Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Jacht, was immer du willst«, beschwerte ich mich, als unser Abfluss barst, sich eine stinkende Brühe in unser Bad ergoss und wir in die Duschen im Club ausweichen mussten.
»Du willst eine Jacht in der Wüste von Nevada?«
»Nein! Alles, was ich will, ist ein Bad, das die Bezeichnung verdient! Warum ziehen wir nicht um?«
»Hier ist es gut für mich.«
»Dann besorg in drei Gottes Namen einen Klempner! Und wenn du schon dabei bist, könnest du jemanden zum Putzen anstellen.«
Er lachte sich kaputt. Die Vorstellung, dass eine Illegale zum Putzen in den Bau von ein paar Verbrechern und Drogensüchtigen käme, amüsierte ihn köstlich. Eigentlich war Freddy fürs Saubermachen zuständig, das war der Vorwand, unter dem er bei Leeman wohnte, aber er brachte nur den Müll runter und verbrannte Beweisstücke in einem Ölfass im Hof. Obwohl mir für Haushaltstätigkeiten jede Begabung fehlt, musste ich, wenn ich dort wohnen wollte,zuweilen Gummihandschuhe anziehen und zum Putzeimer greifen, es blieb mir nichts anderes übrig, aber ich kam gegen den Verfall und den Siff, der wie eine schlimme Seuche um sich griff, einfach nicht an. Ich war die Einzige, der das etwas ausmachte, die anderen sahen es nicht. Für Brandon Leeman waren die beiden Wohnungen ein Provisorium, er würde sein Leben ändern, sobald ein mysteriöses Geschäft, an dem er mit seinem Bruder feilte, unter Dach und Fach wäre.
Mein Boss, wie er gern von mir genannt wurde, schuldete seinem Bruder Adam eine Menge, so jedenfalls erklärte er es mir. Seine Familie stammte aus Georgia. Die Mutter hatte sie verlassen, als die beiden Kinder noch klein waren, der Vater starb im Gefängnis, wahrscheinlich ermordet, auch wenn es offiziell hieß, er habe Selbstmord begangen, und Brandons älterer Bruder kümmerte sich um ihn. Adam war nie einer ehrlichen Arbeit nachgegangen, aber auch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten wie sein kleiner Bruder, der mit dreizehn zum ersten Mal straffällig wurde. »Wir mussten uns trennen, sonst hätte ich Adam mit meinen Problemen geschadet«, vertraute Brandon mir an. Zusammen hatten sie sich für Las Vegas entschieden, mit seinen über hundertachtzig rund um Uhr geöffneten Casinos, dem vielen Bargeld, das atemberaubend schnell den Besitzer wechselte, und einer brauchbaren Anzahl käuflicher Polizisten der ideale Ort für ihn.
Adam gab seinem Bruder einen Stapel Führerscheine und Pässe mit verschiedenen Namen, die ihm von großem Nutzen sein konnten, und stattete ihn mit Startkapital aus. Keiner der beiden benutzte Kreditkarten. In einer unserer seltenen entspannten Unterhaltungen erzählte mir Brandon Leeman, er selbst habe nie geheiratet, sein Bruder sei sein einziger Freund und sein Neffe, der Sohn von Adam, seine einzige Schwäche. Er zeigte mir ein Foto der Familie, mitseinem Bruder, stattlich und durchtrainiert und deutlich anders als er, der rundlichen Schwägerin und dem Neffen, einem pausbäckigen Kind, das Hank hieß. Ich ging öfter mit Brandon elektronische Spielsachen kaufen, die er dem Jungen schickte, sündhaft teuer und wenig geeignet für einen Zweijährigen.
Für die Touristen, die übers Wochenende nach Las Vegas kamen, um dem Alltagseinerlei zu entfliehen und in den Casinos ihr Glück zu versuchen, waren die Drogen bloß ein Zeitvertreib, für die Prostituierten, die Obdachlosen, Penner, kleinen Diebe, für die Jungs aus den Gangs und für andere Elende, die in Leemans Stützpunkt aufkreuzten und für ein bisschen Stoff den letzten Rest Menschlichkeit verkauft hätten, waren sie dagegen die einzige Rettung. Manchmal kamen welche ohne einen Cent in der Tasche und bettelten, bis er ihnen aus Barmherzigkeit etwas gab oder weil er sie weiter an der Nadel haben wollte. Andere waren schon Hand in Hand mit dem Tod unterwegs, und es lohnte nicht mehr, sich ihrer anzunehmen, sie spuckten Blut, hatten Krämpfe, verloren das Bewusstsein. Die ließ Leeman auf die Straße befördern. Einige waren unvergesslich, wie dieser Junge aus Indiana, der in Afghanistan eine Bombe überlebt hatte, in Las Vegas gelandet war und sich nicht mal an den eigenen Namen erinnerte. »Wenn du beide Beine verlierst, kriegst du nen Orden, aber verlier den Verstand, und du gehst leer aus«, wiederholte er wie eine Gebetsmühle zwischen einer Crackpfeife und der nächsten. Oder Margaret, etwa so alt wie ich, aber körperlich am Ende, die mir eine der beiden Designerhandtaschen klaute. Freddy erwischte sie, und wir konnten ihr die Tasche
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