Max Perplex
schon lange, aber manchmal hätte ich ihm eine reinsemmeln können. Vielleicht glaubte er ja selber daran, daß er den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen konnte, ohne selbst einen Dachschaden davonzutragen. Aber er wurde seinen Opfern mit der Zeit immer ähnlicher. Andererseits, was bringt purer Charakter schon ein? Geräumige Wohnungen, Havannas und gutes Essen sind schon nicht zu verachten. Und was die Werte der guten alten Zeit betrifft, sag ich nur, if you come to San Francisco, geh nach Haight-Ashbury und schau dir an, wie die Späthippies in der Gosse liegen. Und außerdem war sowieso alles Projektion. Ich war kein bißchen besser als Knodt. Ich wußte genau, was ich tat, und ich wußte genau, daß es falsch war. Ein aufgeklärter Zeitgenosse der 90er Jahre.
7.
»Wie Knutschflecken sieht das gerade nicht aus«, stellte Alwine fachmännisch fest, als sie mich im Bett untersuchte, »und dann auch noch so viele.«
»Eine reine Männergeschichte«, sagte ich und berichtete aus dem Leben des international renommierten Investigators Max Reinartz.
»Und jetzt sag nicht auch noch wie Knodt, daß mir eine Tracht Prügel ganz gut tun würde.«
»Du bist wirklich ein begabter Detektiv, du kannst ja sogar Gedanken lesen.«
Alwine streichelte mich und drückte plötzlich auf einen der blauen Flecken. Ich stöhnte auf.
»Tut’s noch weh? Vielleicht solltest du lieber aufhören, Max, solange es noch nicht zu spät ist.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Jetzt erst recht nicht. Den Fall ziehe ich durch. Danach kann ich es mir immer noch mal überlegen.«
»Ich liebe faule Kompromisse«, sagte Alwine.
»Und was macht das Stück?« wechselte ich das Thema, »kannst du schon mit dem Schwanz wedeln?«
»Ich glaube, du bist nicht nur ein Kindskopf, du bist auch noch eifersüchtig.«
»Eifersüchtig auf wen? Auf diesen Herrn Schwetzer? Das darf ja wohl nicht wahr sein. Ich will nur nicht, daß du dir mit einem schlechten Stück die Karriere vermasselst.«
»Ein Stück, das du noch nicht mal gelesen hast.«
»Ein Stück von einem Schwätzer, der aussieht wie Norbert Blüm.«
»Du bist eifersüchtig, gib’s doch zu.« Alwine küßte mich auf die Stirn. »Ich mag eifersüchtige Männer.«
»Und ich mag blonde kurzsichtige Frauen. Aber du mußt mir eins versprechen: Wenn du dich mal in einen anderen verknallst, dann muß ich Verständnis dafür haben können.« Alwine sah mich fragend an.
»Ich meine, du mußt mir versprechen, daß es einer ist, der besser ist als ich. Wenn du mir das versprichst, bin ich beruhigt und niemals eifersüchtig, denn einen besseren als mich gibt es ja nicht, wie wir beide wissen.«
Über den Quatsch mußte ich selbst lachen. Alwine lachte mit. Dann bat sie um einen erneuten Qualitätsbeweis.
»Du mußt jetzt was machen, was noch kein Mann mit mir mitten in der Nacht tun durfte.«
Ich reagierte mit einer Erektion.
Alwine schloß die Augen und fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. »Wir machen uns Bratkartoffeln mit Spiegeleiern.«
Der maximale Max ging wieder auf Minimalstellung. Bratkartoffeln also. Alwine verstand etwas von ganzheitlicher Erotik. Wir gingen in die Küche. Was heißt schon Eifersucht? Ich wollte sie eben nicht verlieren. Alwine war mein stärkster Halt im Leben, also meine schwächste Stelle.
8.
Am Samstagmorgen um neun fuhr ich auf gut Glück in die Virchowstraße. Anna Ziegler wohnte in einem relativ geschmacksneutralen Einfamilienhaus aus den fünfziger Jahren. Gegen zehn Uhr fuhr ein Taxi vor, und Anna Ziegler kam aus dem Haus und stieg ein. Ziemlich attraktiv. In einem Pelzmantel, der gut zwanzigtausend wert sein mußte. Das Taxi hielt vor der Boutique Maison G in der Innenstadt. Anna Ziegler ging rein, und ich suchte mir in Ruhe einen Parkplatz. Sie würde den Laden so schnell wohl nicht verlassen. Ich hatte leider recht mit dieser Vermutung. Ich mußte gut dreißig Minuten warten, bis sie wieder rauskam. Ohne Einkaufstüte und mit mißmutigem Gesicht. Madame hatte ein Problem: wohin mit dem Geld am Samstag? Ich folgte ihr über den Appellhofplatz, Breitestraße und Ehrenstraße und schloß mit mir selbst eine Wette darüber ab, wo wir landen würden. Ich gewann. Anna Ziegler bog in die Pfeilstraße ein. Hier war man sich in den Boutiquen zwar nicht unbedingt sicher, was guter Geschmack war, aber man wurde mit Sicherheit jede Menge Geld los. Sie ging aber in keine Boutique. Sie ging zum Schicki-Micki-Friseur Hajo Gerber. Durchs Fenster konnte ich sehen, wie
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