McCorkle und Padillo 03 - Die Backup-Maenner
er.
»Du achtest wieder nicht auf Flankendeckung. Das scheint bei dir langsam zur Gewohnheit zu werden.«
»Das glaube ich weniger.«
»Denk mal nach. Wie viele Versuche haben Kragstein und Gitner bisher unternommen – fünf?«
»Vier«, sagte Padillo. »Einen in Delaware, zwei in New York und einen hier.«
»Und wie viele Menschen sind dabei getötet worden?«
»Zwei. Einer von ihnen und eine Freundin von mir.«
»Zwei von ihnen liegen vermutlich im Krankenhaus«, sagte ich. »Mein Beitrag.«
»Mein Bruder«, sagte sie. »Ihr vergeßt Walter.«
Padillo schüttelte den Kopf. »Ich habe Walter nicht vergessen, sondern ihn nur nicht erwähnt.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich nicht glaube«, sagte Padillo, »daß Kragstein und Gitner ihn getötet haben.«
20
Falls Wanda Gothar Padillo fragen wollte, ob er zu wissen glaube, wer ihren Bruder getötet habe, bekam sie keine Gelegenheit dazu, weil er aufstand, sich umdrehte und zu der Tür hinter der letzten Nische ging. Die Tür führte zu einer Treppe. Ich folgte ihm auf den Fersen.
Am oberen Treppenabsatz war ein schmutziger Flur, der gekehrt werden mußte. Padillo zögerte, bevor er sich nach links oder rechts wandte, und dann wandte er sich nach rechts, als eine volltönende Baßstimme rief: »Hier entlang, Mr. Padillo.«
Dort entlang hieß, den Flur hinunter zur Rückseite des Hauses. Blasses bernsteingelbes Licht flutete durch eine halb geöffnete Tür. Wir gingen hindurch in einen Raum, der offenbar von jemandem mit einer Vorliebe für ägyptische Antiquitäten eingerichtet worden war. In der Ecke stand eine große, authentisch wirkende Statue von Osiris, dem ägyptischen Gott des Totenreichs, die von seiner Schwestergemahlin Isis flankiert war – der Göttin der Fruchtbarkeit, wie ich mich dunkel erinnerte. Vermutlich aus einem alten Film. Die Teppiche stammten ebenfalls aus dem Nahen Osten, zweifellos aus dem Libanon, und sahen teuer aus.
Es gab keine Fenster in dem Raum, die ich sehen konnte, aber das konnte daran liegen, daß zwei seiner Wände von schweren bernsteinfarbenen Vorhängen bedeckt wurden, die wie echte Seide aussahen. In der indirekten Beleuchtung waren einige andere ägyptische Artefakte zu erkennen, die meiner Ansicht nach in ein Museum gehört hätten: ein großes Fresko, das an einer Wand hing und aussah, als könnte es von der Decke im Grab Ramses VI. in Theben gestohlen worden sein, eine Büste von Kleopatra hätte die Doppelgängerin von der sein können, die ich im British Museum gesehen hatte, und ein Flachrelief, das – wie mir später jemand erklärte – Hapi darstellte, den männlichen Nilgott, der die Brüste einer Frau hatte, weil sie die Fruchtbarkeit verkörpern sollten.
Außerdem gab es ein paar bequem aussehende Sessel und einen riesigen geschnitzten Schreibtisch, hinter dem Dr. Asfourh stand, der auch dann noch übergewichtig gewesen wäre, wenn er siebzig Kilo abgenommen hätte. Er war so fett wie der verstorbene König Faruq I. und sah ihm sogar etwas ähnlich, was ihm absolut nichts auszumachen schien.
»Sie müssen Mr. Padillo sein«, sagte Dr. Asfourh mit seiner rollenden Bassstimme, die für mich ein wenig wie Frühlingsdonner klang. »Ich sehe das Spanische in Ihren Augen.«
»Der Rest ist estnisch«, sagte Padillo, der Dr. Asfourh die Hand gab. »Mein Partner Mr. McCorkle.«
»Schotte?« fragte er, als er mir die Hand gab, die erstaunlich klein, aber genauso pummelig war, wie ich erwartet hatte.
»Ein bißchen«, sagte ich. »Ich habe auch irisches und englisches Blut in den Adern – aber das alles liegt schon so weit zurück, daß sich niemand wirklich sicher ist.«
Er breitete fast beschwörend die Hände aus. »Nehmen Sie Platz, Gentlemen.«
Dr. Asfourh brauchte ein Weilchen, um Platz zu nehmen, weil er es behutsam tat, als sei er sich nicht ganz sicher, daß der übergroße Chefsessel so stabil war, wie er aussah. Er stützte Hände und Unterarme auf die Armlehnen und ließ sich langsam und vorsichtig, aber mir einer seltsamen Würde hinab.
Ich schätzte ihn auf etwa vierzig bis fünfundvierzig Jahre. Es ist oft nicht so einfach, das Alter extrem dicker Menschen zu schätzen. Sein Kopf hatte die Form einer glockenförmigen Birne angenommen, weil seine Wangen von seinen Unterkiefern herabhingen, seinen kurzen Hals fast verdeckten und ihm das Lächeln nicht einfach zu machen schienen, weil es seinem Mund nicht gefiel, mit all dem Gewicht zu hantieren. Aber er lächelte trotzdem –
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