MAYA LINDON: Und die Macht der Magie (German Edition)
flackernde Kerze hinweg. Er schien etwas aus meiner Reaktion ableiten zu wollen.
Seine Gesichtszüge sahen im Schein des Kerzenlichts verzerrt aus, fast unheimlich. „Überhaupt nicht, wenn, dann war es total ungewollt. Komm, lass uns was zu trinken aussuchen.“
Ich versuchte, das Thema zu wechseln.
„ Möchtest du nichts essen?“
„ Wir Frauen müssen auf unsere Figur acht“, scherzte ich. Auch wenn ich kurz davor war, zu verhungern, wollte ich auf keinen Fall etwas Essen. Ich wusste nicht, wie sich dieser Abend weiterentwickeln würde, und das angebliche Date bei einem Glas Wasser zu beenden, erschien mir leichter, als wenn eine riesen Pizza vor mir stünde.
„ Wenn du meinst“, antwortete Kevin. Er klang enttäuscht.
Er winkte den Kellner zu uns. Sofort eilte ein südländischer Typ an unseren Tisch.
Mit einem breiten Grinsen und den Händen auf dem Rücken schaute er uns abwechselnd an.
„ Haben die Herrschaften schon gewählt?“
„ Einen großen Latte macchiato, bitte“, antwortete ich.
Der Kellner blickte zu Kevin.
„ Ich nehm eine Cola.“
„ Sehr gerne. Zu Essen empfiehlt unser Chefkoch heute Tagliatelle alla Lorenzo. Ein herzhaftes Nudelgericht in Weißwein-Sahne-Soße mit frischen Kräutern auf gebratenem Lachs angerichtet. Dazu einen Pinot, trocken und vollmundig. Gerne bringe ich Ihnen auch noch die Speisekarte, wenn Sie es wünschen.“
Während Kevin sich die Tagesempfehlung geduldig anhörte, schaute ich permanent nervös aus dem Fenster, auf der Suche nach Ninas Volvo. Aber es sah so aus, als müsste ich den Plan, alleine umsetzten.
„ Vielen Dank. Die Dame hat heute keinen Appetit“, antwortet Kevin. Es hörte sich leicht vorwurfsvoll an.
„ Und für Sie?“
„ Auch nichts.“
Der Kellern nickte, sichtlich verärgert über unsere mickrige Bestellung, dann ging er davon.
Kevin wandte sich an mich.
„ Ich habe mich gefreut, als du mich heute früh angerufen hast. Ich dachte schon, du meldest dich gar nicht mehr.“
Ich legte die Getränkekarte beiseite und erwiderte seinen Blick.
„ Na ja, Nina ist am Montag wieder gekommen. Wir hatten uns eine Menge zu erzählen, sonst hätte ich mich bestimmt schon bei dir gemeldet“, log ich.
Ich wusste nicht, wie ich das Gespräch in die richtige Richtung lenken sollte. Die Fragen, die ich ihm stellen wollte, waren zwar klar, aber ich konnte doch nicht einfach drauflosreden. Der Kellner kam und brachte die Getränke. Wortlos stellte er sie auf unseren Tisch. Ich lächelte ihn an und nickte dankend.
Als er fort war, beugte sich Kevin leicht über den Tisch.
„ Also irgendetwas scheint dir auf der Seele zu brennen.“
Er fixierte mich mit schmalen Augen. Jetzt oder nie, irgendwann musste ich sowieso anfangen.
„ Wenn ich ehrlich bin, ja.“
Ich konzentrierte mich, denn Nina hatte mir immer wieder gesagt, ich solle auf jede Kleinigkeit achten.
„ Dann schieß mal los, vielleicht wirst du danach etwas lockerer.“
Mit verschränkten Armen lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück.
„ Ich hab da einige Fragen an dich, die mich schon länger beschäftigen.“
Stumm starrte er mich mit ausdrucksloser Miene an. Sein Schweigen verunsicherte mich, trotzdem fuhr ich fort.
„ Woher konntest du an deinem ersten Schultag eigentlich wissen, wem der Kugelschreiber gehört?“
Ich schaute ihm in die Augen, er jedoch machte keine Anstalten, zu antworten. Ich lehnte mich etwas nach vorne und blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an.
Er seufzte.
„ Ist das die einzige Frage oder eine von vielen?“
Ich überlegte kurz, bevor ich ihm antwortete.
„ Eine von vielen.“
„ Dann würde ich sagen, du stellst all deine Fragen. Anschließend werde ich versuchen, sie zu beantworten.“
Das war eigentlich nicht meine Absicht, aber warum nicht. Ich holte einmal tief Luft.
„ Na gut. Es gibt da einiges, was ich nicht verstehe. Die Sache mit dem Kugelschreiber ist eine davon. Meine plötzlich auftretenden Kopfschmerzen und Übelkeit immer, wenn einer von deiner Clique in meiner Nähe ist. Was ist vor dem Lions in der kleinen Seitengasse genau passiert? Außerdem habe ich oft das Gefühl, deine Augen funkeln ... also ich kann es nicht wirklich beschreiben, aber es ist seltsam.“
Ich machte eine kurze Pause. Ob dieses Date tatsächlich eine gute Idee war? Bisher konnte ich aus Kevins Verhalten noch nichts herauslesen. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass er jeden Moment aufstehen, mich für bekloppt erklären
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