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Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen

Titel: Maxwell 02 - Nur du kannst sie verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meinen wie… Rußland und so ‘n Zeug? Als sie den Zaren erschossen haben? Darüber hab ich mal was im Fernsehen gesehen.«
    »Oh,
das
weiß ich. Das war erst der
Anfang.
Aber was ist seit 1949 passiert? Ich nehme doch an, die Weltrevolution hat inzwischen stattgefunden, oder? Hier drinnen erzählt einem ja keiner was.«
    »Na ja… es gab eine Menge Revolutionen, glaube ich«, sagte Johnny. »Überall…«
    »Prächtig!«
    »Äh.« Johnny fiel ein, daß eine Menge von den Leuten, die in letzter Zeit Revolutionen machten, behaupteten, sie hätten die kommunistischen Tyrannen besiegt, aber William Stickers sah so begeistert aus, daß Johnny nicht wußte, wie er ihm das beibringen sollte. »Ich sag Ihnen was… können Sie eine Zeitung lesen, wenn ich Ihnen eine bringe?«
    »Natürlich. Aber es ist schwer, die Seiten umzublättern.«
    »Äh. Gibt es hier viele von Ihnen?«
    »Hah! Die meisten von denen interessiert das nicht. Sie wollen sich nicht anstrengen.«
    »Können Sie… wie soll ich sagen… rumlaufen? Sie könnten überall umsonst rein.«
    William Stickers schaute ein wenig unsicher drein.
    »Es ist schwer, weit zu gehen«, murmelte er. »Es ist eigentlich nicht erlaubt.«
    »Ich hab mal in einem Buch gelesen, daß Geister sich nicht viel bewegen können«, sagte Johnny.
    »Geist? Ich bin nur… tot.« Er fuchtelte mit einem transparenten Finger in der Luft herum. »Hah! Aber so kriegen die mich nicht«, sagte er schnippisch. »Nur, weil rauskommt, daß ich immer noch… hier bin, nachdem ich gestorben bin, heißt das noch lange nicht, daß ich diesen ganzen Unsinn
glaube,
weißt du. O nein. Ein ganz logischer, rationaler Gedanke, mein Junge. Und vergiß die Zeitung nicht.«
    William Stickers verblaßte Stück für Stück. Als letztes verschwand sein Finger, der immer noch seinen völligen Unglauben an ein Leben nach dem Tod in die Luft zeichnete.
    Johnny wartete noch ein Weilchen, aber sonst wollten offenbar keine Toten erscheinen.
    Er hatte irgendwie das Gefühl, beobachtet zu werden, aber das hatte nichts mit Blicken zu tun. Es war nicht richtig gruselig, aber ungemütlich. Man wagte es nicht, sich am Hintern zu kratzen oder in der Nase zu bohren.
    Zum ersten Mal nahm er den Friedhof
richtig
wahr. Er sah wirklich vernachlässigt aus.
    Dahinter lag der Kanal, der nicht mehr benutzt wurde, außer zum Müllabladen; alte Kinderwagen, ausrangierte Fernseher und aufgesprungene Sofas zierten seine Ufer wie Monster aus dem Müllzeitalter. Dann gab es noch das Krematorium und die dazugehörigen Gartenanlagen, die ganz in Ordnung waren, wenn man diese von Kieswegen umsäumten Gärten mochte, in denen überall Schilder stehen, die das Betreten des Rasens verbieten. An der vorderen Seite verlief die Cemetery Road, in der früher einmal Wohnhäuser gestanden hatten; jetzt war dort die Rückwand des Bonanza-Teppichbodenmarkts (Jetzt noch BILLIGER!). Es gab immer noch eine alte Telefonzelle, und einen Briefkasten, was den Eindruck vermittelte, daß hier einmal Leute zu Hause gewesen waren. Aber jetzt war es nur noch eine Straße, die dazu diente, vom Industriegebiet zur Umgehungsstraße zu kommen.
    An der vierten Seite war nichts außer einem Haufen alter Ziegel und einem langen Schornstein – dem einzigen Überrest der ehemaligen Gummistiefelfabrik von Blackbury (»Wenn Stiefel, dann Blackbury«, war einmal einer der berühmtesten und
blödesten
Werbesprüche der Welt gewesen).
    Johnny erinnerte sich vage an etwas, das in der Zeitung gestanden hatte. Die Leute hatten wegen irgendwas protestiert – aber das taten sie ja ständig. Es wurde dauernd über so viele Dinge berichtet, daß man kaum rausfinden konnte, was nun richtig war und was nicht.
    Er ging zu dem alten Fabrikgelände hinüber. Jetzt standen dort lauter Bulldozer, aber sie waren alle leer. Das Areal hatte einen Maschendrahtzaun, der an einigen Stellen aufgeschnitten worden war, obwohl überall Schilder vor Wachhunden warnten. Vielleicht waren ja die Wachhunde ausgebrochen.
    Und dann gab es noch ein großes Schild, auf dem das Bürogebäude zu sehen war, das an dieser Stelle gebaut werden sollte. Es war wunderschön. An der Vorderseite gab es Springbrunnen und ein paar schöne, alte Bäume. Davor standen ordentlich gekleidete Leute und redeten miteinander. Der Himmel darüber war strahlend blau, was für Blackbury ziemlich ungewöhnlich war; die meiste Zeit hatte der Himmel hier so eine häßliche, schmierige Farbe, als würde man in einer Tupperdose

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