Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
ehe wir zum Kap segelten. Hat man es aufgebracht?«
Godschale lächelte. Er wußte, wie sehr diese Frage Bolitho interessierte, und fühlte sich am längeren Hebel. Er wußte auch, daß Catherine Lady Somervell hier in London war, sich um den Skandal nicht scherte und noch mehr Tratsch und Kritik provozierte. Es war mit Nelson schon schlimm genug gewesen, aber seine Affäre war jetzt vergessen, ebenso wie Emma Hamilton selbst. Keiner wußte, wo sie sich seit seinem Tod aufhielt.
Somervells Charakter und schlechter Ruf waren Godschale herzlich gleichgültig. Aber der Mann besaß Freunde, sehr mächtige Freunde bei Hofe. Der König selbst hatte ihn gelegentlich vor Skandalen gerettet. Doch hatten er oder seine engsten Berater Somervell klugerweise aus London entfernt, bis das Problem zwischen dem Viscount und dem Vizeadmiral gelöst war.
Godschale besaß genügend Feingefühl, um zu spüren, wie beliebt Bolitho im Lande war. Nach Nelsons Tod war er sicherlich der am meisten verehrte Seeheld. Niemand zweifelte an seinem Mut, der ihm trotz seiner ungewöhnlichen Strategie und Taktik oft Schlachten gewann. Trotzdem – in Friedenszeiten hätte man seine Affäre mit Lady Somervell niemals geduldet. Die Gesellschaft hätte beide geschnitten, und Bolithos Karriere wäre abrupt beendet worden.
Doch jetzt war Krieg, und Godschale wußte einen Mann zu schätzen, der Schlachten gewann und die Nation begeisterte.
»Das größere der beiden französischen Geschwader führte unser alter Bekannter, Vizeadmiral Leisségues. Es entwischte seinen Bewachern. Sir John Duckworth, der vor Cadiz patrouillierte, erfuhr, daß ein französisches Geschwader vor Santo Domingo ankerte; er war Leisségues schon auf den Fersen gewesen, jetzt segelte er hinüber und stellte ihn. Es kam zu einem Gefecht Schiff gegen Schiff. Der Feind wurde zersprengt, aber die
Imperial
mit ihren 120 Kanonen fing Feuer und sank. Schade, wir hätten sie gern in unserer Flotte gesehen. Doch man kann eben nicht alles schaffen«, seufzte er. Das klang, als habe Seine Lordschaft das Gefecht in diesem Raum gewonnen. Er fuhr fort: »Mit dem kleineren französischen Geschwader gab es ein Gefecht, einige wenige Schiffe gingen verloren, aber der Feind kehrte in den Hafen zurück.«
»Ich beneide Duckworth«, sagte Bolitho. »Ein entscheidendes Gefecht, gut geplant und gut ausgeführt. Napoleon kocht bestimmt vor Wut.«
Godschale füllte sein Glas nach. »Ihr Einsatz in Kapstadt war nicht weniger wichtig, Sir Richard. Wertvolle Schiffe konnten der Flotte zur Verfügung gestellt werden.«
Bolitho zuckte mit den Schultern. »Jeder erfahrene Kapitän hätte diese Aufgabe bewältigen können.«
Godschale wackelte verneinend mit dem Zeigefinger. »Nicht doch, mein Lieber. Unsere Kommandanten brauchen dringend ein Leitbild, glauben Sie mir.« Er wechselte das Thema. »Aber ich habe weitere Neuigkeiten für Sie.« Als er zu seinem Schreibtisch ging, sah Bolitho zum erstenmal, daß er hinkte. Wie Lord St. Vincent büßte er wohl mit Gicht für zuviel Portwein und das süße Leben in der Heimat.
Godschale wedelte mit einigen Papieren. »Die
Black Prince
wird ein gutes Schiff und nach den strengsten Maßstäben gebaut. Haben Sie schon Ihren Flaggkapitän bestimmt?«
»Unter anderen Umständen würde ich um Kapitän Valentine Keen bitten. Aber er heiratet demnächst und war ziemlich lange hart eingesetzt. Also muß ich wohl auf ihn verzichten.«
»Oh, wir haben einen Brief von Kapitän Keen bekommen. Darin bot er seine sofortigen Dienste an. Sonderbar, daß er sich nicht zuerst an Sie gewandt hat.« Wieder hob Godschale die Augenbrauen. »Ein guter Mann?«
»Ein guter Kommandant und ein verläßlicher Freund.« Was war los mit Keen? Warum diese ungewöhnliche Zurückhaltung?
»Nun ja. In diesen harten Zeiten sind erfahrene Kapitäne rar.« Godschale runzelte die Stirn. »Ich sehe also Ihrer schnellen Entscheidung entgegen. Es gibt natürlich viele Kommandanten, die sich darum reißen, die
Black Prince
unter Ihrer Flagge zu segeln.«
»Bitte geben Sie mir Gelegenheit, der Sache nachzugehen, Mylord.«
Godschale strahlte ihn an. »Natürlich. Dafür hat man doch seine Freunde!«
Bolitho bemerkte seinen schnellen Blick auf die Uhr. Vier Cherubim mit aufgeblähten Backen stellten darauf die vier Winde dar. Er erhob sich. »Sie finden mich in London, Mylord. Ihr Sekretär hat meine Adresse.«
»Ja, richtig. Lord Brownes Stadthaus, nicht wahr?« Sein Lächeln verblaßte. »Er
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