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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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den Skandal mit etlichen Peseten aus der Welt geschafft und war dann mit unbekanntem Ziel verschwunden.

    »Jetzt können wir es nur noch im Lebensmittelladen in Galilea und in der Bar Montana versuchen«, sagte Hanne, »wenn da keiner was weiß, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.«
    Vor dem kleinen Lebensmittelladen standen zehn alte Gasflaschen, die aussahen, als könnten sie jeden Moment in die Luft gehen und aus Galilea das Nirwana machen. »Commestibles Morey« hieß das Geschäft, und es versorgte den ganzen Ort mit dem Lebensnotwendigen. Und unter Lebensnotwendigem verstand man hier nicht nur Lebensmittel, sondern auch endloses Getratsche. Jedenfalls mußten wir eine halbe Stunde lang geduldig warten, bis zwei Opas mit Brot, Milch, Zigarren und den letzten News versorgt waren. Bei jedem einzelnen Stück verschwand der alte Tonto, der hier bediente, in ein Hinterzimmer und fragte seine bettlägerige Mutter nach dem Preis. Dann rechnete er alles mühsam zusammen, was noch mal eine Ewigkeit dauerte. Als die Sachen endlich in Plastiktüten verstaut waren, brach ein großes Palaver aus. Die Opas versuchten, einen Kredit durchzusetzen, und nachdem der Tonto mehrmals ins Hinterzimmer gelaufen war, hatte die Mami anscheinend ihren Segen gegeben, und er schrieb alles an.
    »Er hat es nicht leicht«, erklärte Hanne, »vor ein paar Tagen ist seine Ladenkasse kaputtgegangen, und jetzt muß er alles im Kopf rechnen.«
    Ich sah mir seinen Kopf und seine Augen etwas genauer an. Er hatte es wirklich nicht leicht.
    »Zeig ihm das Foto«, sagte Hanne, und dann knatterte sie los wie ein mexikanischer Fußballreporter. Der Tonto nickte begeistert und knatterte zurück.
    »Er sagt, der Typ sei in Galilea gewesen, und es hätte einen Riesenkrach in der Bar Montana gegeben.«
    »Hat er ein Huhn an der Theke geschlachtet?«
    »Nein. Er hat sich mit einem englischen Touristen angelegt. Letzten Freitag.«
    »An dem Tag, an dem er auch aus der Pension rausgeworfen wurde«, sagte Alwine.
    »Dann mal auf in die >Bar Montana<«, sagte ich.

    Die »Bar Montana« war gleich neben der Kirche und die Besitzerin war so ignorant wie der Vatikan. Es war die einzige Bar am Ort, und deshalb konnte sie es sich leisten, der absolute My-Way-Or-The-Highway-Typ zu sein. Als sie merkte, daß ich kein Wort spanisch konnte, wollte sie sich erst gar nicht mit mir abgeben. Aber Alwine wickelte sie mit ihrem Charme und ihrem Minimalspanisch sofort um den kleinen Finger. Wir bekamen sogar unaufgefordert eine Tasse Kaffee und wurden an ein wackeliges Resopaltischchen gebeten. Hanne stellte ihr ein paar Fragen, und dann legte sie los. Wenn sie sich einmal entschlossen hatte, mit einem zu reden, dann redete sie auch. Sie erzählte alles über die Inquisition, die Conquista und die Reconquista, den Spanischen Bürgerkrieg und obendrauf noch den kompletten Don Quijote. Jedenfalls kam es mir so vor. Aber selbst sie mußte irgendwann mal Luft holen, und die unbezahlbare Hanne hakte sofort ein und fing mit der Übersetzung an.
    »Er war also tatsächlich letzten Freitag da und hatte einen Streit mit einem englischen Schriftsteller, der hier mit einem dieser kleinen tragbaren Computer saß. Wachsmuth hat sich wohl zuerst ganz normal und friedlich mit ihm unterhalten, aber dann haben sie sich auf einmal gestritten, ziemlich lautstark, und dann hat Wachsmuth den Computer an die Wand geworfen.«
    »An die Wand geworfen? Warum das denn? Worüber haben sie sich denn gestritten?«
    »Keine Ahnung. Sie haben englisch gesprochen. Jedenfalls hat sich dein Mann dann wohl entschuldigt und dem Engländer drei Tausendmarkscheine als Entschädigung gegeben. Und der Señora hier einen Schein für die kaputte Wand. Sie hat mir auch erzählt, wie sie mit dem Tausendmarkschein runter nach Palma zu ihrer Bank gefahren ist und wen sie da alles getroffen hat, aber das wird dich wahrscheinlich nicht interessieren.«
    Die Señora nickte die ganze Zeit enthusiastisch. Ihr kleines Doppelkinn wackelte dabei leicht, und ihre schwarzen Augen leuchteten. Sie war um die fünfzig, und sie machte den Eindruck, in diesen fünfzig Jahren soviel mitgekriegt zu haben wie andere in vierhundert.
    »Sie weiß ja sicher auch, wo dieser Engländer wohnt, oder?«
    Hanne fragte, und die Antwort verstand sogar ich.
    La Rosa Inglesa. The English Rose. Das Restaurant in Puigpunyent, von dem die Schwerstakademiker erzählt hatten. Ich bedankte mich mit einem gekonnten Muchas Gracias und stand auf.
    »Ihr

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