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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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Bewußtsein verloren, und er hatte eine Zeitlang gedacht, sie werde nicht mehr erwachen.
    Und doch hatte die Frau irgendwie überlebt. Fieberanfälle hatten sie geschüttelt, und sie war immer mehr dahingesiecht, bis ihre Knochen wie Stöcke aus der Haut stachen. Doch sie starb nicht. Nach drei Wochen schließlich wurde sie das erstemal mit klarem Blick wach.
    Die Schnitte in ihrem Gesicht und die Blutergüsse um ihre Augen waren zu diesem Zeitpunkt schon verheilt; zwei Vorderzähne waren ausgeschlagen, doch wenn sie zu ihm hochlächelte, war sie schön in Karibus Augen.
    Vor allem ihre Augen; anders als die des Mammutvolkes, hatten die des Bisonvolkes nicht alle schwarze Augen. Die Tatsache, daß Maya ein blaues und ein grünes Augen hatte, war jedoch auch hier eigenartig, aber auf keinen Fall mit einem Fluch behaftet. Auch ansonsten rief ihre Augenfarbe wenig Beachtung hervor, außer vielleicht bei den Frauen, für die es klar war, daß Karibu sie sich vielleicht aufgrund dessen zur Frau genommen hatte. Doch selbst unter den Frauen verblaßte die Eifersucht zu Beginn des Winters, und als Maya wieder krank wurde, hustete und glänzende Speichelfäden hochwürgte, pflegten die Frauen sie, ohne zu murren.
    Wieder fürchtete Karibu, er werde sie verlieren, doch wie zuvor, verhinderte die innere Kraft der Frau ihren Tod. Die Fie ber- und Hustenanfälle hielten fast eine ganze Woche an, und weitere zwei Wochen war sie ermattet und apathisch, doch danach begann sie wieder zuzunehmen und Interesse an ihrer neuen Umgebung zu zeigen.
    Der erste Wintersturm war in der Nacht über das Flußlager hinweggefegt, und als das Volk am Morgen erwachte, war seine Welt weiß geworden.
    Sie hatten ihren Lagerplatz jedoch gut gewählt, und die Felsufer des Flusses schützten sie vor den schlimmsten Unbilden des Wetters. Die Jäger hatten großen Erfolg gehabt, und so waren die Vorratslager voller Trockenfleisch. Wenn sie Wasser brauchten, mußte sie nur eine Off"
    nung in die Eisdecke des Flusses schlagen; ein kleiner Hain ein bißchen stromaufwärts versorgte sie mit Brennholz. Alles in allem wollte es Karibu scheinen, daß der Geist der Lüfte es gut mit seinem Volk gemeint hatte.
    Und mit mir auch, dachte er plötzlich, als sein Blick auf die dünne, stille Frau fiel, die auf einem Baumstumpf von seinem Zelt saß und stumm eines seiner Felle ausbesserte.
    Maya war ihr Name. Soviel wußte er mittlerweile. In der langen Dunkelheit der kalten Zeit hatte er ihr mit viel Geduld die Sprache seines Volkes beigebracht. Sie hatte schnell gelernt, auch wenn ihre Zunge manchmal noch über einen ungewohnten Laut stolperte. Nichtsdestotrotz fiel ihr das Sprechen leicht, und es gab Zeiten, da Karibu ganz vergaß, daß sie keine aus seinem Volk war.
    Das Sprechen fällt ihr leicht, sinnierte er, während die ersten Strahlen des Frühlingssonnenscheins über ihr schwarzes Haar huschten und es hier und da rötlich aufschimmern ließen, wenn sie sich über ihre Handarbeit beugte. Aber sie spricht nicht viel. Er spürte eine Finsternis in ihrem Innern, vor deren Berührung er zurückschreckte. Sie behauptete, sich nicht mehr zu erinnern, wie sie in jener Nacht auf den Pfad gelangt war, und auch nicht daran, wie ihre Verletzungen entstanden waren.
    In der Tat behauptete Maya, nur noch sehr wenig über ihr eigenes Volk zu wissen. Gebrochene Faust hatte am Anfang viel Zeit darauf verwendet, sie über das Lager auszufragen, das Karibu entdeckt hatte. Doch Maya, die nur zögernd und schleppend geantwortet hatte, hatte sich nicht als besonders mitteilsam erwiesen. Das Volk war das Volk, dies schien ihre ganze Weisheit zu sein. Woher sie gekommen waren, wie viele von ihnen dort lebten, welche Geister über sie herrschten - all dies vermochte sie nicht zu berichten.
    Zuerst hatte Faust ihr nicht geglaubt, daß sie nichts wisse, doch Karibu hatte ihn beiseite genommen: »Weißt du noch, in welchem Zustand sie war, als ich sie hergebracht habe? Die Prellungen an ihrem Kopf, die Schnitte und blauen Flecken? Ich glaube, daß ein Geist ihr Gedächtnis gestohlen hat.«
    Faust hatte nachdenklich dreingeblickt und war zu dem Schluß gekommen, daß Karibu recht haben mochte. Solche Dinge waren schon zuvor geschehen. Er gab noch nicht völlig auf, doch seine Befragungen wurden weniger und die Abstände zwischen ihnen größer, und schließlich hörten sie ganz auf.
    Der Winter breitete seinen Eismantel über die Welt, doch im Lager des Bisonvolkes blieb das Leben

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