Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
die Ärmel noch weiter hoch und wusch seine knochigen Hände in einer Schüssel heißen Wassers, die ein Diener in das hohe, kühle Zimmer gebracht hatte. Er lächelte dabei. Bolitho lehnte sich im Sessel zurück und entspannte sich langsam. Der Himmel trug schon die Rottöne des nahenden Abends, obwohl es erst drei Uhr nachmittags war. Immer wieder prasselte Regen gegen die Fenster, und von der Straße drang das Klappern der Hufe und Knarren der Räder herauf.
Bolitho hob die Hand an sein verletztes Auge. Es fühlte sich wund und entzündet an nach der gründlichen Untersuchung durch Blachford. Er hatte auch eine Flüssigkeit benutzt, die erbarmungslos brannte.
Blachford sah ihn streng an. »Bitte nicht reiben! Noch nicht!« Er trocknete seine Hände an einem weißen Handtuch ab und winkte den Diener herbei. »Kaffee für Sie?«
Bolitho verneinte. Unten wartete Catherine und machte sich Sorgen. »Ich muß leider gehen. Aber sagen Sie mir jetzt, was Sie herausgefunden haben.«
Blachford schüttelte den Kopf. »Sie sind immer noch derselbe ungeduldige Mann wie damals auf der
Hyperion.
Erinnern Sie sich? Damals hat es noch Hoffnung gegeben.«
Bolitho hielt Blachfords Blick stand. Dieser dürre Mann mit dem grauen Stoppelhaar war auf der
Hyperion
bis zum Ende dabeigewesen und hatte viele Leben gerettet. Damals wie heute erinnerte er Bolitho an einen Reiher, der am Flußufer geduldig wartete, bis er zupacken konnte.
Catherine war sofort zu Blachford gefahren, noch während Bolitho in der Admiralität Bericht erstattete. Trotz seiner vielen Verpflichtungen und Operationen hatte sich Sir Piers Zeit genommen für den Admiral. Bei der Untersuchung half ihm ein kleiner energischer Arzt, der mit kehligem Akzent sprach. Bolitho glaubte in ihm, der sich Rudolf Braks nannte, einen Deutschen oder geflohenen Holländer zu erkennen. Beide Ärzte hatten Nelsons Augenverletzung sehr genau gekannt und einiges darüber veröffentlicht.
Blachford lehnte sich zurück. »Ich möchte mich zuerst mit meinem berühmten Kollegen beraten«, sagte er. »Ihr Auge ist eher sein Gebiet als meins. Wir müssen Sie sicher noch einmal untersuchen, Sir Richard. Sie sind doch hoffentlich noch eine Zeitlang in London?«
Bolitho dachte an Falmouth. Der Winter kam näher, er mußte dorthin zurück. Er hatte zwar damit gerechnet, auf der
Truculent
zu fallen, aber jetzt rief ihn Cornwall.
»Ich wollte eigentlich nach Hause, Sir Piers.«
Ein kurzes Lächeln. »Also haben wir nur noch ein paar Tage. Wie ich höre, bekommen Sie ein neues Flaggschiff?« Er verriet nicht, woher er das wußte. Bolitho erinnerte sich an Admiral Godschales scheinheiliges Mitgefühl. Dabei hatte er wahrscheinlich schon einen Ersatz parat gehabt, falls Bolitho nicht zurückgekehrt wäre. Hatte Godschale mit Blachford gesprochen?
»Ein paar Tage bin ich noch hier, Sir Piers. Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Und vor allem für Ihre Freundlichkeit Lady Catherine gegenüber.«
Blachford erhob sich. »Selbst wenn ich aus Stein wäre, was ja manche behaupten, hätte ich ihrem Wunsch nachgeben müssen.
Eine Frau wie sie trifft man nur selten.« Er streckte ihm seine knochige Rechte entgegen. »Ich melde mich wieder.«
Bolitho verließ den Raum und stieg die große Freitreppe hinunter. Unten öffnete ihm ein Diener die Tür zum Wartezimmer. Catherines dunkle Augen waren voller Fragen. Er küßte sie und drückte sie an sich. »Es ist kein schlimmes Urteil«, beruhigte er sie.
Sie suchte in seinem Gesicht nach einem verborgenen Sinn und fand keinen.
Bolitho sah nach draußen in den Regen. »Wollen wir den Kutscher nicht nach Hause schicken und zu Fuß gehen? So weit ist es gar nicht.«
Als sie dann unter seinem weiten Mantel über das nasse Pflaster schlenderten und sich weder von Kutschen noch einem Trupp Kavallerie stören ließen, erzählte sie, daß sie die
Naval Gazette
gelesen hatte. »Kein Wort über Charles Inskip oder dich!«
Er hatte ihr von dem Gefecht berichtet und von
Anemones
rechtzeitigem Auftauchen, das sie alle gerettet hatte, und von Varians schändlichem Verschwinden. »Der Mann wird mir dafür hängen!« hatte er gedroht.
Jetzt erzählte er ihr mehr. »Weder Sir Charles noch ich waren offiziell an Bord. Das wird man vielleicht nicht glauben, aber es verbreitet doch Unsicherheit. Und vor allem – die Franzosen können unseren Besuch nicht gegen die Dänen verwenden.«
»In dem Bericht heißt es, Poland habe die beiden Fregatten bekämpft, bis dein Neffe
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