Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
mutmaßlich Vietcong oder Sympathisanten versteckten. Warum die Soldaten jede Beherrschung verloren und wie die Berserker wüteten, ließ sich hinterher nicht mehr feststellen. Sie fingen zu schießen an, als sie keine Antwort auf ihre Fragen bekamen, und als das Gemetzel einmal begonnen hatte, hörten sie nicht mehr auf, bis mindesten 450 unbewaffnete Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder, einen sinnlosen, grausamen Tod gestorben waren. Es dauerte 18 Monate, bis die amerikanische Öffentlichkeit von dem Massaker erfuhr, und fast auf den Tag genau drei Jahre, bis Leutnant William Calley von einem Kriegsgericht verurteilt wurde. Aber Calvin Bailey hatte den Ort schon vier Stunden später erreicht und alles gesehen.
    »Dies hier ist sein Bericht von damals«, sagte Kellogg und reichte Roth mehrere Blätter, »von ihm selbst mit der Hand geschrieben. Wie Sie sehen, ist es die Schrift eines zutiefst verstörten Mannes. Dieses Erlebnis scheint Bailey zu einem Sympathisanten der Kommunisten gemacht zu haben.
    Sechs Monate später berichtete Bailey, er habe zwei vietnamesische Vettern angeheuert, Nguyen van Troc und Vo Nguyen Can, und sie in den Geheimdienst der Vietcong eingeschleust. Das war ein größerer Coup. Der erste von vielen. Bailey behauptet, er habe diese Männer zwei Jahre lang geführt. Orlow zufolge war es umgekehrt. Sie haben ihn geführt. Sehen Sie sich das an.«
    Er gab Roth zwei Fotos. Das eine zeigte zwei junge Vietnamesen vor dem Hintergrund des Dschungels. Einer hatte ein Kreuz auf dem Gesicht, zum Zeichen, daß er inzwischen gestorben war. Das andere Foto, das viel später auf einer Veranda mit Rattanstühlen gemacht worden war, zeigte eine Gruppe vietnamesischer Offiziere beim Tee. Der Diener schaute
    lächelnd in die Kamera.
    »Der Steward endete als einer von den Boat-People, als Flüchtling also, in einem Lager in Hongkong. Das Foto hat er gehütet wie seinen Augapfel, aber die Briten interessierten sich für die Offiziere und nahmen es ihm weg. Sehen Sie sich mal den Mann links von dem Steward an.«
    Roth tat, wie ihm geheißen. Es war Nguyen van Troc, zehn Jahre älter, aber unverkennbar. Er trug die Schulterstücke eines ranghohen Offiziers.
    »Er ist heute stellvertretender Leiter der vietnamesischen Spionageabwehr«, sagte Kellogg.
    »Ich verstehe.«
    »Als nächstes haben wir Minstrels Versicherung, Bailey sei bereits damals in Saigon an den KGB weitergereicht worden. Minstrel erwähnte einen inzwischen verstorbenen schwedischen Geschäftsmann als KGB-Resident in Saigon im Jahre 1970. Wir wissen seit 1980, daß dieser Geschäftsmann nicht der war, für den er sich ausgab, und die schwedische Spionageabwehr hat ihn schon längst enttarnt. Er stammte gar nicht aus Schweden, also wahrscheinlich aus Moskau. Bailey konnte sich damals mit ihm treffen, wann und so oft er wollte.
    Nächste Station: Tokio. Minstrel sagte, Drosdow sei im selben Jahr, 1970, hingefahren und habe Bailey übernommen und ihm dabei den Decknamen Sperber verpaßt. Wir können nicht beweisen, daß Drosdow dort war, aber Minstrel hat genaue Zeitangaben gemacht, und Bailey war an den genannten Daten jeweils in Tokio. Hier ist sein Flugschein von der Air America. Es paßt alles zusammen. Er kehrte 1971 als überzeugter KGB-Agent nach Amerika zurück.«
    Anschließend hatte Calvin Bailey zwei Posten in Zentral- und Südamerika und dann drei in Europa gehabt, und auf diesem Kontinent hatte er sich auch noch später häufig aufgehalten, als er in der CIA-Hierarchie gestiegen war und Außenstellen inspizieren mußte.
    »Nehmen Sie sich was zu trinken, Joe«, grollte der DCI, »es kommt noch schlimmer.«
    »Minstrel hat vier Banken genannt, bei denen Moskau Bareinzahlungen für den Verräter vorgenommen hat. Er wußte sogar noch die Einzahlungsdaten. Das hier sind die vier Konten. Je eins bei einer der Banken, die Minstrel genannt hat, in Frankfurt, Helsinki, Stockholm und Wien. Und das sind die Einzahlungsbelege - durchweg hohe Beträge und in bar. Und alle Einzahlungen erfolgten innerhalb eines Monats nach Kontoeröffnung. Vier Kassierern wurde ein Foto gezeigt; drei haben den Mann erkannt, der die Konten eröffnete. Es war dieses Foto.«
    Kellogg schob Roth ein Foto von Calvin Bailey hin. Roth starrte auf das Gesicht wie auf das eines Fremden. Er konnte es nicht fassen. Mit diesem Mann hatte er gegessen und getrunken, und er hatte seine Familie kennengelernt. Das Gesicht auf dem Foto starrte ausdruckslos zurück.
    »Minstrel hat

Weitere Kostenlose Bücher