Max Perplex
ich nickte freundlich.
»Noch eine Frage zwischendurch. Warum kommen Sie ausgerechnet zu mir?«
Glanzmann zog einen roten Zettel aus der Jackentasche. »Deshalb.«
Den Zettel hatte ich zusammen mit meinem Art-Director-Freund Sigi gestaltet, der auch für meine Visitenkarten und Ausweise verantwortlich war. Eine Hauswurfsendung, die für meine Dienste als Investigator warb. Wenn ich selbst schon so viele Werbesendungen bekam, warum sollte ich dann nicht auch mal die Leute belästigen?
»Und Ihre Frau«, fragte ich, »was macht Ihre Frau?«
»Sie ist Lifestyle-Consultant.«
»Wie meinen?«
»Lifestyle-Consultant. Sie berät ihre Klienten in Einrichtungs- und Kleidungsfragen, manchmal auch in Meinungsfragen.«
»Und das bringt Geld?«
»Und ob. Sie hat ihre Praxis im gleichen Haus wie ich. Wir vermitteln uns auch die Klienten gegenseitig.«
»Ist doch alles prima. Und wie kommen Sie darauf, daß Ihre Frau Sie betrügt? Haben Sie einen konkreten Verdacht?«
Er zögerte. Jetzt schien es ihm wirklich peinlich zu werden, aber das waren solche Fälle wohl immer.
»Nun, ich denke, Sie behandeln das alles hier mit Diskretion?«
»Aber sicher. Als Investigator bin ich meinen Klienten gegenüber völlig loyal. Das können Sie mit der ärztlichen Schweigepflicht vergleichen.«
Er zögerte noch ein bißchen, faßte dann Mut, und dann brach es geradezu aus ihm heraus.
»Meine Frau schläft schon seit Wochen nicht mehr mit mir. Sie sagt, ich sei ein Gehirntier und nur mental fixiert. Sie könne es nicht mehr ertragen, mit einem schlappen Intellektuellen zu schlafen.«
Mit der geballten sexuellen Kraft der Dschungelkatze schien es also etwas zu hapern.
»Das ist ein herber Vorwurf.«
»Und jetzt geht sie alle zwei Tage zum Bodybuilding, behauptet sie jedenfalls.«
»Und Sie glauben, sie hat was mit einem Muskelprotz angefangen oder was?«
»Ich weiß es nicht. Sie hat doch Geschmack. Ich nehme an, es ist nur eine Ausrede und sie fährt ganz woanders hin. Bitte kriegen Sie raus, was los ist.«
»Haben Sie ein Foto von Ihrer Frau?«
Er griff in seine Jacke und legte ein Foto auf meinen Tisch. Eine Brünette. Nicht unbedingt hübsch. Apart. Leicht arrogant, mit einem Hang zu heftigen Migräneanfällen.
»Hübsch, Ihre Frau.«
»Finden Sie raus, was Sie hinter meinem Rücken treibt.«
»Gesetzt den Fall, ich finde etwas heraus, was werden Sie dann tun? Wollen Sie sich scheiden lassen?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Und wann wird Ihre Frau voraussichtlich wieder zum, ähm, Bodybuilding fahren?«
»Sie fährt alle zwei Tage. Morgen abend wieder, nehme ich an.«
»Gut, dann kommen Sie doch am Mittwoch nachmittag vorbei. Sagen wir, 16 Uhr. Dann hab ich vielleicht was für Sie. Positiv oder negativ. O. k.?«
»O. k.« Er sah mich traurig an und schluckte.
»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist«, sagte ich, »es braucht Ihnen nicht peinlich zu sein.«
»Danke«, sagte Glanzmann, »dann bis übermorgen.«
Ein Mentaltrainer und eine Lifestyle-Consultantin. Wie hatte Tom Wolfe noch gesagt? Die siebziger Jahre waren die Dekade des Wertewandels, die achtziger Jahre die Dekade der Gier, und die neunziger Jahre würden das Zeitalter der Dummheit sein. Ich wußte zwar nicht viel über das Ehepaar Glanzmann, aber eins war sicher: Den Übergang von den 80ern in die 90er würden sie mit ihren Berufen problemlos meistern, ob gemeinsam oder getrennt.
12.
Als Holder gegen 19 Uhr in der Florastraße einlief und die Haustür aufschloß, drückte ich ihm fest mein kleines, schmales Diktiergerät in den Rücken.
»Dreh dich nicht um, du Drecksack«, diktierte ich, »geh rein und mach keinen Muckser.«
»Was wollen Sie von mir?« fragte er leise und ängstlich.
»Los, rein.«
Ich drückte ihn mit dem Diktiergerät vier Treppen hoch, bis wir endlich vor seiner Wohnungstür standen. »Los, aufschließen.«
Er öffnete die Tür. Ich stieß ihn mit aller Kraft in die Diele. Er knallte gegen eine Garderobe, ging zu Boden und stöhnte. Ich schloß die Tür hinter mir.
»Los, ins Wohnzimmer«, schnauzte ich.
»Was wollen Sie von mir?« fragte er noch mal, »wenn Sie Geld wollen, ich hab nicht viel Bargeld hier.«
Ich riß ihn hoch und gab ihm zwei schallende Ohrfeigen. Er schluchzte. No mercy.
»Los, ins Wohnzimmer, hab ich gesagt.«
Er führte mich in eines dieser typischen großen Altbauzimmer. Hohe Wände und Fenster, Parkettboden, weiße Rauhfaser, ein mit grobem Pinsel hingeklotzter Neuer Wilder, Birkenfeigen,
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