McCorkle und Padillo 03 - Die Backup-Maenner
dauerte fast eine Stunde, den Nagel aus dem Schreibtisch zu ziehen. Padillo entdeckte ihn in einer der unteren Schubladen. Jemand hatte ihn dort hineingeschlagen, weil er es leid war, daß die Schublade sich auflöste. Leim wäre besser gewesen – professioneller – oder auch eine kleine Schraube, aber derjenige, dem der Schreibtisch gehört hatte, hatte sich nicht die Mühe machen wollen und deshalb die Schublade mit dem ersten Ding vernagelt, das er finden konnte – einem acht Zentimeter langen Drahtstift.
Als wir ihn endlich draußen hatten, riß Padillo ein Zündholz an und hielt es an den Nagel. »Glaubst du, dieses Ding ist wirklich für irgendwas gut?« fragte er mich.
»Ich weiß nicht, aber alle andern scheinen es zu wissen.«
»Hier«, sagte er, und reichte ihn mir. Er bückte sich und rollte sein linkes Hosenbein hoch. Ich gab ihm den Nagel zurück, und dann sahen Wanda Gothar und ich zu, wie er sich den Nagel in die linke Wade bohrte.
Er bohrte ihn fast anderthalb Zentimeter hinein, wobei er sich fest auf die Unterlippe biß und den Rest des Gesichts vor Schmerz verzerrte, der sich mit Entschlossenheit paarte. Ich hätte es nicht fertiggebracht. Er zog den Nagel wieder heraus und sah zu, wie die Wunde blutete. Für ein kleines Loch blutete sie ziemlich stark.
»Okay, Wanda«, sagte er.
Wanda Gothar legte sich auf den Schreibtisch. Ich trat auf die andere Seite. Padillo hob das linke Bein über Wanda, so daß seine Wade knapp unterhalb ihrer Kehle war. Ich hielt seinen Fuß. Das Blut tropfte auf Wandas Kleid. Wir bewegten es hin und her, so daß Blut über ihre ganze Vorderseite tropfte. Sie sah eine Weile zu und schloß dann die Augen. Als das Blut an der Einstichstelle zu gerinnen schien, stocherte Padillo mit dem Nagel darin herum, bis sie wieder zu bluten begann. Nach etwa zehn Minuten entschied er, daß genug Blut geflossen war.
Er nahm sein Bein wieder herunter, holte ein Taschentuch heraus und band es fest über die Wunde. Wanda Gothar setzte sich auf und starrte auf ihr blutverschmiertes Kleid. Sie schüttelte den Kopf, schaute hoch und sagte: »Hat einer von euch eine Zigarette?«
Ich gab ihr eine und reichte ihr Feuer. Dann bot ich Padillo eine an, nahm selber eine, und wir saßen schweigend da und rauchten, bis Wanda sagte: »Wie spät ist es?«
Ich blickte auf die Uhr. »Sechs Uhr fünfunddreißig.«
»Wie fühlst du dich?« fragte Padillo sie.
»Besser. Viel besser.«
Wir hatten alles so oft durchgesprochen, daß es keinen Grund mehr gab, darüber zu reden. Wir saßen schweigend da, ohne einander anzusehen, ohne irgend etwas anzusehen, bis wir hörten, wie die Metallstange zurückgeschoben wurde. Wanda lag auf dem Schreibtisch. Ein Arm hing über den Rand. Ihr Kopf war schlaff nach hinten gedreht. Sie hatte sich etwas auf die Seite gelegt, so daß das blutverschmierte Kleid von der Tür aus zu sehen war. Sie sah aus, als hätte jemand sie tot auf den Schreibtisch gelegt, und genauso wollten wir sie auch aussehen lassen.
Die Tür wurde geöffnet, und Kragstein stand dort mit gezogenem Revolver. Gitner war an seiner Seite. Kragstein schaute Wanda an, dann uns, dann wieder Wanda.
»Was ist los mit ihr?« fragte er.
»Sie haben sie zu hart getroffen«, sagte ich. »Sie hat vor zwei Stunden angefangen zu bluten. Wir konnten es nicht stoppen. Sie ist tot.«
Es schien Kragstein nichts auszumachen. »Ihr müßt sie raustragen«, sagte er.
Padillo und ich standen auf und traten auf die entgegengesetzten Seiten des Schreibtischs. Wir legten jeder einen Arm unter Wandas Knie und den anderen um ihren Rücken. Wir hoben sie auf. Sie machte sich schwer und ließ den Kopf kraftlos baumeln. Sie war eine gute Schauspielerin. Wir trugen sie durch die Tür.
Kragstein war zu unserer Linken und richtete den Revolver auf Padillo. Gitner war auf unserer rechten Seite. Padillo murmelte: »Jetzt«, und wir schleuderten Wanda gegen Gitner. Sie landete tretend und kratzend auf ihm. Ich hechtete gegen seine Beine und rammte sie mit der Schulter, woraufhin er auf den Rücken fiel. Wanda war immer noch auf ihm, als ich nach einer Rolle wieder auf die Beine kam. Gitner versuchte, Wandas Kopf mit dem Revolver zu treffen. Ich trat ihm gegen die Hand, so daß die Waffe durch die Luft segelte. Ich packte Wandas Arm und riß sie von Gitner weg. »Los«, schrie ich und schob sie auf die Treppe zu. Sie stolperte, fing sich wieder und schoß wie ein Pfeil auf sie zu. Ich versuchte Gitner noch mal zu treten,
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