Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
schützen, wie es Bolitho angeordnet hatte. Allerdings hatten Ferguson und seine Frau, die den Haushalt führte, erwartet, daß Bolithos Lady sich fernhielt von der Bewirtschaftung des Gutes. Doch kaum war sie nach Bolithos Abschied aus Portsmouth zurückgekehrt, hatte sie großes Interesse an allem geäußert, dabei jedoch immer gefragt, nie Befehle gegeben. Lady Belinda hatte es früher genau umgekehrt gemacht.
Catherine war mit Ferguson sogar zu den umliegenden Katen geritten, die zum Gut gehörten. Dabei hatte er ihr verraten, daß der Besitz ursprünglich viel größer gewesen war, damals in den Tagen von Bolithos Vater. Aber um die Schulden von Richards Bruder Hugh zu decken, der aus der Royal Navy desertiert war und mit den Amerikanern gegen die Krone kämpfte, hatte sehr viel Land verkauft werden müssen.
Der Wind spielte mit Fergusons leerem Ärmel. Den Arm hatte er in der Schlacht bei den Saintes verloren, auf der Fregatte
Phalarope,
unter Bolithos Kommando. Wie Allday war er seinerzeit in die Marine gepreßt worden, aber jetzt, zwanzig Jahre später, immer noch bei Bolitho.
Oft war Catherine wie heute mit Ferguson zu Fuß unterwegs. Beim Gang über die Felder hatte sie von ihm alles wissen wollen: Was wurde angebaut, was kostete Samen, auf welchen Märkten wurden Getreide und Gemüse des Gutes verkauft? Nein, so eine Lady wie sie hatte Ferguson noch nie kennengelernt.
Schon in den ersten Tagen begriff er, was für eine charakterstarke Frau sie war. Er hatte sie durch das alte Herrenhaus geführt, vorbei an den nachgedunkelten Porträts von Bolithos Vorfahren. Kapitän Julius, der erste Bolitho, war in Falmouth gefallen, als er die Blockade der Cromwellschen Truppen bei Pendennis Castle sprengen wollte. Aufmerksam studierte sie ihn und alle anderen. In einem kleinen Schlafraum hing das verhüllte Porträt Cheneys, die Bolithos erste Frau gewesen war. Catherine hatte Ferguson gebeten, es ans Fenster zu stellen, damit sie es besser sehen konnte. Das Bild berührte sie tief, Ferguson hörte sie in der stillen Kammer laut atmen. »Warum hängt das Bild hier unter einem Tuch?« Er suchte eine Erklärung, doch sie unterbrach ihn: »Lady Belinda hat darauf bestanden, stimmt’s?« Und nach kurzem Zögern beschloß sie: »Wir werden das Bild reinigen lassen – und alle anderen auch.« Ihre Augen blitzten dabei, und er fühlte sich wie ein mit ihr Verschwörener.
Ja, Lady Catherine konnte gewiß jedem Mann den Kopf verdrehen, wenn sie nur wollte. Aber sie verstand es ebensogut, mit Pistolen, Pulver und Schrot umzugehen, wie Allday ihm verraten hatte.
Lady Cheney hatte Bolitho damals mit dem Porträt überraschen wollen, wenn er aus dem Krieg zurückkehrte. Doch als er schließlich heimkam, fand er nur noch das Porträt vor. Lady Cheney und ihr ungeborenes Kind waren bei einem Unfall mit der Kutsche ums Leben gekommen.
Als Ferguson ihr davon berichtete, ergriff Catherine seinen Arm.
»Sie haben sie heimgetragen, ich weiß.« Sie sah auf seinen leeren Ärmel nieder. »Sie haben alles getan, was ein Mensch nur tun kann.«
Jetzt hing Lady Cheneys Bild wieder dort, wo es ursprünglich gehangen hatte, gegenüber dem Fenster, das auf die See blickte, die so grau war wie die Augen der ersten Mrs. Bolitho.
Lady Catherine kam den Pfad herauf, Ferguson reichte ihr die Hand und half ihr beim Zaunübertritt. Ihr Haar hatte sich gelöst, am Rocksaum sah er Staub und nassen Sand. Sie war größer als Ferguson, nicht viel kleiner als Bolitho. Er spürte ihren festen Händedruck, als sie fragte: »Warum liegt das Land da drüben brach?«
»Zu viele Steine vom Hügel, da kommt kein Pflug durch. Und dann ist da noch das Dickicht.« Sie nickte. »Wir haben einfach nicht genügend Leute, Mylady. Die Preßkommandos, wissen Sie? Entweder sind unsere Männer auf See oder bei den Soldaten. Nur Alte und Krüppel gibt’s hier noch.«
Er war überrascht über die Wärme in ihren Augen. »Sie sind aber kein Krüppel, Ferguson. Zusammen werden wir beide etwas aus diesem Land machen.« Ihre Stimme klang plötzlich hart. »Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie alle gut in diesem Land leben – nur Bolitho nicht. Sein Schwager, der Squire, scheint keine Probleme zu haben. Der hat immer genügend Männer auf den Feldern!«
»Französische Gefangene, Mylady. Vergessen Sie nicht, er ist Friedensrichter.« Ferguson war froh, als Catherine das Thema fallenließ. Denn gut von diesem Land lebte vor allem Lady Belinda in ihrem
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