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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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uns dann in breitestem Amerikanisch, daß er Hank heiße, der Lebensgefährte von Hanne sei, daß man schon auf uns warte und daß wir unser verdammtes Auto sofort woanders hinstellen müßten, weil sonst der verdammte Trinkwasserwagen nicht in die verdammte Einfahrt reinkommen würde. Dann brachte er uns über kleine Pfade und Steintreppchen runter zu unserem Haus. Fliesenboden, gekalkte Wände mit eingelassenen Nischen, ein offener Kamin, eine kleine Küche. Romantik hoch zwei. Alwine war hingerissen und zeigte das auch. Ich gab mich cool und beschloß, jetzt nicht den Verstand zu verlieren. Schließlich war ich aus beruflichen Gründen hier. Das war kein Honeymoon. Vom großen Balkon aus hatten wir den Blick auf Galilea unter uns und auf das Meer ganz weit vor uns. Irgendwo da hinten war Afrika. Und irgendwo da unten steckte Wachsmuth. Oder hatte gesteckt. Ich kramte das Polaroid raus und hielt es Hank vor die Nase. »Never saw these guys«, sagte er.
    Das fing ja gut an.
    Hank führte uns zur Señora, einer sonnengebräunten Lady in den Sechzigern. Sie trug einen Strohhut, eine riesige Sonnenbrille, verbeulte Gärtnerklamotten und redete mit Münchner Akzent auf ein paar Leute ein, die mit ihr an einem Tisch im Garten saßen. Wir wurden begrüßt und mit Räucherlachs und kaltem spanischen Sekt bewirtet und es wurde ein lärmend heiterer Nachmittag. Die Gäste hatten die Berufe, die Gäste solcher Etablissements immer haben. Am Tisch saßen eine Malerin, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit John Huston hatte, ein Grafiker mit Vollbart, ein Oberstudienrat mit Glatze, zwei Lehrerinnen mit Sonnenbrand, eine Psychologin mit Latzhose und ein belmondoartiger kleiner Gynäkologe. Wenn es ein Plansoll für Klischees gab, dann wurde es hier hundertprozentig erfüllt. Señora Hanne rauchte Kette und amüsierte sich königlich, indem sie kleine Dispute zwischen ihren Gästen provozierte. Nachdem Alwine kurz über ihre letzte Rolle in Savage Love von Sam Shepard gesprochen hatte, ging es richtig zur Sache. Der Oberstudienrat und der Gynäkologe einigten sich darüber, daß Shepard sprachlich zu wünschen übrig ließe, wurden dann aber von Hanne in die Diskussion gestürzt, wer denn nun der Ätzendere sei: Beckett oder Bernhard. Als die Herren kurz davor standen, sich geistig für bankrott zu erklären oder gar handgreiflich zu werden und der Gynäkologe gerade einen Satz beendet hatte, in dem es inhaltlich darum ging, daß Beckett nicht nur endzeitlicher als Bernhard sei, sondern daß er, der Gynäkologe, dem Oberstudienrat schließlich überhaupt die Adresse hier oben in den Bergen verraten habe und somit Dankbarkeit verdiene, beschloß ich, das Thema zu wechseln. Ich ließ schnell das Polaroid durch die Runde gehen und erklärte, worum es ging.
    »Den hab ich gesehen«, sagte die Psychologin aufgeregt, »den jüngeren da mit der Brille. Das ist doch der mit dem Huhn.«
    Der Arzt lachte. »Barbara will nämlich vor zwei Tagen gesehen haben, wie jemand in einem Haus in Puigpunyent ein Huhn geschlachtet hat.«
    »Wir waren unten in der >English Rose< essen«, sagte Barbara, »und auf dem Rückweg hab ich es gesehen. Es war schließlich stockfinster draußen, und das Zimmer war hell erleuchtet. Dieser Typ schnitt dem Huhn mit einem großen Messer die Kehle durch. Genau dieser Typ mit der Brille. Aber meine lieben Freunde meinten natürlich, ich wäre mal wieder blau gewesen.«
    Sie sah triumphierend in die Runde.
    »Bißchen ungewöhnlich«, sagte der Oberstudienrat, »soviel ich weiß, schlachtet man Hühner eher draußen auf dem Hof, als im Zimmer einer Pension.«
    »Der Mann ist tatsächlich ein bißchen ungewöhnlich«, sagte ich, »wo ist denn diese Pension?«
    Der Oberstudienrat beschrieb es mir. Weil er gerade keine Schiefertafel zur Verfügung hatte, dauerte die Beschreibung ziemlich lang.
    »Ach was«, unterbrach ihn Hanne zu meiner Erleichterung, »ich fahr einfach mit euch runter.«
    Und das war auch gut so, denn wir brauchten Hanne als Dolmetscherin. Hanne und die Matrone, der die Pension gehörte, schossen eine ganze Weile Salven dieses Maschinengewehrspanischs aufeinander ab, bis sie endlich zum Übersetzen kam. Wachsmuth hatte die Pension am letzten Freitag verlassen, nachdem er dringend darum gebeten worden war. In Puigpunyent waren in der letzten Zeit einige Hühner gestohlen worden, und die Matrone hatte beim Saubermachen in Wachsmuths Zimmer eine blutige Plastikplane und Hühnerfedern gefunden. Er hatte

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