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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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der besonderen Gunst, die der Geist der Lüfte ihm hatte zuteil werden lassen.
    Er ließ seine Arm- und Rückenmuskeln spielen, bis er auch die letzte Schläfrigkeit aus ihnen vertrieben hatte. In seinem Zelt mischte sich das Aroma seltsamer Krauter mit einem süßlichen Duft - Stücke von fast eingetrocknetem Fleisch, die noch an den Opferwerkzeugen klebten, welche ihrerseits sorgfältig aus den Knochen anderer Opfer gemacht worden waren. Draußen vernahm er Karibus Stimme, tief und röhrend, und dann schallendes Gelächter. Der Geruch nach Essen wurde noch intensiver.
    Er rappelte sich auf, verließ das Zelt und trat blinzelnd in das helle Sonnenlicht draußen. Es war ein wundervoller Tag und schon recht warm.
    Ein paar einsame Wolken zogen langsam über den Himmel. Das grelle Sonnenlicht machte die Herdfeuer fast unsichtbar, ließ nur die geisterhaften Rauchkringel in der Luft darüber zurück.
    »Ho, Schamane!« donnerte Karibu. »Komm, geselle dich zu uns!« Er winkte Gebrochener Faust mit einem dicken Stück halbgaren Fleisches zu. »Alles ist bestens.«
    Nicht alles, fuhr es Gebrochener Faust durch den Kopf. Aber bald, bald schon. Nach dem Opfer.
    Der Gedanke ließ ihm noch mehr Wasser im Mund zusammenlaufen als das saftige Fett, das bald über sein kantiges Kinn lief.
    Nachdem er sich satt - mehr als satt, die straffen Muskeln seines Bauchs wölbten sich schmerzhaft - gegessen hatte, wandte Ratte sich an die anderen und begann zu sprechen. Seine Stimme war dünn, aber dennoch hielt jeder inne, wenn Ratte redete. »Schamane«, erklärte er, »Karibu möchte, daß ich auf die Jagd gehe. Was meint der Geist der Lüfte dazu?«
    Gebrochene Faust legte den Knochen ab, den er zwischen den Zähnen zermalmt hatte, um das Mark auszusaugen. Der Boden um ihn herum war mit Speiseresten übersät - Knorpelstückchen und Knochensplitter, über die eine Flut schwarzer, glänzender Insekten wogte. Rattes Stimme war angemessen respektvoll, doch Faust meinte einen Unterton spöttischen Gelächters ausmachen zu können. Doch andererseits, ein solcher Unterton war in allem, was Ratte sagte. Er war ein Zweifler. Manchmal dachte Faust, daß Ratte zuweilen selbst die Existenz des Geistes der Lüfte bezweifelte, aber das scherte ihn nicht. Er lächelte innerlich. Er war in der Lage, Zweifler zu beeinflussen. Es waren die Gläubigen, die beizeiten zum Problem wurden.
    Karibu beispielsweise glaubte. Doch eins der Dinge, die Schwarzes Karibu glaubte, war, daß der Geist der Lüfte ihn zum Führer des Bisonvolkes ausersehen hatte. In gewisser Hinsicht, überlegte Faust, entsprach das sogar der Wahrheit - doch nicht so, wie Karibu es sich dachte.
    Er gab Ratte keine direkte Antwort. Gebrochene Faust gab nie direkte Antworten, wenn er es vermeiden konnte. Statt dessen tönte er: »Ich habe letzte Nacht geträumt.«
    Sowohl Karibus als auch Rattes Aufmerksamkeit waren geweckt. Er konnte es daran erkennen, wie ihre schwarzen Augen ihn gebannt ansahen. Karibu leckte sich nervös die Lip pen.
    Gebrochene Faust hätte am liebsten laut losgelacht. So, so, Karibu, es gibt demnach Dinge, die du fürchtest, und meine Träume gehören dazu. Doch das wußte er bereits, und so fuhr er fort: »Der Geist der Lüfte hat uns reiche Gaben gewährt.« Faust vollführte eine schwungvolle, weitausgreifende Geste mit seiner verkrüppelten Hand.
    Karibu und Ratte nickten, doch der Ausdruck auf Karibus Gesicht wurde noch wachsamer. Gebrochene Faust lächelte vage. »Doch er verlangt ein Opfer für seine Güte.«
    Nun brannte die Furcht wie ein todbringendes Feuer in Karibus Augen.
    »Wir haben doch schon ein Opfer gebracht, Schamane.« Er fuhr sich erneut nervös mit der Zunge über die Lippen. »Die Leber, das Herz, das Hirn des Bisons...« Er verstummte, als Gebrochene Faust langsam den Kopf schüttelte.
    »Nicht genug«, erklärte der Schamane. »Der Geist der Lüfte ist hungrig.
    Aus diesem Grunde hat er dem Volk des Bisons all diese Gaben gewährt.
    Er will auch eine Gabe im Austausch.«
    Selbst Ratte schien jetzt erschüttert. Sie alle wußten nur zu genau, welche Art von großen Geschenken der Geist der Lüfte verlangte. Das letzte große Opfer lag nun beinahe schon zwei Winter zurück. Nun war, so schien es, ein weiteres fällig.
    Karibus Stimme klang belegt, er stotterte beinahe vor Angst. »Hat... der Geist der Lüfte preisgegeben, wen er als Gabe verlangt?«
    Gebrochene Faust wartete, genoß den Augenblick seiner großen Macht, dehnte ihn aus, so daß

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