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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Position, aber er war auch ein ungewöhnlicher Mann. Er hatte im Zweiten Weltkrieg beim OSS gedient und Agenten ins von den Nazis besetzte Frankreich und in die Niederlande eingeschleust. Nach der Auflösung des OSS nach Kriegsende hatte er sich ins Privatleben zurückgezogen, die kleine Fabrik seines Vaters übernommen und sie zu einem riesigen Konzern ausgebaut. Als die CIA als Nachfolgeorganisation des OSS gegründet worden war, hatte ihm deren erster Direktor, Allen Dulles, eine Position in dem Geheimdienst angeboten, aber er hatte abgewinkt.
    Jahre später war ihm, einem wohlhabenden Mann und einflußreichen Förderer der Republikanischen Partei, ein aufsteigender Ex-Filmschauspieler aufgefallen, der für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien kandidierte, und er hatte sich mit ihm angefreundet. Als Ronald Reagan ins Weiße Haus einzog, hatte er seinen Freund und Vertrauten gebeten, die Leitung der CIA zu übernehmen. Der DCI war katholisch, seit langem verwitwet, in moralischen Dingen strenger Puritaner und auf den Gängen der CIA-Zentrale in Langley als >zäher alter Hund< bekannt. Er belohnte Talent und Intelligenz, stellte jedoch Loyalität über alles. Er hatte erleben müssen, wie gute Freunde von ihm in die Folterkammern der Gestapo kamen, weil sie verraten worden waren, und Verrat war das eine Vergehen, das er unter keinen Umständen duldete. Für Verräter hatte er nur abgrundtiefe Verachtung übrig. Solche Kreaturen verdienten nach seiner Überzeugung keine Gnade.
    Er hörte sich Roths Bericht aufmerksam an und blickte dabei in den Kamin, dessen Gasfeuer an diesem warmen Abend nicht brannte. Er ließ sich nicht anmerken, was er fühlte, abgesehen von einer leichten Verhärtung der Kiefernmuskeln unter seiner erschlafften Haut.
    »Sie sind geradewegs hierher gekommen?« fragte er, als Roth geendet hatte. »Haben mit niemand anderem gesprochen?«
    Roth schilderte, wie er gekommen war, wie ein Dieb in der Nacht in sein eigenes Land, auf Umwegen und mit falschem Paß. Der alte Mann nickte; er hatte sich einmal auf ähnliche Weise in Hitlers Europa geschlichen. Er erhob sich und ging zu einem antiken Tischchen, um sich aus einer Karaffe ein Glas Brandy einzugießen. Unterwegs klopfte er Roth aufmunternd auf die Schulter.
    »Gut gemacht, mein Junge«, sagte er. Er bot Roth ebenfalls einen Brandy ab, doch der lehnte ab. »Siebzehn Jahre, sagen Sie?«
    »Laut Orlow. Alle meine Vorgesetzten, bis hinauf zu Frank Wright, sind schon so lange bei der CIA. Ich wußte einfach nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Der DCI ließ sich wieder in seinem Sessel nieder und hing seinen Gedanken nach. Roth störte ihn nicht. Schließlich sagte der alte Mann:
    »Das muß das Office of Security machen. Aber nicht der Chef. Er ist zweifellos absolut loyal, aber er ist schon fünfundzwanzig Jahre dabei. Ich werde ihn in Urlaub schicken. Aber er hat einen hochintelligenten jungen Mann als Stellvertreter. Ehemaliger Anwalt. Ich glaube nicht, daß der schon länger als fünfzehn Jahre bei uns ist.«
    Der DCI ließ einen Assistenten kommen und trug ihm mehrere Anrufe auf. Es bestätigte sich, daß der stellvertretende Leiter des OS einundvierzig war und vor fünfzehn Jahren nach Abschluß seines Jura-Studiums bei der CIA angefangen hatte. Er wurde aus seinem Haus in Alexandria herbeizitiert. Sein Name war Max Kellogg.
    »Der kann von Glück sagen, daß er nie unter Angleton gearbeitet hat«, meinte der DCI. »Sein Name beginnt mit K.«
    Max Kellogg traf kurz nach Mitternacht ein, sichtlich aufgeregt und besorgt. Er hatte gerade zu Bett gehen wollen, als der Anruf kam, und war erschrocken, als er hörte, daß der DCI persönlich dran war.
    »Sagen Sie’s ihm«, sagte der DCI. Roth wiederholte seinen Bericht. Der jüdische Jurist hörte sich alles an, ohne mit der Wimper zu zucken, ließ sich nichts entgehen, stellte zwei ergänzende Fragen, machte sich keine Notizen. Schließlich fragte er den DCI:
    »Warum ich, Sir? Harry ist doch auch da.«
    »Sie sind erst fünfzehn Jahre bei uns«, sagte der DCI.
    »Ach so.«
    »Ich habe entschieden, daß Orlow - Minstrel, oder wie immer wir ihn nennen - vorerst in Alconbury bleibt«, sagte der DCI. »Er ist dort wahrscheinlich genauso sicher wie hier, eher noch sicherer. Halten Sie die Briten hin, Joe. Sagen Sie ihnen, Minstrel habe gerade neue Informationen geliefert, die nur für uns interessant sind, und sagen Sie ihnen, daß sie ihn weiter ausquetschen

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