tyacke riß sich aus seinen Gedanken. »Sie wird in zwei Tagen hier sein, Sir Richard. Ich ließ eine kleine Prisenbesatzung an Bord. Und einen verletzten Midshipman.«
    Bolitho nickte. »Ich habe in Ihrem Bericht von ihm gelesen. Scheint ein tapferer junger Mann zu sein.«
    »Mich hat er überrascht«, gab Tyacke zu.
    Bolitho wandte sich seinem Sekretär zu. »Yovell, schreiben Sie einen Befehl für unseren anderen Schoner aus. Ich möchte, daß die
Albacora
bei einem großen Versorgungsschiff längsseits geht, dem Land abgekehrt und nachts. Von Land aus darf man sie auf keinen Fall entdecken. Der Schoner soll sie abfangen. Würden Sie sich bitte darum kümmern, Commodore Warren?«
    Warren richtete sich auf, aber ein heftiger Husten überfiel ihn.
    »Ich möchte auf Ihrem Schoner mitsegeln, Mr. Tyacke«, fuhr Bolitho fort und registrierte Überraschung und Unglauben im Gesicht des anderen. »Ich bin kleine Schiffe gewöhnt, machen Sie sich also keine Sorge um meine – hm – Würde.«
    Der Commodore verließ die Kajüte, doch Bolitho hörte ihn noch immer husten. Jenour sah dem Schreiber über die Schulter, der den Befehl in Schönschrift zu Papier brachte.
    Einen Augenblick schien es, als seien sie beide allein in der Kajüte. »Wo ist das passiert?« fragte Bolitho leise.
    Der Leutnant zuckte zusammen und hielt dann seinem Blick stand. »In der Schlacht bei Abukir, Sir. Ich war auf der
Majestic

    »Unter Kapitän Westcott. Ein guter Mann. Schade um ihn.« Der Admiral berührte vorsichtig das Lid über seinem verletzten Auge.
    »Bitte kehren Sie auf die
Miranda
zurück. Sobald Ihre Prise einläuft, sollten wir ankerauf gehen. Ich möchte mir das Kap genauer ansehen, auch das Land und die See dahinter. Hier an Bord bin ich zu nichts nütze.«
    Als Tyacke die Kajüte verlassen wollte, rief ihn Bolitho noch einmal zurück. »Sie sind ein tapferer Mann,

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