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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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sind doch damals die Eltern von Erwin abjestürzt. Fliejen Sie rüber, Herr Reinartz, fliejen Sie rüber. Holen Sie den Erwin zurück! Ejal, watt et kostet. Ich mache mir solche Sorjen.«

    Das zweite Telefongespräch führte ich mit der Lufthansa. Ich buchte zwei Flüge nach Palma. Linienflüge. Max Reinartz, Detektiv auf internationalen Schauplätzen. Ejal, watt et kostet.

7.

    Meine Lebensphilosophie ist im Grunde sehr simpel. Hätte Laotse in Kalifornien gelebt, würde er es ungefähr so ausgedrückt haben: »Lebe jeden Tag so, daß die Beach Boys einen Song daraus machen könnten.« Das Problem war nur, daß meine Mitmenschen immer alles daransetzten, einen Trauermarsch daraus zu machen. Aber zusammen mit dem Flieger stieg auch meine gute Laune. Alwine und ich suchten schließlich das Weite. Unter uns lag dieses enge Land der Intercity-Zuschläge und Solidaritäts-Beiträge, der Ladenschlußzeiten und Dienstleistungs-Donnerstage, der weißen Socken und Lesehalbbrillen, der Seidenblousons und der ausgeklinkten Klappentexter, die Doris Dörrie mit Anton Cechov verglichen.
    Unser Flugkapitän gab Flughöhe und Außentemperaturen an. Draußen waren es minus 40 Grad, aber dem dicken Menschen, der neben mir den Fensterplatz okkupierte, liefen Schweißbäche über die Schweinebacken, während er sein Bordfrühstück massakrierte. Nachdem er fertig war, schaute er flehend auf unsere unberührten Tabletts.
    »Keinen Appetit?« fragte er und versetzte meinem Geruchssinn einen gnadenlosen Stoß mit einem Atemmix aus hausgemachter Leberwurst, Konservenobst und verätzter Magenschleimhaut.
    »Das einzig Geschmackvolle an diesem Zeug ist das Besteck von Wolf Karnagel«, sagte ich, »guter Designer.«
    »Ich meine, mögen Sie Ihr Frühstück nicht?«
    Jetzt reichte es mir. Ich beschloß, meiner Geliebten den Fensterplatz zu erkämpfen.
    »Was heißt hier Frühstück? Das ist kein Frühstück, das ist eine Lüge!«
    »Wieso eine Lüge, ich habe doch nur...«
    »Alles ist eine Lüge. Sehen Sie, heute morgen zum Beispiel habe ich im Badezimmer Radio gehört. Funkwerbung. Alles gelogen. Stellen Sie sich vor, da redete jemand vom Bundeswirtschaftsministerium über die Vorteile des Energiesparens. Aber der war gar nicht vom Bundeswirtschaftsministerium. Das war nämlich eindeutig die Stimme von Onkel Dittmayer. Valensina, Sie wissen schon.«
    Der Dicke sah mich verständnislos an.
    »Wenn ich die Stimme von Onkel Dittmayer höre, dann erkenne ich sie nämlich sofort, wissen Sie. Also war das eine Lüge, ein Komplott.«
    Der Dicke wuchtete sich mit der Behendigkeit aus dem Sessel, mit der mopsige Menschen manchmal überraschen können.
    »Regen Sie sich nicht auf«, sagte er, »ich glaube, ich muß mal eben raus.«
    Wir schnappten uns die Plastiktabletts, klappten die Tischchen vor uns hoch und machten dem Dicken Platz. Er zwängte sich an uns vorbei, wuselte nach vorn und tuschelte mit einer Stewardess. Die blickte uns prüfend an, zog dann den Vorhang zur ersten Klasse auf und gewährte dem Dicken Asyl.
    »Geschafft«, sagte ich und überließ Alwine den Fensterplatz.
    »Da sind schon die Alpen«, sagte sie.
    »Irgendwas nicht in Ordnung?« fragte die Stewardess.
    »Alles im grünen Bereich«, sagte ich, »der vollschlanke Herr muß uns wohl mit jemand von der PLO verwechselt haben.«

    Señor Siguel war ein sehr großer, sehr hagerer und sehr pockennarbiger Mensch. Er stand am Flughafenausgang und hielt ein Pappschild mit der Aufschrift »Max Reinars« hoch. Alwine, die ein paar Brocken Spanisch konnte, ließ sich noch mal kurz die von Knodt aufgemalte Reiseskizze bestätigen, und dann kachelten wir mit einem kleinen weißen Opel Corsa in die Berge. Wir verfuhren uns dreimal und brauchten doppelt so lange, wie Knodt eingeschätzt hatte. Aber Mallorca gefiel mir. Nachdem wir Palma hinter uns gelassen hatten, sahen wir keine einzige Betonburg mehr. Es war alles so schön und blühend und bergig und felsig und pittoresk, und der Himmel war so blau und die Sonne schien so intensiv, daß es kaum zu glauben war. In Galilea selbst verfuhren wir uns ein letztes Mal und dann waren wir endlich da. Nido de Cuervos, Rabennest, hieß die kleine an einen Hang geklebte Häusergruppe. Auf dem Parkplatz kam uns ein grauhaariger Mann entgegen. Er war braungebrannt und trug ein kariertes Hemd und eine blaue Arbeitshose. Der typische alte spanische Knacker.
    »Buenos Dias«, sagte Alwine.
    »Hi, how you doin’ honey!« schrie der Alte und erklärte

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