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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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und seine leeren Versprechungen fallenlassen mußte. Dann stieß ich ihn von mir, täuschte eine Linke gegen seinen Kopf an und legte mein ganzes Gewicht in eine gerade Rechte, die ihn voll im Magen traf. Er krümmte sich zusammen, und ich verpaßte ihm noch einen sauberen Schlag aufs rechte Ohr. Er taumelte weg, knallte gegen die Schlafzimmerwand und rutschte langsam an ihr herunter. Schattenboxen war mein bestes Mittel gegen meinen inneren Schweinehund. Er löste sich auf. Ich rannte los. Nach 90 Minuten und 18 Kilometern war ich wieder zurück. Mit bester Laune und einer guten Idee. Heute war Anna Ziegler dran. Und bei ihr würde ich es einfach mal mit der Wahrheit versuchen. Ich hätte keinen Grund dafür angeben können, aber ich spürte, daß ich damit durchkommen würde.
    Gegen 11 Uhr parkte ich den Volvo vor Anna Zieglers Haus in der Virchowstraße. Ich klingelte und mußte eine Weile warten, bis ich Schritte näher kommen hörte. Anna Ziegler öffnete die Tür. Sie trug einen Kimono und flache Hausschuhe. Trotzdem war sie ein Stückchen größer als ich. So aus der Nähe gefiel sie mir noch besser als am Samstag. Die Frau war scharf. Sie war zwar ein paar Jährchen älter als ich, aber die kleinen Falten in ihrem Gesicht sahen nicht gerade aus, als wären sie da von Langeweile und Enthaltsamkeit eingegraben worden. Da mußte bei Holder in der Florastraße ganz schön die Post abgegangen sein. Und dann diese Stimme. Wie diese Frau »Ja bitte?« fragen konnte.
    »Mein Name ist Max Reinartz«, sagte ich. »Ich bin Privatdetektiv.«
    »Privatdetektiv? «
    »Ich arbeite für Ihren Mann oder Ihren Ex-Mann, je nach dem, wie Sie es sehen wollen.«
    »Für meinen Mann?« Sie lachte. Das Lachen gefiel mir auch. Sie lachte laut und zeigte kräftige Zähne. Ein sinnlicher Raubtiermund.
    »Das gibbs doch garnich«, sagte sie leicht schlurrend, »das müssen Sie mir erssählen.«
    Das Schlurren gefiel mir weniger, und auch der leicht unsichere Gang von Anna Ziegler sorgte dafür, daß meine vormittägliche sexuelle Anspannung ein bißchen abklang. Ich ging ihr nach. Sie führte mich in ein Wohnzimmer, das mit Perserteppichen und Mahagonimöbeln vollgestopft war. Ich konnte verstehen, daß der asketische Ziegler ihr das Zeug gerne überlassen hatte. Anna Ziegler deutete auf ein riesiges Sofa, auf und vor dem Illustrierte lagen und neben dem ein zickiges Beistelltischchen herumlungerte. Auf dem Tischchen lag ein Brokatdeckchen. Und auf dem Deckchen stand Anna Zieglers Frühstück.
    Ein Fläschchen Champagner.
    »Mögen Sie auch ein Gläschen?« fragte sie.
    »Warum nicht. Gern.«
    Sie schlurfte zu einer Vitrine, holte ein zweites Glas und füllte es. So wie sie die Flasche dabei hielt, konnte nicht mehr sehr viel drin sein. Madame hatte ganz schön gepichelt.
    Sie drückte mir das Glas in die Hand, und dann drückte sie mich neben sich auf das Sofa.
    »Erssählen Sie.«
    Sie schlug die Beine übereinander und ließ mich davon profitieren, daß ihr Kimono ziemlich kurz war. Ich riß meine Augen los und erzählte.
    »Ihr Mann möchte, daß ich seine Entführer finde.«
    »Und deshalb kommen Sie ssu mir? Was hab ich mit der Entführung dess grosssen Bernhard Sssiegler ssu tun? Meinen Sie, ich hätte ihn entführt? Bernhard Sssiegler kann man überhaupt nich entführen, wissen Sie das? Kann man garniss.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Wie wollen Sie jemand entführen, der sich von sich selbss so entfernt hat, daß ihn keiner mehr wiedererkennt? Wie wollen Sie das?«
    »Ich dachte nur, daß Sie mir vielleicht einen Tip geben könnten.«
    »Ich kann Ihnen nur den Tip geben, für andere Leute als für Sssiegler ssu arbeidden.«
    »Sieht Ihre Tochter das auch so?«
    »Welche Tochter?«
    »Yvonne. Yvonne ist doch Ihre Tochter, oder?«
    »Sicher. Aber ich habe sswei Töchter.«
    »Wie bitte? Ihr Mann hat mir aber nur von einer erzählt.«
    »Der große Bernhard Sssiegler hat ja auch nur noch eine Tochter. Sylvia hat er verstoßen.«
    »Sylvia?«
    »Die jüngere. Sie ist vierundssswansig.«
    Langsam verstand ich überhaupt nichts mehr.
    »Wieso die jüngere? Wenn ich mich nicht irre, müßte Yvonne einundzwanzig sein. In meinen Unterlagen steht, daß sie 1968 geboren wurde.«
    »Yvonne ist achtundsswansig. Dass war dem großen Bernhard Sssiegler immer beinlisch. Ich war siebssehn, als sie geboren wurde.«
    »Sie sieht aber viel jünger aus.«
    Anna Ziegler lachte verbittert.
    »Neurose macht jung. Meine Tochter hat einen Knall.

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