mayday mayday ... eastern wings 610
Markierungen zu erkennen.
Mit leise flüsternden Turbinen suchte sich der Condor-Airbus seinen Weg. Aber so, als ob er nie ein Ende finden könne, begann wieder der Regen auf die Flugzeughaut zu schlagen. Regen? Es schüttete wie aus Kübeln!
»Hast du je einen solchen verdammten Mist erlebt?« Pit Landau, der Kapitän des Airbusses 310-A mit der Codebezeichnung 1672 schwieg auf die Frage seines Copiloten. Natürlich hatte er schon solch einen Mist erlebt, aber der junge Rainer Bode war schließlich erst seit zwei Jahren im Geschäft. Und außerdem, Kapitän Landau war jede Lust auf Gespräche vergangen.
Er beugte sich nach vorn. Die riesigen Scheibenwischer versuchten das Wasser wegzuschaufeln. Ganz schafften sie es nicht.
Landau war an diesem Morgen um vier Uhr dreißig aus seinem Haus in Dieburg bei Darmstadt aufgebrochen, um den Airbus zu übernehmen. Rainer Bode hatte es besser: Sein Appartement befand sich ganz in der Nähe des Rhein-Main-Flughafens Frankfurt. Um sechs Uhr fünfundzwanzig waren sie in Frankfurt gestartet, und seit vier Stunden wurden sie hier nun festgehalten. Fünf Stunden Verspätung bedeutete dies für die wartenden zweihundertsechzig Passagiere, die Landau beim Nachmittagsstart wieder auf die Insel bringen sollte. Wenn dieser Start überhaupt noch aufgerufen würde. Aber gut: Langsam kam hier wenigstens die Geschichte ins Rollen. Die Checklisten waren gelesen. Bloß weg!
Erneut drückte Landau die Taste des Mikrophons. Die Frequenz blieb blockiert.
Vor ihm war noch eine KLM-Boeing 737. Auch sie würde zu warten haben, bis der Nebel sich lichtete. Außerdem: Der Schweizer mußte noch rein und seine ILS-Landung hinter sich bringen. Er hatte es im Funk mitbekommen. Bei diesem Wetter mit halbleeren Tanks loszufliegen, nur um mit der Gewichtseinsparung ein paar Rappen zu verdienen? Unglaublich. Aber die Falcon Air war eine dieser neuen, schwachbrüstigen Gesellschaften, die der Mallorca-Rummel geboren hatte wie der Regen die Pilze. In dem Konkurrenzirrsinn und dem gnadenlosen Preiskrieg der Firmen, würden sie sowieso als erste dran glauben müssen. War sicher nicht die Schuld des Piloten … Auf unseren Rücken, dachte Landau, prügeln sie ihre Kämpfe aus!
Er schob sich die Hörschalen des Kopfhörers wieder über die Ohren.
Keine Anweisungen waren zu vernehmen.
Gil reichte ihm sein Päckchen Wrigley-Kaugummi. Zwei steckten noch drin. Aber Toni Ferrers Rachen war bitter und wie gegerbt von Rauch. Mit den verdammten Pall -Malls konnte er nicht weitermachen. Er riß die Folie des Kaugummis ab und schob ihn in den Mund, drückte die Sprechtaste und erteilte der Iberia-Maschine nach Valencia die Rollfreigabe. Den Kapitän kannte er. »Schau bloß zu, daß du wegkommst, Guillermo!« rief er. Dann förmlich: »Bewegen Sie sich bis zum Haltepunkt Charly 3. Warten Sie dort auf Ihre weitere Freigabe.«
»Warten?« stöhnte es zurück. »Wie lange?«
»Kann ich im Moment leider nicht sagen.«
Er blickte zu Gil Bonnet hoch. »Los schon! Der nächste Kontrollstreifen. Willst du?«
Gil Bonnet steckte den Flugkontrollstreifen der wartenden KLM-Boeing 737 in den dafür vorgesehenen Metallschlitz in der Monitorkonsole und drückte den Abrufknopf. KLM-Flug 214. Buchstaben sprangen und Zifferncodes leuchteten als Balken auf dem Monitor. Flugziel: Amsterdam.
Er wollte sich gerade der KLM zuwenden, als über den Reihen der Anzeigen auf der Konsole ein roter Punkt zu leuchten begann. Pep Vidal, der Schichtleiter, wollte ihn sprechen. Er nahm den Hörer ab. Er fühlte sich zu schwach, um zu fluchen.
»Toni?«
»Ja.«
»Wieviel hast du in Startbereitschaft?«
»Ich? Was weiß ich? Zehntausend.«
»Keine blöden Witze! Wieviel?«
Toni Ferrer warf einen kurzen Blick auf die Flugstreifen, die sein Assistent ihm vorbereitet hatte. »Zunächst vier …«
»D'acuerdo. Gib den vier Startunterbrechung. Paß auf: Maximalzeit acht bis fünfzehn Minuten.«
»Ja, wieso denn?«
»Weil's da so einen dämlichen Idioten von Schweizer gibt, der behauptet, er habe nicht mehr genügend Sprit im Tank und müsse landen.«
»Das auch noch«, stöhnte Toni Ferrer.
»Ja, das auch noch!« erwiderte der Schichtleiter.
Aus den Lautsprechern klangen beruhigende Geigenklänge: Montovani .
»Ich hab' so 'nen Hunger, Mutti!« maulte der kleine Junge in der Sitzreihe vor ihnen. »Und Durst hab' ich auch.«
»Gleich, gleich, Andi. Gleich geht's los.«
Das hofften sie alle.
»Also, wenn Sie mich fragen, irgendwie hat
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