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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Joe Martin dagegen hielt mit seinen Absichten nicht hinterm Berg. »Leih mir die Kleine für einen Blowjob, Boss«, hörte ich ihn einmal zu Brandon Leeman sagen. »Ich weiß, das soll ein Witz sein, sonst hättest du jetzt und hier eine Kugel im Kopf«, entgegnete der seelenruhig. Ich schloss daraus, dass sich die beiden Handlanger, solange Leeman der Boss war, nicht an mich rantrauen würden.
    Es war kein Geheimnis, womit die Bande ihr Geld verdiente, trotzdem war Brandon Leeman für mich kein Krimineller wie Joe Martin und der Chinese, die laut Freddy schon etliche Leute auf dem Gewissen hatten. Dabei war Leeman sehr wahrscheinlich auch ein Mörder, aber er sah nicht danach aus. Und jedenfalls wusste man besser nichts darüber, er wollte ja auch nichts über mich wissen. Für den Boss hatte Laura Barron keine Vergangenheit oder Zukunft, und was sie empfand, spielte keine Rolle, solange sie tat, was er sagte. Er vertraute mir das eine oder andere Geschäftliche an, weil er fürchtete, es selbst zu vergessen, und es nicht für ratsam hielt, alles aufzuschreiben: wer ihm wie viel schuldete, wo eine Lieferung abzuholen war, welcher Betrag an die Polizisten ging, wie der Einsatzplan für den Tag aussah.
    Der Boss war sehr genügsam, lebte wie ein Mönch, zeigte sich mir gegenüber jedoch überaus großzügig. Ich bekam weder ein festes Gehalt noch eine Kommission von ihm, er steckte mir Scheine aus seinem unerschöpflichen Bündel zu, ohne sich die Beträge zu merken, wie Trinkgeld, und bezahlte den Fitnessclub und meine Einkäufe direkt. Wollte ich mehr, gab er es mir ohne Murren, aber ich hörte bald auf, darum zu bitten, weil ich nichts brauchte und sowiesoalles, was irgendwie wertvoll war, aus der Wohnung verschwand. Unsere Schlafzimmer waren durch einen schmalen Flur getrennt, und er machte nie Anstalten, ihn zu überqueren. Aus Sicherheitsgründen hatte er mir Beziehungen zu anderen Männern verboten. Er sagte, im Bett löse sich die Zunge.
    Mit sechzehn hatte ich, neben dem Desaster mit Rick Laredo, ein paar Erfahrungen mit Jungs gesammelt, die mich enttäuscht und erbost hatten. Aus den Internet-Pornos, die an der Berkeley High alle sahen, lernten die Jungs nichts, ihre Unbeholfenheit war grotesk; sie priesen den Sex mit wechselnden Partnerinnen an, als hätten sie ihn erfunden, das Modewort war »Freundschaft mit Extras«, es war aber sonnenklar, dass sie die Extras allein einstrichen. Im Internat in Oregon war die Luft mit jugendlichen Hormonen gesättigt – wir sagten, das Testosteron triefe von den Wänden   –, wir lebten zusammengepfercht, waren aber zur Keuschheit verpflichtet. Die explosive Gemengelage lieferte den Therapeuten in den Gruppensitzungen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag Gesprächsstoff. Für manche war die »Absprache« über die sexuelle Enthaltsamkeit schlimmer als der Drogenverzicht, mich dagegen belastete sie nicht, denn abgesehen von Steve, dem Psychologen, der für Verführungsversuche nicht empfänglich war, konnte man das Männerangebot dort vergessen. In Las Vegas wehrte ich mich nicht gegen die Kontaktsperre, dafür war die üble Nacht mit Fedgewick in meiner Erinnerung noch zu frisch. Ich wollte mich von niemandem anfassen lassen.
    Brandon Leeman behauptete, er könne seinen Kunden jeden Extrawunsch erfüllen, dem Perversen ein Vorschulkind und dem Fanatiker ein Schnellfeuergewehr besorgen, aber das war mehr Angeberei als Realität: Ich habe nie dergleichen erlebt; ausschließlich Drogenhandel und Hehlerei, alles Kinkerlitzchen verglichen mit dem, was sonst in derStadt an illegalen Geschäften ungestraft abgewickelt wurde. Wegen der Drogen kamen Prostituierte verschiedener Preisklassen in die Wohnung, einige richtig teuer, das sah man ihnen an, andere schon ganz tief unten, die einen zahlten bar, andere bekamen was auf Kredit, und manchmal ließen sich Joe Martin und der Chinese, wenn der Boss nicht da war, in Naturalien bezahlen. Brandon Leeman besserte sein Einkommen mit dem Verkauf geklauter Autos auf, die ihm eine Bande cracksüchtiger Minderjähriger besorgte. Sie wurden umlackiert, bekamen neue Nummernschilder, er verkaufte sie in anderen Staaten weiter, konnte dadurch aber auch selbst alle zwei, drei Wochen den Wagen wechseln und war weniger leicht zu erkennen. Alles trug dazu bei, seinen märchenhaften Batzen Scheine zu vergrößern.
    »Du hast ein Huhn, das goldene Eier legt, damit könntest du ein Penthouse haben, anstelle von diesem Schweinestall, einen Privatjet, eine

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