Maurice, der Kater
Mund.
»War das die Stimme von Maurice?«, fragte Malizia misstrauisch. »Ja«, bestätigte Keith. »Bitte entschuldige ihn, er frisst gerade jemanden.«
Maurice schluckte schnell. »Es ist nicht jemand !«, zischte er. »Eine Maus ist nur jemand, wenn sie sprechen kann. Sonst ist sie einfach nur Nahrung!«
»Es war ein geheimes Klopfen!«, sagte Malizia scharf. »Mit solchen Dingen kenne ich mich aus! Und ihr müsst auf das geheime Klopfen antworten!«
»Aber wenn jemand an die Tür klopft, nur so, aus lauter
Ausgelassenheit, und wenn wir dann zurückklopfen…«, sagte Maurice. »Was sollen die Leute hier oben vermuten? Vielleicht einen sehr schweren Käfer?«
Erstaunlicherweise schwieg Malizia einige Sekunden. »Guter Hinweis«, sagte sie dann. »Na schön. Ich rufe erst: ›Ich bin’s, Malizia‹, und dann gebe ich das geheime Klopfzeichen, und ihr könnt es erwidern, weil ihr wisst, dass ich es bin. In Ordnung?«
»Warum sagen wir nicht einfach ›Hallo, wir sind hier oben‹?«, fragte Keith unschuldig.
Malizia seufzte. »Hast du überhaupt keinen Sinn fürs Dramatische? Nun, mein Vater ist fort, um im Rathaus mit den anderen Stadträten zu sprechen. Er meint, das mit dem Geschirr war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt!«
»Das Geschirr?«, fragte Maurice. »Hast du ihm von Sardinen erzählt?«
»Ich musste sagen, dass mich eine große Ratte erschreckt hat, als sie versuchte, an der Anrichte emporzuklettern und zu entkommen«, erwiderte Malizia.
»Du hast gelogen?«
»Ich habe nur eine Geschichte erzählt«, sagte Malizia ruhig. »Noch dazu eine gute. Sie klang viel wahrer als die Wahrheit. Eine Stepp tanzende Ratte? Außerdem war mein Vater nicht sehr interessiert, denn heute gab es viele Klagen. Eure zahmen Ratten schaffen ziemliche Unruhe. Ihr könnt zufrieden sein.«
»Es sind nicht unsere Ratten«, sagte Keith. »Es sind ihre Ratten.« »Und sie arbeiten immer schnell«, fügte Maurice stolz hinzu. »Sie machen keinen Unsinn, wenn es darum geht, äh, Unsinn zu machen.«
»Eine Stadt, in die wir im letzten Monat kamen, begann schon am nächsten Tag, einen magischen Flötenspieler zu suchen«, sagte Keith. »Das war das Werk von Sardinen.«
»Mein Vater hat gewettert und dann nach Blunnich und Spottel schicken lassen«, meinte Malizia. »Das sind die beiden Rattenfänger! Und wisst ihr, was das bedeutet?«
Maurice und Keith wechselten einen Blick. »Tun wir so, als wüssten wir es nicht«, sagte die Katze.
»Es bedeutet, dass wir in ihren Schuppen einbrechen und das Rätsel der falschen Rattenschwänze lösen können!« Malizia bedachte Maurice mit einem kritischen Blick. »Natürlich sollten wir eigentlich vier Kinder und ein Hund sein, das ist die richtige Anzahl für ein Abenteuer, aber wir müssen es eben mit dem schaffen, was wir haben.«
»He, wir stehlen nur von Regierungen«, sagte Maurice.
»Äh, natürlich nur von Regierungen, die nicht die Väter von Leuten sind«, fügte Keith hinzu.
»Und?«, fragte Malizia und sah Keith seltsam an.
»Deshalb sind wir noch lange keine Verbrecher!«, sagte Maurice. »Ah, aber wenn wir Beweise haben, können wir sie dem Stadtrat zeigen,
und dann sind wir keine Kriminellen mehr, sondern Helden«, sagte Malizia mit müder Geduld. »Natürlich könnte es auch sein, dass Stadtrat, Wächter und Rattenfänger unter einer Decke stecken, deshalb sollten wir niemandem trauen. Lieber Himmel, habt ihr denn nie ein Buch gelesen? Es wird bald dunkel. Ich komme hierher und hole euch ab, und dann können wir das dicke Ding knacken.«
»Können wir das?«, fragte Keith.
»Ja, mit einer Haarnadel«, sagte Malizia. »Ich weiß, dass es möglich ist, denn ich habe hundertmal davon gelesen.«
»Was für ein dickes Ding meinst du?«, fragte Maurice.
»Ein dickes«, antwortete Malizia. »Das macht es natürlich einfacher.«
Sie drehte sich abrupt um und lief aus dem Stall.
»Maurice?«, fragte Keith.
»Ja?«, erwiderte die Katze.
»Was ist ein dickes Ding? Und wie knackt man es?«
»Keine Ahnung. Vielleicht meint sie ein Schloss.«
»Aber du hast gesagt…«
»Ja, aber ich habe nur versucht, sie reden zu lassen, um zu verhindern,
dass sie auf dumme Gedanken kommt«, sagte Maurice. »Sie hat sie nicht mehr alle, wenn du mich fragst. Sie ist wie… wie eine Schauspielerin. Du weißt schon. Wie jemand, der die ganze Zeit über eine Rolle spielt. Sie lebt überhaupt nicht in der wirklichen Welt. Für sie ist alles eine große Geschichte. In dieser
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