Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Toilettenschlüssel und wusch mich etwas, danach fand ich jemanden, der mich im Auto mit in die Stadt nahm und wenige Straßen vom Club entfernt absetzte.
Die Schlüssel zu meinen Schließfächern steckten in meiner Hosentasche. Ich wartete in der Nähe des Eingangs auf eine Gelegenheit, möglichst unbemerkt hineinzugelangen, und als sich drei ins Gespräch vertiefte Leute näherten, schloss ich mich ihnen unauffällig an. Ich durchquerte das Foyer und stieß an der Treppe fast mit einem Angestellten zusammen, der wegen meiner Haarfarbe erst stutzte, mich dann aber grüßte. Ich sprach nie mit jemandem im Club und galt dort wahrscheinlich als hochnäsig oder bescheuert, aber viele der Clubmitglieder kannten mich vom Sehen und etliche der Angestellten wussten meinen Namen. Ich stürmte hoch zu den Umkleiden und leerte den Inhalt meiner Fächer derart hektisch auf den Boden, dass eine Frau mich fragte, ob ich etwas verloren hätte; ich fluchte vor mich hin, weil ich nichts fand, was ich mir hätte einwerfen können, während die Frau vorm Spiegel mich unverhohlen anstarrte. »Was gibt es da zu glotzen!«, fuhr ich sie an, und dann sah ich im Spiegel das, was auch sie sah, eine Wahnsinnige mit blutunterlaufenen Augen, fleckiger Haut und einem schwarzen Tier auf dem Kopf.
Ich stopfte alles wieder zurück in die Schließfächer, warf meine schmutzigen Kleider in den Müll und auch das Handy, das ich von Brandon Leeman hatte und dessen Nummer die Killer kannten, stellte mich unter die Dusche und wusch mir eilig die Haare, dachte, ich könnte die zweite Handtasche, die ich noch hatte, verkaufen, und das Geld würde ein paar Tage für Stoff reichen. Ich zog das schwarze Kleid an, steckte einmal Wäsche zum Wechseln in eine Plastiktüte und versuchte erst gar nicht, mich zu schminken, denn ich zitterte am ganzen Leib, und meine Hände gehorchten mir kaum.
Die Frau stand noch immer in ein Badetuch gehüllt und mit dem Fön in der Hand vor dem Spiegel, obwohl ihr Haar längst trocken war, beobachtete mich und überlegte wohl, ob sie den Sicherheitsdienst alarmieren sollte. Ich setzte einLächeln auf und fragte, ob sie meine Handtasche kaufen wolle, es sei eine echte Louis Vuitton und fast neu, man habe mir den Geldbeutel gestohlen und ich müsse nach Kalifornien zurück. Sie verzog verächtlich das Gesicht, konnte der Verlockung aber doch nicht widerstehen, kam näher, um die Tasche in Augenschein zu nehmen, und bot mir hundert Dollar. Ich zeigte ihr den Stinkefinger und machte mich davon.
Weit kam ich nicht. Von der Treppe konnte man die Empfangshalle überblicken, und hinter der gläsernen Eingangstür entdeckte ich den Wagen von Joe Martin und dem Chinesen. Vielleicht standen sie jeden Tag dort, weil sie wussten, dass ich früher oder später im Club auftauchen würde, vielleicht hatte ihnen aber auch jemand Bescheid gegeben, was bedeutete, dass in diesem Augenblick einer der beiden hier drin nach mir suchte.
Ich rang die panische Angst nieder und lief zurück zum Wellnessbereich, der in einem Seitenflügel des Gebäudes lag, mit einem Buddha am Eingang, Schalen voller Blütenblätter, leisem Vogelgezwitscher aus den Lautsprechern, Vanilleduft in der Luft und Gurkenscheiben in Wasserkrügen. Die Masseure beiderlei Geschlechts waren an ihren türkisfarbenen Bademänteln zu erkennen, die übrigen Angestellten waren junge Frauen in rosa Bademänteln und sahen eine aus wie die andere. Die Wellnessangebote des Clubs gehörten zum Luxus, den Brandon Leeman mir gönnte, deshalb kannte ich mich hier aus und schaffte es ungesehen über den Korridor in eine der Kabinen. Ich schloss die Tür und schaltete die Lampe an, die anzeigte, dass die Kabine besetzt war. Niemand störte einen, solange das rote Licht brannte. Auf einem Tisch simmerten Eukalyptusblätter in einer Wasserschale mit Stövchen, es lagen flache Steine für die Massage bereit und daneben standen eine Reihe Tiegel mit Schönheitsmittelchen. Ich sortierte die Cremes aus und kippte den Inhalt einer Flasche Gesichtswasser, aber fallses überhaupt Alkohol enthielt, dann nicht genug, um mir Linderung zu verschaffen.
In der Kabine war ich in Sicherheit, zumindest für eine Stunde, solange dauerten die Anwendungen für gewöhnlich, aber mir wurde schnell mulmig in dem engen, fensterlosen Raum, der nur einen Ausgang besaß und so penetrant nach Zahnarzt roch, dass sich mir der Magen umdrehte. Ich musste raus. Neben der Massageliege hing ein Bademantel, ich zog ihn über
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