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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und Draht. Einige andere folgten seinem Beispiel. In der Gruppe Fallenbeseitigung wusste man nie, was man als Nächstes brauchte. Es war ein gefährliches, rattisches Leben.
    Die Stangen und Drähte klirrten, als Sonnenbraun vor den Gruppen auf und ab ging. Vor den jüngeren Ratten blieb er stehen. »Na schön, Gruppe Nummer drei, ihr seid für den Pinkeldienst eingeteilt«, sagte er. »Geht und trinkt möglichst viel Wasser.«
    »Och, immer müssen wir pinkeln«, klagte eine Ratte.
    Sonnenbraun sprang auf sie zu und beugte sich vor, bis sie zurückwich. »Weil ihr gute Pinkler seid, Junge! Deine Mutter hat dich dazu erzogen, ein guter Pinkler zu sein, also geh und mach, was dir leicht fällt! Nichts stößt Menschen so sehr ab, wie zu sehen, dass schon eine Ratte da gewesen ist, wenn ihr versteht, was ich meine. Und nagt auch ein wenig, wenn ihr Gelegenheit dazu bekommt. Und lauft quiekend unter den Dielen umher! Und denkt daran: Wohin ihr auch geht – wartet zuerst, bis die Fallenbeseitigung Entwarnung gegeben hat. Und jetzt, zum Wasser, aber dalli! Hopp! Hopp! Hopp! Eins zwei, eins zwei, eins zwei!«
    Die Gruppe sauste los.
    Sonnenbraun wandte sich an Gruppe Nummer zwei. Sie bestand aus einigen der älteren Ratten, struppig und mit alten Bissnarben. Einige von ihnen hatten nur noch einen Schwanzstummel oder gar keinen Schwanz. Anderen fehlte eine Pfote, ein Ohr oder ein Auge. Insgesamt waren es etwa zwanzig, aber die Einzelteile hätten nur für siebzehn vollständige Exemplare ausgereicht.
    Sie waren alt und deshalb schlau, denn nur eine schlaue, gerissene und argwöhnische Ratte wird alt. Als die Intelligenz kam, waren sie alle bereits erwachsen gewesen. Sie hatten recht starre Angewohnheiten, deshalb gefielen sie Gekochter Schinken. Sie zeichneten sich noch immer durch eine elementare Rattigkeit aus, eine rohe Schläue, mit der man sich aus Fallen befreien konnte, in die man durch zu aufgeregte Intelligenz geraten war. Sie dachten mit ihren Nasen, und man brauchte ihnen nicht zu sagen, wo sie pinkeln sollten.
    »Na schön, Leute, ihr wisst Bescheid«, sagte Sonnenbraun. »Ich möchte jede Menge Frechheiten sehen. Klaut Nahrung aus Katzennäpfen. Stibitzt Pasteten direkt unter den Nasen der Köche…«
    »… Gebisse aus dem Mund alter Männer…«, sagte eine kleine Ratte, die auf der Stelle zu tanzen schien. Ihre Füße bewegten sich in einem permanenten Stepptanz. Außerdem trug diese Ratte einen zerbeulten Strohhut, der ihr nicht vom Kopf fiel, weil sie die Ohren hindurchgebohrt hatte. Ihr Motto lautete: Um auf der Hut zu sein, braucht man einen Hut.
    »Das war Dusel, Sardinen. Ich wette, so etwas schaffst du nicht noch einmal«, sagte Sonnenbraun und grinste. »Und erzähl den Jungen nicht wieder davon, wie du in einer Badewanne geschwommen bist. Ja, ich weiß, dass es stimmt, aber ich möchte niemanden verlieren, weil dieser jemand nicht aus einer glatten Wanne klettern kann. Wie dem auch sei… Wenn ich innerhalb von zehn Minuten keine Frauen höre, die schreiend aus ihren Küchen fliehen, seid ihr nicht die Ratten, die ihr eigentlich sein solltet. Also? Was steht ihr noch herum? An die Arbeit! Und… Sardinen?«
    »Ja, Boss?«
»Übertreib’s diesmal nicht mit dem Stepptanz.«
»Ich habe eben diese tanzenden Füße, Boss!«
»Und musst du dauernd den dummen Hut tragen?«, fragte
    Sonnenbraun und grinste erneut.
    »Ja, Boss!« Sardinen gehörte zu den älteren Ratten, aber das merkte man kaum. Er tanzte und scherzte und ließ sich nie in Kämpfe verwickeln. Er hatte im Theater gelebt und einmal eine ganze Schachtel Fettschminke verspeist – sie schien ihm ins Blut geraten zu sein.
    »Und geh den Leuten von der Fallenbeseitigung nicht voraus!«, mahnte Sonnenbraun.
    Sardinen lächelte. »Ach, Boss, darf ich denn überhaupt keinen Spaß haben?« Er tanzte den anderen hinterher, den Löchern in der Wand entgegen.
    Sonnenbraun wandte sich an Gruppe Nummer eins. Es war die kleinste der drei Gruppen. Man musste eine besondere Ratte sein, um bei der Fallenbeseitigung lange zu überleben. Man musste langsam, geduldig und gründlich sein. Man brauchte ein gutes Gedächtnis und jede Menge Vorsicht. Man konnte zu einem Fallenbeseitiger werden, wenn man schnell, ungestüm und hastig war, aber man blieb es nicht lange.
    Sonnenbraun musterte die Ratten der Reihe nach und lächelte. Er war stolz auf sie. »In Ordnung, Leute, ihr kennt euch mit allem aus«, sagte er. »Ich brauche euch keinen langen Vortrag zu halten.

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