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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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aber wenn ich will und es klug anstelle, kann ich mir meisterhafte Spielzüge einfallen lassen, mit denen ich sie unter Kontrolle halte. Statistisch sieht es allerdings nicht gut für mich aus, jedenfalls gibt es mehr Blinde, die Weinprüfer werden, als Süchtige, die dauerhaft clean sind. Bedenkt man die sonstigen Fußangeln, die das Schicksal für mich auslegte, etwa die Begegnung mit Brandon Leeman,dann waren meine Aussichten auf ein normales Leben verschwindend gering, hätte nicht im entscheidenden Moment Olympia Pettiford eingegriffen. Das sagte ich zu meiner Nini, worauf die meinte, man könne ja beim Spielen immer auch schummeln. Das hat sie gemacht, als sie mich auf diese winzige Insel in Chiloé schickte: Sie hat beim Spielen geschummelt.
    Der Tag meiner Begegnung mit Arana war auch der Tag, an dem Joe Martin und der Chinese mich schließlich fanden, nur wenige Straßen von dem Restaurant entfernt, wo der Officer mir geholfen hatte. Die zehn Dollar hatte ich gleich umgesetzt und war high, deshalb sah ich den bedrohlichen schwarzen Geländewagen nicht und bemerkte die beiden erst, als es schon zu spät war. Sie packten mich von beiden Seiten, schleiften mich mit und zerrten mich in das Auto. Ich schrie und trat verzweifelt um mich, ein paar Passanten blieben stehen, aber niemand griff ein. Wer legt sich schon wegen einer hysterischen Pennerin mit zwei üblen Schlägertypen an. Ich wollte mich aus dem fahrenden Auto werfen, aber Joe Martin setzte mich mit einem Schlag auf den Hals außer Gefecht.
    Sie fuhren mit mir zu dem Gebäude, das ich schon kannte, in Brandon Leemans Revier, wo sie jetzt die Bosse waren, und obwohl ich benommen war, merkte ich doch, dass alles noch erbärmlicher aussah, noch mehr obszöne Schmierereien an den Wänden, überall Abfall und Scherben, Gestank nach Fäkalien. Sie brachten mich in den zweiten Stock, öffneten das Gitter, und wir betraten die leere Wohnung. »Los, raus damit, du blödes Luder«, spie Joe Martin mir aus zwei Zentimetern Entfernung ins Gesicht und quetschte dabei meine Brüste in seinen Affenpranken. »Wo hat Leeman sein Geld? Raus damit, oder ich brech dir jeden Scheißknochen.«
    In diesem Moment klingelte das Handy des Chinesen, er wechselte zwei Sätze mit dem Anrufer und sagte dannzu Joe Martin, mir die Knochen zu brechen habe Zeit, sie müssten weg und würden erwartet. Sie knebelten mich mit einem Lappen und Klebeband, warfen mich auf eine Matratze, fesselten meine Knöchel und Handgelenke mit einem Elektrokabel und verknoteten es hinter meinem Rücken. Nachdem sie mir noch einmal angekündigt hatten, was sie nach ihrer Rückkehr mit mir anstellen würden, ließen sie mich allein, ich konnte weder schreien noch mich rühren, das Kabel schnitt mir in Handgelenke und Knöchel, ich würgte an dem Knebel, hatte Todesangst vor dem, was mir drohte, und spürte, dass die Wirkung der Drogen und des Alkohols nachließ. Ich schmeckte den Lappen im Mund und etwas von den Fajitas mit Huhn vom Nachmittag. Der Geschmack wanderte meine Kehle hinauf, und ich rang gegen den Brechreiz, um nicht an meiner Kotze zu ersticken.
    Wie lange lag ich auf dieser Matratze? Das werde ich nie erfahren, mir kam es wie Tage vor, es kann auch weniger als eine Stunde gewesen sein. Sehr bald begann ich heftig zu zittern und grub die Zähne in den speichelnassen Lappen, um ihn nicht zu schlucken. Bei jedem Krampfanfall schnitt mir das Kabel tiefer in die Gelenke. Vor Angst und Schmerzen konnte ich nicht denken, ich bekam kaum Luft und begann darum zu beten, dass Joe Martin und der Chinese zurückkämen, damit ich ihnen alles sagen, mit ihnen nach Beatty fahren könnte, wo sie die Kombinationsschlösser vielleicht mit der Pistole aufbekämen, und wenn sie mir dann gnädig eine Kugel in den Kopf jagten, wäre das allemal besser als hier zu verrecken wie ein Vieh. Mir war dieses verfluchte Geld scheißegal, warum hatte ich bloß Officer Arana nichts gesagt, warum bloß, warum. Wenn ich heute, Monate später in Chiloé, in Ruhe und mit Abstand darüber nachdenke, wird mir klar, dass das die Art war, mich zum Reden zu bringen, man musste mir nicht die Knochen brechen, dieFolter des Entzugs war mehr als genug. Bestimmt war das die Anweisung, die der Chinese am Telefon erhalten hatte.
    Draußen war es dunkel geworden, durch die Spalten zwischen den Brettern vorm Fenster drang kein Licht mehr, und im Finstern flehte ich, krank und kränker, dass die Killer wiederkämen. Die Macht des Schicksals.

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