Max Perplex
kennengelernt.«
»Auf einer Party? Mir hat er erzählt, sein Analytiker hätte ihm empfohlen, sich an dich zu wenden.«
»Sein Shrink? Ja, ja, er war mit seinem Shrink auf der Party, richtig. Wir kamen ins Gespräch und haben uns dann später noch mal getroffen. Als er sagte, daß er aus Köln kommt, habe ich natürlich gleich an dich und deinen neuen Job gedacht. Aber der Typ ist fertig. Gib ihm das Gefühl, daß du etwas für ihn getan hast, und schreib ihm ’ne dicke Rechnung. Mehr kannst du nicht tun.«
»Warum kann ich nicht mehr tun?«
»Zu gefährlich, Max.«
»Du weißt genau, daß du mir so was nicht sagen darfst.«
»Come on, mir brauchst du nichts zu beweisen. Ich weiß, daß du gut bist, o. k.? Take it easy.«
»Ich krieg die Kerle, Sal.«
»Komm lieber rüber und sieh dir >Traviata< an.«
»Wir sehen uns im November beim New York Marathon, und dann bringe ich dir die Skalps von diesen Ärschen mit.«
»Happy trails«, wünschte mir Sal, dann kam noch mal ein großes Gelächter, und dann knackte es in der Leitung. Mir durfte niemand sagen, daß ich irgendwas nicht schaffen konnte. Sal wußte das genau. Und ich hätte wissen müssen, daß er das wußte. Aber ich wußte nichts Besseres, als mich in meinem Ehrgeiz herausgefordert zu fühlen.
Nach diesem Gespräch war es für mich klar, daß ich die Kidnapper finden würde. »Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einfachen Schritt«, sagte der Altmeister Laotse. Ich mußte mir darüber klar werden, worin dieser erste Schritt bestand. Das hilflose Mickymäuschen Yvonne schied aus. Die hatte genug mit ihren Neurosen zu kämpfen. Vielleicht war der erste Schritt ein Tritt in den Arsch von Breyvogel? Vielleicht konnte ich mit viel Lärm und Geräusch irgend etwas in Bewegung setzen, den alten Fuchs Breyvogel aus seinem Bau jagen. Vielleicht sollte ich Eberhard Holder ordentlich auf die Füße treten. Wahrscheinlich war er die schwächste Stelle. Und außerdem mißgönnte ich ihm, daß er jetzt die scharfe Anna Ziegler vögelte, während ich einsam vor mich hin grübelte. Eberhard Holder war dran. Er war der Typ, den man leicht unter Druck setzen konnte.
Ich schob eine Pavarotti-CD mit zuckersüßen neapolitanischen Kitschliedern in die Anlage, kochte eine große Portion Spaghetti, gab darüber in Olivenöl braun gebratenen Knoblauch mit Petersilie und schaufelte alles mit Hilfe einer Flasche Soave in mich hinein. Dann setzte ich mich vollgefressen vor die Glotze und sah mir zwei Videofilme an, die meinen finsteren Zukunftsplänen entsprachen: >Dirty Harry< und >Taxidriver<. Zwischendurch stopfte ich noch eine Käseplatte nach, die von einer weiteren Flasche Soave begleitet wurde. Gegen ein Uhr legte ich mich als satter, müder, aber hochmotivierter und extrem gefährlicher Mann ins Bett und schlief sofort ein.
9.
Am Sonntagmittag wurde ich vom Klingeln des Telefons geweckt.
»Hallo, Maxischatzi. Ich hab’s bestimmt zwanzigmal klingeln lassen.«
»Wahrscheinlich hatte ich gerade einen hocherotischen Traum von dir. Wer will sich da wecken lassen?«
»Kommst du zum Frühstück?«
»Schon unterwegs.«
Ich besorgte in Heidis Topkiosk an der Ecke eine gutgekühlte Flasche Champagner und fuhr mit einem Taxi ins Martinsviertel, in dem Alwine ein Appartement mit Blick auf die Martinskirche bewohnte. Am besten konnte man sie von Alwines Bett aus betrachten, aber diesmal sah ich nur sehr wenig davon. Wir hatten etwas nachzuholen und vielleicht auch vorzuholen. Irgendwann schliefen wir ein und wachten im Halbdunkel wieder auf.
»Verdammt«, sagte Alwine, »es ist schon viel zu spät. Ich müßte längst weg sein. Die warten auf mich.«
Sie gab mir einen Kuß, zog sich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit an, und dann knallte auch schon die Tür hinter ihr zu.
Ich ging in die Küche und machte mir einen Kaffee. Auf dem kleinen Küchentisch lag ein schmales, gebundenes Manuskript mit der Aufschrift »Wuff«. Da war es also, das berühmte Theaterstück. Und auf der ersten Innenseite stand eine handschriftliche Widmung. »Für meine liebe Freundin Alwine.« Mein lieber Freund Daniel sollte bloß aufpassen. Ich brauchte keinen Kaffee mehr. Sizilianisches Blut kochte in meinen Adern.
Es war 18 Uhr. Was tun mit dem Sonntagabend? Ich ging zum Bahnhof, kaufte mir im Internationalen Zeitungsladen den >Sunday Independent< und beschloß, zu Fuß nach Hause zu gehen und dort in Ruhe zu lesen. Die Lektüre des >Sunday Independent< war für
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