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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Irgendwie kam das Gerücht auf, der Anfangsbuchstabe seines Namens sei ein K. Dementsprechend wurden Mitarbeiter, deren Name mit K begann, rigorosen Nachforschungen ausgesetzt. Einer quittierte angewidert den Dienst; andere wurden entlassen, weil sie ihre Unschuld nicht beweisen konnten - ein möglicherweise kluges Vorgehen, das sich jedoch verheerend auf die Moral auswirkte. Volle zehn Jahre noch, von 1964 bis 1974, ging die Jagd weiter. Dann endlich hatte Direktor William Colby genug davon. Mit sanfter Gewalt überredete er Angleton, in Pension zu gehen.
    Das Office of Security kam unter andere Leitung. Es hatte zwar nach wie vor die Aufgabe, die CIA vor sowjetischer Unterwanderung zu schützen, arbeitete aber von nun an mit leiseren, weniger aggressiven Mitteln.
    Ironischerweise hatten die Briten, nachdem sie sich ihrer ideologischen Verräter der älteren Generation entledigt hatten, nicht mehr unter Spionage-Skandalen innerhalb ihrer Geheimdienste zu leiden.
    Dann schien das Pendel sogar nach der anderen Seite auszuschlagen. Amerika, das seit Ende der 40er Jahre so erstaunlich wenig Ärger mit Verrätern gehabt hatte, bekam es nun plötzlich gleich mit mehreren zu tun, bei denen es sich nicht um Ideologen, sondern um Kreaturen handelte, die bereit waren, ihr Land für Geld zu verraten. Boyce, Lee, Harper, Walker und schließlich Howard, der Mitarbeiter des CIA gewesen war und amerikanische Agenten verraten hatte, die als Einheimische in Rußland tätig waren. Howard, der von Urtschenko vor dessen bizarrem Umkippen verraten worden war, hatte sich seiner Verhaftung entziehen und nach Moskau entwischen können. Die beiden erst rund ein Jahr zurückliegenden Affären, Howards Verrat und Urtschenkos Rückkehr, waren für die CIA äußerst peinlich gewesen.
    Doch all dies war nichts im Vergleich zu den möglichen Konsequenzen von Orlows Behauptung. Wenn sie stimmte, konnte allein die dadurch ausgelöste Hexenjagd die Company in eine schwere Krise stürzen. Wenn sie stimmte, würde die Schadensermittlung Jahre dauern und die Umstellung von Tausenden von Agenten, Codes und Agentennetzen ein Jahrzehnt dauern und Millionen verschlingen. Der Ruf der CIA wäre auf Jahre hinaus schwer angeschlagen.
    Die Frage, mit der sich Roth herumschlug, während er sich in dieser Nacht auf dem Bett wälzte, war: An wen, zum Henker, kann ich mich wenden? Kurz vor Tagesanbruch rang er sich zu einem Entschluß durch, stand auf, zog sich an und packte eine Reisetasche. Bevor er ging, schaute er noch bei Orlow herein, der fest schlief, und sagte zu Kroll:
    »Passen Sie auf ihn auf. Keiner darf zu ihm hinein. Keiner darf raus. Dieser Mann ist jetzt unermeßlich wertvoll geworden.«
    Kroll verstand zwar nicht, was er meinte, nickte aber. Er war es gewöhnt, Befehle auszuführen, ohne Fragen zu stellen.
    Roth fuhr nach London, mied die Botschaft, ging in seine Wohnung und steckte sich einen Paß auf einen falschen Namen ein. Er buchte einen der letzten Plätze für den Flug einer privaten britischen Fluggesellschaft nach Boston und erreichte auf dem Logan Airport einen Anschlußflug nach Washington National. Trotz der Zeitersparnis von fünf Stunden wurde es schon dunkel, als er mit seinem Mietwagen Georgetown erreichte, das Auto parkte und zu Fuß die K Street stadtauswärts bis ans Ende ging, in unmittelbare Nähe des Geländes der Georgetown University.
    Das Haus, zu dem er wollte, war ein schönes Backsteingebäude, das sich von den Nachbarhäusern nur durch umfangreiche Sicherheitsvorrichtungen unterschied, die die Straße und alle Zugangswege zum Haus kontrollierten. Er wurde angehalten, als er über die Straße zum Haupteingang ging, und zückte seinen CIA-Ausweis. An der Tür bat er um eine Unterredung mit dem Mann, dem sein Besuch galt, erfuhr, er sei beim Abendessen, und bat darum, angemeldet zu werden. Minuten später wurde er eingelassen und in eine holzgetäfelte Bibliothek geführt, in der es nach in Leder gebundenen Büchern und ganz leicht nach Zigarrenrauch roch. Er setzte sich und wartete. Dann ging die Tür auf, und der Direktor der CIA trat ein.
    Obwohl er normalerweise keine jungen und untergeordneten CIA-Mitarbeiter in seinem Privathaus empfing, es sei denn, er hatte sie bestellt, setzte er sich in einen Ledersessel, bot Roth den Sessel gegenüber an und fragte ruhig nach dem Zweck seines Besuchs. Roth sagte es ihm, mit Bedacht seine Worte wählend.
    Der DCI war über siebzig, ein ungewöhnlich hohes Alter für diese

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