Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Männer, vielleicht Dealer oder welche aus einer Gang, und ihr Opfer war eine Frau, die ich zuvor schon auf der Straße gesehen hatte, sehr verbraucht, krank. Ihr half ich auch nicht. Sie zerrten sie in eine Unterführung, johlten, lachten sie aus, während sie in geballtem und sinnlosem Zorn um sich schlug. Plötzlich sah sie mich. Unsere Blicke begegneten sich für einen endlosen, unvergesslichen Moment, und ich drehte mich um und rannte weg.
In diesen Monaten in Las Vegas schwamm ich im Geld und war doch nicht fähig, genug für ein Flugticket nach Kalifornien zurückzulegen. Meine Nini anzurufen, daran war nicht mehr zu denken. Aus meinem Sommerabenteuer war ein Albtraum geworden, und ich konnte sie unmöglich in die Machenschaften von Brandon Leeman hineinziehen.
Nach der Sauna ging ich im Bademantel in die Schwimmhalle, bestellte mir eine Limo, die ich mit einem Schuss Wodka aus dem Flachmann in meiner Tasche aufpeppte, und nahm zwei Beruhigungstabletten und noch eine dritte, von der ich nicht wusste, was es war; ich konsumierte so viele Pillen in allen erdenklichen Farben und Formen, ich konnte sie unmöglich auseinanderhalten. Ich suchte mir einen Liegestuhl möglichst weit entfernt von der Gruppe geistig behinderter Jugendlicher, die mit ihren Betreuern im Wasser herumplantschten. Unter anderen Umständen hätte ich eine Weile mit ihnen gespielt, ich sah sie oft hier, und sie waren die Einzigen, in deren Nähe ich mich wagte, weil sie Brandon Leemans Sicherheit nicht gefährdeten, aber heute hatte ich Kopfschmerzen und musste für mich sein.
Langsam machte sich die segensreiche Gelassenheit der Pillen in mir breit, da hörte ich über Lautsprecher den Namen Laura Barron. Das war noch nie passiert, und ich dachte erst, ich hätte mich verhört, doch dann kam ein zweiter Aufruf, ich erhob mich, ging zu einem der Haustelefone, rief die Rezeption an, und dort sagte man mir, jemand suche mich und es sei dringend. Barfuß und im Bademantel ging ich ins Foyer und sah dort Freddy aufgeregt herumtigern. Er war ein einziges Nervenbündel, nahm meine Hand und zog mich in eine Ecke, wo er mir mitteilte, Joe Martin und der Chinese hätten Brandon Leeman umgebracht.
»Sie haben ihn mit Kugeln durchsiebt, Laura!«
»Was redest du da!«
»Überall war Blut und Fetzen von Hirn … Du musst abhauen, die bringen dich auch um!«
»Mich? Wieso mich?«
»Das erkläre ich dir später, wir müssen hier weg, los, beeil dich.«
Ich rannte mich anziehen, raffte mein Geld zusammen und war gleich darauf wieder bei Freddy, der unter den argwöhnischen Blicken der Angestellten im Foyer herumschlich wie eine Raubkatze. Wir gingen hinaus und schnell weg vom Eingang, rannten aber nicht, um nicht aufzufallen. Zwei Straßen weiter konnten wir ein Taxi anhalten. Nachdem wir zur Ablenkung dreimal das Taxi gewechselt und in einem Supermarkt Haarfärbemittel und die billigste und hochprozentigste Flasche Gin gekauft hatten, die wir finden konnten, entschieden wir uns für ein Motel außerhalb von Las Vegas. Ich bezahlte die Nacht, und wir schlossen uns im Zimmer ein.
Während er mir die Haare schwarz färbte, erzählte mir Freddy, Joe Martin und der Chinese seien den ganzen Tag in der Wohnung ein und aus gegangen, hätten ununterbrochen telefoniert und überhaupt nicht auf ihn geachtet. »Heute Morgen ging’s mir dreckig, Laura, du weißt ja, wie das manchmal ist, aber ich habe trotzdem mitgekriegt, dass da was faul ist, also bin ich liegengeblieben und habe zugehört. Die Wichser haben mich vergessen oder gedacht, ich bin jenseits.« Aus den Telefonaten und Unterhaltungen der beiden reimte sich Freddy einiges zusammen.
Die beiden wussten, dass Brandon Leeman jemanden bezahlt hatte, der sie beseitigen sollte, aber aus irgendeinem Grund hatte der das nicht getan, sondern die beiden gewarnt und angewiesen, Brandon Leeman zu entführen und aus ihm herauszubringen, wo er sein Geld hatte. Aus dem unterwürfigen Ton, den Joe Martin und der Chinese am Telefon anschlugen, schloss Freddy, dass ihr geheimnisvoller Gesprächspartner jemand sein musste, der etwas zu sagen hatte. »Ich konnte Brandon nicht mehr warnen.Ich kam nicht ans Telefon, und es ging alles so schnell«, wimmerte er. Brandon Leeman war in Freddys Leben das, was einer Familie am nächsten kam, er hatte ihn von der Straße geholt, ihm ein Dach über dem Kopf und zu essen gegeben und ihm Schutz gewährt, ohne Bedingungen zu stellen, hatte ihn nie zu einem Entzug gedrängt, ihn
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