McCreadys Doppelspiel
Brief des amerikanischen Finanzministers bei sich, in dem dieser die verschiedenen Banken um Mithilfe bat. Entsetzt über den Gedanken, man verdächtige sie, Drogengelder zu waschen, hielten Großbanken in den genannten Städten eilig eine Vorstandssitzung ab und gewährten dann den amerikanischen Fahndern Einsicht in ihre Bücher.
Den Kassierern wurde das Foto eines Mannes vorgelegt.
Daten und Kontonummern wurden genannt; ein Kassierer konnte sich nicht erinnern, die anderen drei nickten. Die Agenten bekamen Fotokopien von Konten sowie Überweisungs- und Einzahlungsbelegen. Sie nahmen Proben einer Reihe verschiedener Unterschriften für die graphologische Analyse in Langley mit. Als sie alles beisammen hatten, was sie brauchten, kehrten sie nach Washington zurück und legten ihre Trophäen Max Kellogg auf den Schreibtisch.
Von ursprünglich über zwanzig CIA-Mitarbeitern, die in der fraglichen Zeit - und Kellogg hatte den zeitlichen Rahmen so erweitert, daß er auch noch zwei Jahre vor und nach den von Orlow genannten Daten einschloß - in Vietnam gedient hatten, konnte das erste Dutzend gleich im ersten Durchgang ausgesondert werden. Dann wurden nacheinander die restlichen Namen auf der Liste gestrichen.
Die Leute waren entweder nicht zur richtigen Zeit in der richtigen Stadt gewesen, hätten eine bestimmte Information nicht weitergeben können, weil sie sie nie besessen hatten, oder kamen für einen bestimmten Treff nicht in Frage, weil sie zu der Zeit am anderen Ende der Welt gewesen waren. Bis auf einen.
Noch bevor die von ihm ausgesandten Agenten aus Europa zurück waren, wußte Kellogg, daß er seinen Mann gefunden hatte. Die Aufzeichnungen der Banken dienten nur noch der Bestätigung. Als er fertig war, als er alles beisammen hatte, fuhr er wieder ins Privathaus des Direktors der CIA in Georgetown.
Drei Tage vorher flog Calvin Bailey mit Gattin und Tochter Clara von Washington nach London. Bailey liebte London, er war überhaupt ausgesprochen anglophil. Am meisten faszinierte ihn die englische Geschichte.
Er liebte es, die alten Schlösser und stattlichen Herrenhäuser zu besichtigen, die in längst vergangenen Zeiten errichtet worden waren, und in den kühlen Kreuzgängen und Arkaden alter Klöster und Stätten der Gelehrsamkeit zu wandeln. Er quartierte sich in einer Wohnung in Mayfair ein, die von der CIA als Gästewohnung für VIPs genutzt wurde, mietete sich ein Auto und fuhr nach Oxford; er mied die Autobahn, zuckelte statt dessen auf Umwegen über kleine Landstraßen und speiste zu Mittag in der ehrwürdigen Gaststätte The Bull in Bisham, deren Eichenbalken schon gesetzt wurden, bevor Königin Elisabeth I. das Licht der Welt erblickte.
Am Abend seines zweiten Tages in England kam Joe Roth auf einen Drink vorbei. Er lernte bei dieser Gelegenheit die bemerkenswert schlichte Mrs. Bailey und auch Tochter Clara kennen, ein einfältiges Mädchen von acht Jahren mit rötlichbraunen Hängezöpfen, einer Brille und vorstehenden Zähnen. Sein Vorgesetzter war keiner der Männer, die man mit Gutenachtgeschichten und Grillfesten im Garten in Verbindung bringt. Aber Calvin schien ihm nicht ganz so frostig wie sonst, obwohl er nicht zu sagen gewußt hätte, ob das an der Aussicht auf Beförderung lag oder an der Freude über einen ausgiebigen Urlaub, in dem Bailey seinem Hang zu Opernaufführungen, Konzerten und Kunstmuseen frönen konnte.
Mit neununddreißig war Roth noch jung genug, um den Wunsch zu haben, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen. Er hätte Bailey gerne erzählt, was für einen Wirbel Orlow mit seiner brisanten Behauptung ausgelöst hatte, aber die Befehle des DCI waren eindeutig. Niemand, nicht einmal Calvin Bailey, der Leiter der Abteilung Sonderprojekte, ein loyaler, bewährter Mann der Company mit langer Zugehörigkeit und glänzenden Meriten, durfte etwas erfahren - jedenfalls vorerst. Wenn Orlows Anschuldigung sich als falsch herausstellte oder aber durch stichhaltige Beweise bestätigt wurde, dann würde der DCI persönlich die leitenden Herren der CIA informieren. Bis dahin herrschte absolutes Schweigegebot. Fragen mußten unbeantwortet bleiben, und ungefragt durfte man erst recht nichts verlauten lassen. Also log Joe Roth.
Er sagte Bailey, Orlows Befragung gehe gut voran, allerdings jetzt etwas langsamer. Begreiflicherweise, denn alles, woran Orlow sich noch gut erinnerte, habe er inzwischen gesagt. Jetzt müsse man ihm noch die letzten kleinen Einzelheiten aus der Nase
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