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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hatte einen Mann unter sich begraben. Seine Haut rauchte noch unter dem glühend heißen Lauf. Andere Tote waren zur Seite gezerrt worden, um Platz für die Pulverjungen zu machen, die von Kanone zu Kanone hetzen und ihre Kartuschen fallen ließen, ohne nach links und rechts zu sehen. Zwei Körper, die fliegende Metallsplitter so zugerichtet hatten, daß nichts an ihnen mehr an einen Menschen erinnerte, wurden über die Netze gehoben und ins Wasser geworfen. Ihre Bestattung war ebenso brutal wie der Tod im Gefecht. Im Teleskop beobachtete Bolitho die andere Fregatte. Sie war bestimmt so oft getroffen worden wie die
Truculent,
aber sie schoß immer noch. Bolitho spürte die Einschläge unter sich im Rumpf. Dazwischen hörte er das Arbeiten der Pumpen. Wenn Poland noch lebte, hätte er jetzt sicher einem seiner Offiziere befohlen, für noch schnelleres Lenzen zu sorgen.
    Auf dem Achterdeck seines Gegners entdeckte Bolitho im Glas den französischen Kommandanten, der ihn selber mit dem Teleskop beobachtete. Er bewegte das Glas und sah drüben am Ruder Tote und Sterbende. Williams Breitseiten hatten also fürchterliche Ernte gehalten. Doch die
Truculent
mußte weiterfeuern, die Fregatte manövrier- oder kampfunfähig machen, damit sie nicht selber zusammengeschossen wurde.
    Er senkte das Glas und rief Williams zu: »Zielen Sie hinter ihren Großmast! Feuern in der Aufwärtsbewegung!«
    Einschläge übertönten seine Worte, aber ein Unteroffizier hatte sie verstanden und rannte mit dem Befehl nach vorn. Mit gefletschten Zähnen grüßte Williams bestätigend. Rechnete er damit, das Kommando zu übernehmen? Hatte er Furcht vor dem Tod? Bolitho wußte wenig von diesem Mann da vorn im feindlichen Feuer.
    Stücke des Schanzkleids surrten durch die Luft und wirbelten angesengte, aufgeschlitzte Hängematten wie kopflose Körper übers Deck. Metall schlug gegen eine Kanone, Männer daran brachen zusammen und wanden sich zuckend in ihrem eigenen Blut. Der junge Midshipman neben Williams wurde mit weggerissenem Gesicht beiseitegeschleudert.
    Bolitho dachte an die Grabsteine auf dem Friedhof von Falmouth. Für den jungen Midshipman würde man sicher auch einen errichten, wenn die Nachricht von seinem Tod in England eintraf: gefallen für König und Vaterland. Wie würden es seine Angehörigen aufnehmen?
    »In der Aufwärtsbewegung!« Die Kanonen brüllten, Bolitho wurde fast von den Füßen geschleudert. Spieren regneten aus dem Kreuzmast des Franzosen, ein weiteres Marssegel flog in Fetzen davon. Aber seine Flagge wehte noch, der Kampf ging weiter.
    »Sie kommt näher, Sir Richard!« schrie Leutnant Munro. Bolitho nickte und zuckte zusammen, als eine Kugel einen Seesoldaten in zwei Teile riß. Er hatte den Niedergang bewacht, der unter Deck führte. Midshipman Fellowes stopfte sich die Faust in den Mund, um nicht zu erbrechen oder nicht zu schreien – beides wäre verständlich gewesen.
    Munro senkte sein Glas. »Die andere Fregatte treibt, aber sie kappen die Trümmer.«
    »Ja. Wir müssen die hier erledigen, ehe sie wieder in den Kampf eingreifen kann.«
    Es krachte laut hinter ihnen. Splitter heulten durch die Luft und schlugen ins Holz. Etwas traf Bolithos linke Epaulette und riß sie fort. Sie fiel an Deck wie ein verächtlich weggeworfenes Taschentuch. Nur einen Fuß tiefer, und der Eisensplitter hätte sein Herz durchschlagen. Er streckte stützend die Arme aus, als Munro gegen die Reling sank, eine Hand unter der Jacke. Helles Blut strömte darunter auf seine weiße Weste und seine weißen Breeches. Allday fing Munro auf und legte ihn sanft auf das Deck.
    »Laß den Arzt kommen!« befahl Bolitho.
    Der Leutnant starrte mit weitgeöffneten Augen in den leeren blauen Himmel, als begreife er nicht, was geschah.
    »Nein, Sir, bitte nicht.« Er keuchte, als der Schmerz kam, Blut lief ihm aus einem Mundwinkel. »Ich will in Ruhe sterben.«
    Allday stand auf und sagte heiser: »Keine Chance, Sir Richard. Glatt durchschossen!«
    Jemand rief um Hilfe, ein anderer schrie auf vor Schmerz, als wieder Kugeln in den Rumpf schlugen. Bolitho fühlte sich wie gelähmt. Das alles war wie damals auf der
Hyperion.
Wie damals hielt er die Hand eines Sterbenden, der erstickt stammelte: »Warum ich?«
    »Ich bin ja da, Mr. Munro«, sagte Bolitho. »Gleich geht es Ihnen besser.«
    Munros Augen wurden groß, dann wich alles Verstehen aus ihnen.
    Hull, der Master, der mit Wind und Ruder sein eigenes Gefecht geführt hatte, rief: »Korvette nimmt

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