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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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nichts daran auszusetzen. Seine Offiziere und Decksoffiziere hatten wie er bis zum letzten Tag geschuftet. Es hatte immer wieder Stunden gegeben, in denen er glaubte, die Arbeit würde nie enden. Der Rumpf war voller Zimmerleute und Tischler gewesen, an Deck arbeiteten die Segelmacher, überall sah man Maler; zwischen ihnen turnten die Midshipmen herum, gescheucht von Cazalet, dem Ersten Offizier. Von ihm wußte Keen wenig, nur daß er schon Erfahrung auf einem anderen Dreidecker gesammelt hatte. Er schien niemals zu ermüden und fand für jedes Problem eine Lösung. Tag für Tag hatte Keen ihn bewundernd beobachtet, wie er über die Berge von Tauwerk stieg, an den Ankern vorbei und zwischen all der Ausrüstung hindurch, die ununterbrochen auf dem Schiff abgeliefert wurde. Nichts mehr war davon zu sehen, das Tauwerk war längst da, wo es hingehörte, zu Fußpferden, Brassen, Taljen, Webleinen und Schoten verarbeitet. Das stehende Gut glänzte frisch geteert wie schwarzes Glas.
    Auf dem Vorschiff standen die Seesoldaten in einem roten Quadrat, auf dem Achterdeck in einer Linie. Die Offiziere in ihren blau-weißen Uniformen waren nach Dienstalter angetreten, und hinter ihnen warteten die Midshipmen neben den Decksoffizieren. Einige der jungen Herren sahen in diesem Schiff sicherlich die Chance ihres Lebens. Andere, vor allem die kleinen, die wohl besser bei ihren Müttern geblieben wären, blickten bedrückt um sich. Zwölf Meilen stehendes und laufendes Gut mußten sie nicht nur benennen, sondern nachts im Dunkeln, bei Regen oder in einem heulenden Sturm auch sicher erklettern und bedienen können.
    Und schließlich die Seeleute: Erfahrene und Anfänger, Gepreßte und Vagabunden. Sie wußten, daß ihr Leben in Keens Händen lag, daß sein Können im Gefecht über Sieg oder Untergang des Schiffes entschied. Er räusperte sich und hob die Pergamentrolle mit der runden, erhabenen Schrift und dem Siegel der Admiralität. Ihm war, als lese die Worte jemand anderer: »… Und nach Prüfung werden Sie an Bord gehen und als ihr Kapitän das Kommando übernehmen …«
    Hinter ihm räusperte sich eine Dame. Er erinnerte sich, wie neugierig sie alle Bolitho beobachtet hatten und wie enttäuscht sie schienen, weil er ohne Catherine gekommen war. Also nichts, über das man zu Hause tratschen konnte. Keen hatte noch keine Gelegenheit gefunden, Bolitho nach Catherine zu fragen. »… Alle Offiziere und Mannschaften auf diesem Schiff werden Ihnen gehorchen und folgen, wenn Seine Britannische Majestät König Georg entschieden hat, das Schiff
Black Prince
in seine Dienste zu nehmen …«
    Mit einem kurzen Blick über die Rolle sah Keen seinen Bootsteurer Tojohns neben dem vierschrötigen Allday stehen. Ihre vertrauten Gesichter gaben ihm Kraft und Zuversicht, und er fuhr fort: »… Weder Sie noch einer aus Ihrem Schiff wird anderes tun, als ihm die Kriegsartikel vorschreiben. Gott schütze den König!«
    Es war geschafft. Keen setzte seinen Hut wieder auf und verstaute die Rolle in seinem Rock. Der Erste Offizier trat vor und rief: »Drei Hurras auf Seine Majestät!« Etwas lauter hätten die Hochrufe ausfallen können, fand Keen, doch als er sich umdrehte, lächelte der Hafenadmiral. Man beglückwünschte einander, schüttelte Hände und war zufrieden – mit dem Schiff und mit dem Profit.
    »Lassen Sie die Besatzung wegtreten, Mr. Cazalet, und kommen Sie dann bitte in meine Kajüte!«
    Cazalet hob eine Augenbraue. Es war doch wohl an der Zeit, die Gäste zu bewirten. Einige sahen aus, als würde man sie nur schwer wieder loswerden.
    Jenour grüßte mit der Hand am Hut. »Verzeihung, Sir. Sir Richard geht jetzt von Bord.«
    »Schade. Ich hatte gehofft, er bleibt länger.« Keen sah Bolitho sich abseits von den Besuchern halten, die jetzt am glänzenden neuen Ruderrad vorbei auf das Achterdeck strömten.
    »Übermitteln Sie den Gästen meine Grüße, Val. Ich muß leider gehen. Catherine wollte nicht kommen und sich anstarren lassen.« Bolitho blieb ungerührt, als eine Dame ihn mit offenem Mund betrachtete, bis ihr Begleiter sie weiterschob. »Ich danke Ihnen, daß Sie sich um sie gekümmert haben, als ich auf See war. Und sie wird auch Zenoria finden, ganz bestimmt!«
    Keen hörte von achtern Gelächter, das Klappern von Tellern und das Klingen der Gläser. »Ich bringe Sie von Bord, Sir Richard.«
    Sie gingen zur Seitenpforte. Keen hatte die Posten verdoppeln lassen. Ihre Musketen trugen Bajonette, ihre gekreuzten Brustriemen

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