Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
funktionierendes Kriegsschiff zu machen, einen Baustein in den hölzernen Mauern, die England schützten, das war eine kräftezehrende, schier endlose Aufgabe.
Bolitho mußte auch Adam benachrichtigen, der die lecke
Truculent
mit seiner
Anemone
in den Hafen geschleppt, aber dort kaum Zeit zum Ankern gehabt hatte, so schnell wurde er wieder auf See gebraucht. Auch Adam war einer von Bolithos früheren Flaggleutnants. Mehr als andere wußte gerade er, wie sehr dieser Posten den Mann an den Admiral band.
Catherine sagte in seine Gedanken: »Mit Somervells Tod ändert sich für uns nichts, Liebster.« Bolitho nickte. Catherine war frei, aber er nicht. Belinda würde in eine Scheidung niemals einwilligen.
»Ich werde bei dir bleiben und dir helfen«, versprach er.
»Er hatte kaum Verwandte. Und die auch nur in Übersee.«
»Aber Freunde bei Hofe hatte er«, sagte Bolitho. Ihm fiel auf, daß sie ungern Somervells Namen nannte.
Sie nickte. »Allerdings war der König ungehalten über seine wilden Launen und seine Spielsucht. Er hat alles verspielt, was ich je besaß. Und nun werde ich erben, was von seinem Besitz noch übrig ist. Seltsam, nicht wahr?«
Nachmittags traf Jenour ein, außer Atem und schmutzbespritzt. Er hatte sechs Pferde auf dem Weg von Southampton nach London müde geritten, nachdem er dort von Lord Brownes Tod gehört hatte.
»Mein Platz ist jetzt wohl bei Ihnen«, sagte er zu Bolitho. »Ich weiß, wie sehr Sie ihn geschätzt haben.«
Catherine war in Yovells Begleitung zu Somervells Notar gegangen und hatte Bolitho nicht mitnehmen wollen. Sie war also wieder frei und vielleicht sogar finanziell unabhängig, wenn Somervell Besitztümer hatte. Ob da Falmouth bei seiner häufigen Abwesenheit wirklich ein Ersatz für das Leben war, das sie in London kannte – und sich vielleicht wieder wünschte? Und was blieb ihr, wenn er fiel? Vorsichtig berührte er sein linkes Auge.
»Was kann ich für Sie tun, Sir Richard?«
Bolitho hatte Jenour fast vergessen. »Wir brechen nach Chatham auf, zu unserem neuen Flaggschiff. Und dann müssen wir noch zur Kriegsgerichtsverhandlung gegen Kapitän Varian. Er hat uns im Stich gelassen, genau wie er damals Poland auf Jamaika im Stich ließ.«
Jenour nickte.
Die Tür öffnete sich, ein Bote brachte Nachricht von Dr. Rudolf Braks, dem Augenarzt, daß sich Bolitho am nächsten Morgen um zehn Uhr bei ihm einfinden solle. Es wirkte mehr wie ein Befehl als wie eine Einladung.
Für Jenour klang der Name Braks ausländisch. Woher kannte er ihn? Sein Vater hatte ihn einmal erwähnt – aber in welchem Zusammenhang?
Bolitho bedankte sich mit einem Trinkgeld. Als er Catherine kurz darauf zurückkehren hörte, bat er Jenour: »Erwähnen Sie Braks nicht gegenüber Lady Catherine. Sie hat genug Probleme, um die sie sich jetzt kümmern muß.«
Sie begrüßte Jenour herzlich und umarmte Bolitho. »War es schlimm?« fragte er.
Sie hob die Schultern. »Noch nicht. Der Bericht des Arztes ging an die Behörden, und da beide Duellanten gefallen sind, kann niemand angeklagt werden.« Als Jenour das Zimmer verlassen hatte, fuhr sie fort: »Ich weiß, was du jetzt befürchtest, Richard, und wenn ich dich nicht so sehr liebte, wäre ich verärgert. Du hast mich aufgenommen, als ich keinen Penny besaß, jetzt kann ich auch etwas für dich tun, Liebster.« Sie blickte ins Kaminfeuer. »Wir müssen bald aufbrechen. Ich werde dieses Haus vermissen, von dem die Welt so weit entfernt war.« Sie schaute aus dem Fenster; immer noch rann Regen über die Scheiben. »Aber hier ist es dunkel geworden.«
Der Tag von Somervells Trauerfeier endete schneller, als beide dachten. In dem großen Haus am Grosvenor Square gingen Leute ein und aus, die sie kaum kannten, Freunde des Toten und Neugierige, die einen Blick auf die Leiche und Catherine werfen wollten.
Der Arzt, der an Olivers Totenbett gestanden hatte, war ebenfalls zugegen und fragte die Witwe, ob sie den Toten noch einmal sehen wolle.
Catherine schüttelte den Kopf. »Ich habe gewiß manche Fehler, aber eine Heuchlerin bin ich nicht!«
Es gab nur einen bösen Zwischenfall, als der letzte Besucher des Tages gemeldet wurde: Oberst Collyear von der Königlichen Gardekavallerie. Er war ein großer, arroganter Soldat mit grausamem Mund. »So sehen wir uns also doch noch mal«, sagte er zu Lady Catherine. »Ich fände es grotesk, Ihnen mein Beileid auszusprechen. Doch der Anstand verlangt, daß ich Ihrem toten Gatten einen letzten Gruß
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