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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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die Fluggeschwindigkeit war gut, aber sie verloren weiter an Höhe. Er zog das Steuerhorn vorsichtig etwas zurück, um den Anstellwinkel zu vergrößern. Das war ein unsicherer Drahtseilakt, bei dem ein Fehltritt bedeutete, daß sie mit über 200 Knoten Geschwindigkeit ins Meer stürzten.
    Die Überziehungswarnanlage blökte weiter. Auch das starke Rütteln, das Berry fast das Steuer aus der Hand schlug, hielt unvermindert an. Der Höhenmesser stand auf Null, obwohl Berry sich schätzungsweise noch sieben bis acht Meter über dem Wasser befand. Er merkte, daß die Straton es nicht schaffen würde, weil ihre Triebwerke noch immer zuwenig Schub lieferten, um das Sinken aufzuhalten. In seiner Erregung stieß Berry wilde Beschimpfungen gegen die Maschine aus. Dann drehte er sich nach Crandall um und brüllte: »Such die Nachbrenner! Die Nachbrenner!«
    »Ich hab’ sie!« antwortete Sharon fast augenblicklich.
    »Einschalten!« wies Berry sie an. Dann fügte er hinzu: »Klar zum Wassern!« Crandall betätigte die vier Schalter.
    Berry hörte und spürte ein zweistufiges Dröhnen, als die Nachbrenner zu arbeiten begannen. Er hatte keine Vorstellung davon, was als nächstes passieren würde.
    Sharon verriegelte den Drehsitz des Flugingenieurs und rief Linda zu: »Runter mit dem Kopf! Mach’s wie ich!« Sie hob schützend ihre Arme über den Kopf und überzeugte sich mit einem raschen Blick, daß die Kleine ihrem Beispiel folgte.
    Berry fühlte, daß er leicht gegen die Rückenlehne seines Sitzes gedrückt wurde. Als Treibstoff hinter den vier Turbinen eingespritzt und gezündet wurde, erhöhte sich die Triebwerksleistung um ein Drittel. Die Straton 797 wurde schneller, und Berry zog das Steuerhorn zu sich heran, sobald das Vibrieren schwächer wurde. Der Flugzeugbug hob sich, und das Meerschien unter ihnen zu versinken. Das Blöken der Überziehwarnanlage war nur mehr gelegentlich zu hören und verstummte endlich ganz. Der Höhenmesser zeigte 100 Fuß und kletterte weiter. »Wir steigen! Wir steigen wieder! Wir haben’s geschafft!«
    Sharon Crandall hob langsam den Kopf. Sie spürte den zunehmenden Andruck, als die Maschine weiter beschleunigte. »Lieber Gott, ich danke dir«, schluchzte sie, während ihr Tränen übers Gesicht liefen.
    John Berry hielt das Steuerhorn mit der linken Hand fest, streckte die rechte aus und legte die Finger auf die vier Leistungshebel. Zum erstenmal seitdem er auf diesem Platz saß, flog er die Maschine ganz allein.
    »Nachbrenner aus!« rief er Sharon zu.
    Sie betätigte wortlos die vier Schalter.
    Die Straton wurde etwas langsamer, aber Berry schob die Leistungshebel nach vorn und spürte, daß das Flugzeug erneut beschleunigte. Er sah die Höhenmessernadel nach oben klettern. 500, 600, 750 Fuß. Berry lehnte sich zurück. Die unbekannten Schrecken dieses Wagnisses hatten sich als übertrieben herausgestellt.
    Im Cockpit herrschte Schweigen. Die Lichter brannten hell; das Warnsignal war verstummt. Draußen tobte ein heftiges Gewitter, das sich in dieser niedrigen Höhe jedoch nur durch starken Regen und gelegentliche Böen bemerkbar machte. John Berry räusperte sich. »Jetzt fliegen wir nach Hause. Sharon … Linda, wie geht’s euch?«
    »Mir ist schlecht«, antwortete die Kleine.
    Crandall stand auf und ging zu ihr hinüber. Dabei merkte sie, daß sie selbst unsicher auf den Beinen war. Sie nahm Lindas Kopf zwischen die Hände. »Du bist nur ein bißchen luftkrank, Kleines. Aber das gibt sich gleich wieder. Du brauchst nur tief durchzuatmen. Siehst du, jetzt wird’s schon besser.«
    Aus ihren Worten sprach die erfahrene Stewardess, aber ihr Tonfall war zumindest aufrichtig. »Komm lieber wieder nach vorn, Sharon«, forderte Berry sie auf. »Du hast dich lange genug als Flugingenieur amüsiert.«
    Sie kam nach vorn zurück, lächelte ihm zu und setzte sich wortlos auf den Platz des Kopiloten.
    Berry konzentrierte sich auf die Instrumente. Er ließ die Straton bis 900 Fuß steigen und hielt sie in dieser Höhe, bevor sie in die Wolkendecke eindrangen. Er horchte nach hinten, aber aus dem Salon drang kein Laut, der das Prasseln des Regens und die Triebwerksgeräusche übertönt hätte.
    Er stellte die Scheibenwischer ab, experimentierte einige Minuten lang mit den Rudern und schaltete dann den Autopiloten ein. Als das gelbe Warnlicht erlosch, ließ Berry das Steuerhorn los und nahm die Füße von den Pedalen. Er reckte sich gähnend. Dann wandte er sich an Sharon. »Das war verdammt

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