McCaffrey, Anne & Scarborough, Elizabeth - Petaybee 02
oberhalb der Baumgrenze lag, vorbei an Hasenpfaden und Elchpfaden und Pferdepfaden. Sie fragte sich, ob diese Pferde wohl Hörner trugen, wie jenes, das sie vor langer Zeit einmal gesehen hatte. Zu Anfang war es noch aufregend, so schnell über Land zu reisen, doch die Erregung verblaßte bald wieder, als ihr klar wurde, wie schnell sie sich damit dem einzigen Ort näherte, zu dem sie nicht wollte!
Die Nächte waren schlimm, weil dann die Fragerei begann, bis ihr die Lehren des Hirten beim Einschlafen in den Ohren klingelten, genau wie früher im Tal.
Nur eins machte alles erträglich. Etwas, das nur sie allein wußte: daß sich hinter dem Hügel oder zusammengekauert in einem nahen Busch, oder versteckt zwischen den Bäumen, oder vom Talrand aus beobachtend, eine einsame wolkige Gestalt ihnen aufmerksam folgte und nachts über sie wachte. Und wenn sie in der Nacht in ihrer neuen warmen Winterkleidung schwitzend erwachte, vernahm sie ein Schnurren in ihrem Geist, aus den Tiefen der Dunkelheit, und das Lied, mit dem Coaxtl sie wieder in den Schlaf lullte.
Schlafjunges
Schlaf und träume
Wie deine Augen sich öffnen
Schlaf, Junges,
Schlaf und träume
Vom Tag, da dein Schwanz lang sein wird
Schlaf und träume
Schlaf und träume
Sicher im Heim, wirst du in den Schlummer gewiegt Sicher im Heim, den ganzen Tag umsäuselt
Schlaf, Junges
Schlaf und träume
Im Zwielicht wollen wir jagen gehen.
Wenn dies geschah, kehrten die Alpträume manchmal nicht wieder; manchmal erwachte sie sogar, ohne das Licht des Tages zu fürchten.
Dem Tag vor ihrer Ankunft im Tal war eine ebensolche Nacht vorausgegangen. Panik und Beklemmung überfielen sie, als sie auf das Tal hinunterblickte, das nun zwar schlammig war, aber ohne Wasserfluten, mit einem neuen Mantel aus Eis und Schnee bedeckt.
Sie wollte zu Dr. Luzon »Aufhören!« sagten, doch er hätte nicht auf sie gehört. Statt dessen befahl er Braddock, möglichst forsch ins Tal einzufahren, worauf sie sofort von den Gläubigen umringt wurden.
Die meisten von ihnen hatten noch nie ein Schnokel gesehen.
Manche riefen bestürzt: »Das große Ungeheuer!«
Andere sagten: »Nein, ein Firmenengel.«
Doch als sie das Mädchen erblickten, wußten die Leute nicht, was sie davon halten sollten. Ascencion, die am Rande der Menge stand, musterte sie mit hartem Blick und machte kehrt, um kurze Zeit darauf mit dem Hirten persönlich zurückzukommen.
Der Hirte sah irgendwie kleiner aus und ziemlich gewöhnlich, nicht so überlebensgroß wie sonst. Sein Kinn war glatt, um seine Reinheit vor allen anderen Männern zu betonen, die Backenbärte tragen mußten. Aus demselben Grund war sein Haar kurz gestutzt, obwohl die Frauen das ihre niemals schneiden durften, es sei denn, sie wurden für irgendeine Verfehlung bestraft.
Zu Anfang schien er Dr. Luzon nicht gerade mit Freundlichkeit zu begegnen, obwohl er sich so friedlich und gelassen gab wie immer, wenn er gerade nicht predigte – bis er in einen schrecklichen Wutanfall verfiel. Doch nun sprach er leise und sanft. »Wir sind ein einsames und verlassenes Volk und leben abgesondert auf dem schrecklichen Ungeheuer, das der Buckel dieser Welt ist. Weshalb stören Sie uns da?«
Matthew Luzon antwortete, und dabei schlich sich eine leise Sehnsucht in seine Stimme, wie Ziegendung sie noch nie bei ihm bemerkt hatte: »Nun, wir sind natürlich um Ihrer Weisheit willen gekommen, guter Hirte. Ich bin Dr. Matthew Luzon, ein Inspektor der Firma, und das hier ist mein Assistent Braddock Makem. Das Kind kennen Sie ja bereits.«
»Ich kenne sie«, antwortete der Hirte, und seine Gelassenheit verwandelte sich in Kälte, als sein Blick auf Ziegendungs Gesicht ruhte. »Sie ist eine Verräterin, die vor dem Licht geflohen ist. Was hat ein Firmeninspektor mit ihr oder mit mir zu schaffen?«
»Ich bin eine Art Sonderinspektor, Hirte«, erwiderte Matthew.
»Meine Aufgabe besteht darin, die Besitztümer der Firma von Lügen zu reinigen, die die Menschen korrumpieren und verführen. Viele auf dieser Welt erzählen Lügen über sie und wollen uns weismachen, daß es sich dabei nicht nur um einen Planeten handelt, sondern um einen denkenden Organismus, hinter dessen natürlichen Abläufen Absicht und Intelligenz stehen. Das Mädchen hat mir von Ihren Lehren erzählt. Ich glaube, daß Sie die Wahrheit kennen, und ich möchte sie gern von Ihnen erfahren. Außerdem wünsche ich, daß Sie vor der Firma Zeugnis über diese Wahrheit ablegen.«
»Die Firma
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