Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)
Polizisten in Uniform war. Was wusste Arana wohl über Brandon Leemans Geschäfte?
Ich trank den Fruchtsaft, der zu süß war, und verabschiedete mich mit einer Hast, die Arana verdächtig vorgekommen sein muss. Der Officer war mir sympathisch, er sah einem freundlich in die Augen, gab einem fest die Hand und machte einen lockeren Eindruck. Bei genauerer Betrachtung sah er nicht mal schlecht aus, auch wenn er ein paar Kilo zu viel hatte; seine strahlend weißen Zähne hoben sich schön von der gebräunten Haut ab, und wenn er lächelte, schlossen sich seine Augen zu kleinen Schlitzen.
Der Mensch, der Manuel am nächsten steht, ist Blanca, was aber nicht viel heißen will, denn er braucht niemanden, auch sie nicht, und könnte den Rest seines Lebens schweigend verbringen. Alle Bemühungen um die Freundschaft der beiden gehen von ihr aus. Sie lädt ihn zum Essen ein oder kommt unangemeldet mit einem Schmortopf und einer Flasche Wein vorbei; sie nötigt ihn, nach Castro zu fahren und sich bei ihrem Vater, dem Millalobo, blicken zu lassen, weil der gekränkt ist, wenn man ihn nicht regelmäßig besucht; sie wacht über seine Kleidung, seine Gesundheit und sein häusliches Wohlergehen wie eine Haushofmeisterin. Ich bin der Eindringling, der ihre Zweisamkeit stört; früher konnten sie für sich sein, jetzt haben sie mich ständigam Hals. Diese Chilenen halten was aus, von den beiden hat nie einer gereizt auf mich reagiert.
Vor ein paar Tagen aßen wir bei Blanca, was wir öfter tun, weil es bei ihr viel gemütlicher ist als bei uns. Sie hatte ihre beste Tischdecke aufgelegt, dazu gestärkte Leinenservietten, Kerzen und einen Korb mit dem Rosmarinbrot, das ich ihr mitgebracht hatte: ein Esstisch, so schlicht und erlesen wie alles, womit Blanca sich umgibt. Manuel hat für so was kein Auge, aber ich staune immer, denn ehe ich diese Frau kannte, dachte ich, Inneneinrichtung sei etwas für Hotels und Zeitschriften. Im Haus meiner Großeltern sah es aus wie auf dem Flohmarkt, drängten sich Möbel und Gerümpel, weil man das irgendwie noch gebrauchen konnte oder es nicht über sich brachte, es wegzuwerfen. Blanca kann mit drei blauen Hortensien in einer Glasschale voller Zitronen ein Kunstwerk erschaffen und schärft meinen Blick für das Schöne. Während sie und Manuel drinnen Suppe mit Meeresfrüchten kochten, ging ich hinaus in den Garten, um Salat und Basilikum zu ernten, solange ich noch etwas sehen konnte, denn inzwischen wird es früh dunkel. Auf wenigen Quadratmetern hat Blanca Obstbäume gepflanzt und zieht Gemüse, um das sie sich selbst kümmert; man sieht sie ständig mit Strohhut und Handschuhen in ihrem Garten hantieren. Wenn der Frühling kommt, werde ich sie bitten, dass sie mir hilft, einen Garten auf Manuels Grundstück anzulegen, wo bisher bloß Unkraut wächst und Steine liegen.
Beim Nachtisch redeten wir über Magie und übersinnliche Phänomene – Manuels Buch fesselt mich nach wie vor. Ich erzählte ihnen, dass ich eine Expertin auf dem Gebiet sein könnte, hätte ich mehr auf meine Großmutter gehört. Mein Großvater war ja Astronom, Wissenschaftler und in Gottesfragen unentschieden, meine Großmutter aber begeistert sich für Tarot, bildet sich zur Astrologin fort, kann die Aura und Energiefelder lesen und Träume deuten, sammelt Glücksbringer, Kristalle und heilige Steine, ganzzu schweigen davon, dass sie Freundschaften mit Geistern pflegt.
»Meine Nini langweilt sich nie, sie vertreibt sich die Zeit damit, gegen die Regierung zu protestieren und mit den Toten zu sprechen.«
»Mit welchen Toten?«, wollte Manuel wissen.
»Mit meinem Pop und mit anderen, etwa mit dem heiligen Antonius von Padua, der kann verlorene Sachen und Lebensgefährten für Singles finden.«
»Deine Großmutter braucht einen Freund.«
»Gott bewahre! Sie ist fast so alt wie du!«
»Hast du nicht gesagt, ich soll mich verlieben? Wenn du meinst, ich wäre noch nicht zu alt dafür, dann ist es Nidia erst recht nicht, sie ist um einiges jünger als ich.«
»Du bist scharf auf meine Nini!« Bei dem Gedanken, wir könnten zu dritt leben, vergaß ich für einen Augenblick völlig, dass Blanca die beste Partie für ihn wäre.
»Dieser Schluss ist etwas voreilig, Maya.«
»Du müsstest sie Mike O’Kelly ausspannen. Er sitzt im Rollstuhl und ist Ire, sieht aber ziemlich gut aus und ist berühmt.«
»Dann hat er mehr zu bieten als ich.« Und Manuel lachte.
»Und du, Tía Blanca, glaubst du an Zauberei?«
»Ich sehe das
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